Kommissionsbericht

Leitartikel der Zeitungen: Støjberg gehört vor das Gericht

Leitartikel der Zeitungen: Støjberg gehört vor das Gericht

Leitartikel der Zeitungen: Støjberg gehört vor das Gericht

Walter Turnowsky/Ritzau
Kopenhagen
Zuletzt aktualisiert um:
Inger Støjberg ist mit einer Beurteilung durch Juristen einverstanden. Foto: Christina Simonia Straarup/Ritzau Scanpix

Die Tageszeitungen des Landes fordern deutliche Konsequenzen für Inger Støjberg. Die Parteien wollen Juristen beurteilen lassen, ob die Vorwürfe gegen sie für einen Reichsgerichtsprozess ausreichen.

Der am Montag erschienene Kommissionsbericht äußert scharfe Kritik an der ehemaligen Ausländer- und Integrationsministerin Inger Støjberg (Venstre). Die Kommission stellt fest, die Anordnung, Asylpaare, bei denen ein Partner minderjährig war zu trennen, war „eindeutig illegal“.

Die linksliberale Zeitung „Politiken“ und die konservative „Berlingske“ sind sich in ihrer Einschätzung einig: Inger Støjberg gehört vor den Richter.

„Bei so ernsten Schlussfolgerungen sollte Inger Støjberg vor ein Reichsgericht (rigsret) gestellt werden, damit der Fall untersucht und ein Urteil über die Verantwortung des Gesetzesübertrittes gefällt werden kann“, fordert „Berlingskes“ Chefredakteurin Mette Østergaard.

Reichsgericht

  • Ein Reichsgericht ist ein Sondergericht, das eingerichtet wird, wenn das Folketing oder die Regierung ein Verfahren gegen einen Minister einleiten möchte.
  • Ein solches Verfahren kann eingeleitet werden, wenn ein Minister dem Folketing falsche Informationen gegeben oder während der Ausübung seines Amtes das Gesetz übertreten hat.
  • Ein besonderes Gesetz, Ministeransvarsloven, beschreibt die Verantwortlichkeiten eines Ministers.
  • Das Reichsgericht besteht aus bis zu 15 Richtern des obersten Gerichtshofs sowie von den Parteien ernannten Mitgliedern. 

Quelle: Folketing

Die ebenfalls bürgerliche „Jyllands-Posten“ meint, Inger Støjberg „soll Verantwortung übernehmen und einsehen, dass sie nicht mehr eine Position bestreiten kann, die das Vertrauen der Wähler erfordert“.

Beurteilung durch Juristen

Das Folketing entscheidet, ob die Vorwürfe gegen Støjberg ernst genug sind, um das Instrument eines Reichsgerichts einzusetzen. Ein solches Verfahren ist für den Fall vorgesehen, bei dem jemand beschuldigt wird, in seiner Funktion als Minister das Gesetz übertreten zu haben.

Michael Dyrby, Chefredakteur von „B.T.“ fordert, die Anschuldigungen sollten gründlich untersucht werden.

„Es ist erforderlich, dass juridische Experten untersuchen, ob die Grundlage für ein Reichsgerichtsverfahren gegeben ist“, meint er.

Fünf Fälle 

Nur fünfmal ist das Reichsgericht einberufen worden, seit die Institution 1949 eingerichtet wurde.

  • Das jüngste Verfahren war der Tamil-Fall. 1995 wurde der damalige Justizminister Erik Ninn-Hansen (Kons.) zu vier Monaten bedingter Haft verurteilt. Er hatte tamilischen Flüchtlingen widerrechtlich den Familiennachzug verweigert.
  • Der Fall davor geht auf das Jahr 1910 zurück. Hier wurde der damalige Innenminister Sigurd Berg im sogenannten Alberti-Fall zu einer Geldbuße verurteilt.
  • Bei den ersten drei Fällen vor der Jahrhundertwende sind die Angeklagten freigesprochen worden.

Quelle: Folketing

Und auf die Lösung scheint sich eine Mehrheit der Parteien nun zu einigen. Die Sozialdemokraten und die Unterstützerparteien wollen nicht unmittelbar ein Verfahren einleiten, sondern zunächst Juristen befragen, ob die Anschuldigungen schwerwiegend genug sind. Es ist nämlich ausdrücklich nicht die Aufgabe einer Untersuchungskommission, eine Empfehlung in der Frage eines Reichsgerichtsprozesses auszusprechen.

Venstre und die Konservativen haben sich dieser Vorgehensweise ebenfalls angeschlossen.

„Wir meinen, dass es angesichts der vorliegenden Kritik das Richtige ist, externe unabhängige und unparteiische Anwälte zu bitten, dem Folketing zu raten, was der nächste Schritt sein sollte“, sagt der sozialdemokratische Justizsprecher Jeppe Bruus in einer eher vorsichtigen Stellungnahme.

Auch die Hauptperson selbst schließt sich dieser Lösung an.

„Ich glaube, dass das vernünftig ist. Das hat man ja bereits früher getan“, sagt Støjberg, die jedoch nicht meint, die Anschuldigungen würden ein Verfahren rechtfertigen.

Pind droht mit Parteiaustritt

Die Alternativen sind der Ansicht, man solle bereits jetzt ein Verfahren einleiten. Als erste bürgerliche Partei vertritt auch die Liberale Allianz diese Meinung.

Dieselbe Ansicht vertritt zumindest ein prominentes Mitglied von Venstre, nämlich der ehemalige Justizminister Søren Pind. 

„Ich habe keine so harte juridische Kritik seit dem Tamil-Fall gesehen“, sagt er zu „Berlingske“.

Pind droht an, Venstre zu verlassen, sollte die Partei weiterhin „Støjbergs Rechtswidrigkeiten“ verteidigen. Er spricht in dem Zusammenhang von „Trumpismus“.

Um 13.38 um die Information aktualisiert, dass Venstre und die Konservativen ebenfalls die Anwaltsberatung unterstützen.

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