Europäische MInderheiten

Nach Zwist: Treffen zwischen Minderheitenrat und FUEN-Präsidium

Nach Zwist: Treffen zwischen Minderheitenrat und FUEN-Präsidium

Treffen zwischen Minderheitenrat und FUEN-Präsidium

Berlin
Zuletzt aktualisiert um:
Der Präsident der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten: Loránt Vincze Foto: FUEN/László Mihály

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Zu einer erregten Debatte ist es im Herbst vergangenen Jahres auf dem Kongress der europäischen Minderheiten gekommen. Der Streit entzündete sich am Umgang mit Ungarn. Nun haben sich das FUEN-Präsidium und der deutsche Minderheitenrat, der eine andere Meinung vertrat, getroffen – und sich auf etwas geeinigt.

Wie die europäische Minderheitenorganisation FUEN (Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten) mitteilt, fand kürzlich ein Treffen zwischen dem Minderheitenrat und dem Präsidium der FUEN statt, nachdem es auf dem FUEN-Kongress im Herbst 2022 zu einer erregten Debatte gekommen war. Der Minderheitenrat, dem die autochthonen Minderheiten in Deutschland angehören, vertrat eine andere Meinung als der FUEN-Präsident Loránt Vincze. Auf dem kürzlichen Treffen gab es eine Einigung, die Demokratiedebatte ist nicht vom Tisch.

Rückblick: Im Herbst ging es um die Frage, ob der Dachverband der europäischen Minderheiten Ungarn dafür kritisieren solle, keine Demokratie mehr zu sein, wie es das Europaparlament getan hatte. Am Ende gab es die Auseinandersetzung mit dem Thema –  jedoch keine Abstimmung und auch keine Resolution, da sich der FUEN-Präsident Loránt Vincze, Mitglied der ungarischen Minderheit in Rumänien, dagegen verwehrte. Ungarn leistet seiner Aussage nach eine vorbildliche Minderheitenpolitik. Die FUEN sollte sich seiner Einschätzung nach auf Minderheitenpolitik konzentrieren.

Minderheitenrat mit anderer Meinung

Der Minderheitenrat sah sich veranlasst, zu dem Standpunkt des FUEN-Präsidenten selbst Stellung zu beziehen. „Wir sehen die Entwicklung Ungarns als eine Gefahr für Europa und eine Gefahr für die Minderheiten – daran halten wir ausdrücklich fest“, hieß es im Herbst vergangenen Jahres in einer Stellungnahme nach dem Kongress.

Das FUEN-Präsidium kam dann zu dem Schluss, dass das Anliegen der FUEN in erster Linie der Minderheitenschutz sei. Gleichwohl verurteile es alle Verletzungen von Freiheit, Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit, so das Präsidium.

Daraufhin hatte das FUEN-Präsidium nach eigener Darstellung den Minderheitenrat zu einem Treffen eingeladen, was nun stattgefunden hat.

Überarbeitung der FUEN-Grunddokumente

Die beiden Seiten haben sich auf eine gemeinsame Weiterentwicklung der Grunddokumente der Minderheitenorganisation geeinigt. Die Werte der Demokratie sollen weiter ausgeführt und gestärkt werden, heißt es.

Gösta Toft, Vizepräsident der FUEN, nannte gegenüber dem „Nordschleswiger“  die Charta der FUEN als Beispiel. „Wir haben Krieg in Europa, unsere Demokratien werden herausgefordert. Wir müssen präzisieren, welche Grundhaltung wir vertreten und was die Geschehnisse für die Minderheiten bedeuten.“ Es gehe um die Fragen, welchen Wert die Demokratie habe.

Gösta Toft Foto: FUEN/László Mihály

Das Präsidium wird nach den Worten Tofts die Grunddokumente nicht im Alleingang ändern. Es soll über die Fragen ausführlich debattiert werden. Das soll auf dem kommenden FUEN-Kongress geschehen, der Anfang September im ungarischen Pécs abgehalten wird. Toft weiß auch, dass es unterschiedliche Auffassungen in den Minderheiten gibt. Er empfand das Gespräch zwischen Minderheitenrat und FUEN-Präsidium als sachlich und zielgerichtet.

Zu diesem Treffen äußerte sich Dawid Statnik, Lausitzer Sorbe und derzeitig amtierender Vorsitzender des Minderheitenrates, wie folgt: „Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind die Grundlage für eine effektive und wirksame Minderheitenpolitik in Europa. Unabhängig von der Förderung durch einzelne Staaten ist es uns stets wichtig, Defizite hinsichtlich rechtsstaatlicher Strukturen in europäischen Staaten offen zu benennen, da diese mit dem Schutz von Minderheitenrechten eng zusammenhängen. Hierüber bestand im Gespräch Konsens.“

Der im Herbst für seinen Kurs kritisierte FUEN-Präsident Loránt Vincze zeigte sich laut Mitteilung ebenfalls zufrieden mit dem Treffen und richtete seinen Blick in die Zukunft: „Gerade im Zusammenhang mit der kürzlich eingelegten Berufung gegen das negative MSPI-Urteil vom November 2022 ist es wichtig, dass die FUEN geschlossen und selbstbewusst agiert“, so Vincze.

MSPI ist eine Initiative, die die Rechte der Minderheiten in Europa stärken soll.

Mehr lesen
Gabriel N. Toggenburg

Minderheiten in Europa

„Das Minority Safepack ist kein Stück Butter mit kurzem Verfallsdatum“

Triest/Trieste/Trst Während Frankreichs korsische Bevölkerung Autonomie erhält, kämpfen LGTBIQ-Gemeinschaften in Ungarn gegen diskriminierende Gesetze. Der EU-Jurist Gabriel Toggenburg erklärt im Gespräch mit Bojan Brezigar von der slowenischen Tageszeitung „Primorski Dnevnik“ aus Triest (Italien), wie Initiativen wie „Minority Safepack“ und EU-Rechtsprechungen für ein gerechteres Europa sorgen könnten.

VOICES - MINDERHEITEN WELTWEIT

Jan Diedrichsen
Jan Diedrichsen
„30 Jahre nach dem Genozid: Ruanda als europäisches ,Asylzentrum'?“