Staatsbesuch

Dänemark sieht Deutschland als „Führungsmacht“

Dänemark sieht Deutschland als „Führungsmacht“

Dänemark sieht Deutschland als „Führungsmacht“

Frank Jung/shz.de
Kopenhagen
Zuletzt aktualisiert um:
Jeppe Kofod, Außenminister von Dänemark Foto: Gregor Fischer/shz.de

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Um Bedrohungen westlicher Werte etwa aus Russland, China oder Türkei mehr entgegenzusetzen, will der dänische Außenminister eine gestärkte Rolle von EU und UN. Seine Hoffnungen ruhen auf der Bundesrepublik.

Dänemarks Außenminister Jeppe Kofoed hat anlässlich des Staatsbesuchs von Königin Margrethe II. in Deutschland vom 10. bis 13. November das Interesse seines Landes an einem Ausbau der gegenseitigen Zusammenarbeit betont. „Nachdem Großbritannien die EU verlassen hat, ist für uns eine Kooperation mit engen Alliierten wie Deutschland noch wichtiger geworden, wir möchten noch intensivere Bande knüpfen“, sagte der Sozialdemokrat in einem Interview mit fünf deutschen Medien, darunter der „Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag“.

Sein Land setze auf die Bundesrepublik als „Führungsmacht“, wenn es darum gehe, „den Multilateralismus in der Welt zu stärken“ – also die Klärung internationaler Fragen vor allem über Organisationen wie der EU oder der Vereinten Nationen, an denen viele Staaten beteiligt sind. „Dänemark tritt ein für eine stärkere Rolle der EU in der Welt“, betonte Kofod. Dies sei notwendig, „weil unsere demokratischen Werte, Menschenrechte, die Gleichberechtigung der Geschlechter Zielscheibe von Angriffen sind“, so der dänische Chefdiplomat. Er nennt dabei unter anderen Einflussnahmen aus Russland und China.

Keinerlei Austrittsgedanken in Dänemark

Austrittsgedanken seines lange europaskeptischen Landes aus der EU sieht Kofod nicht im Ansatz. „In Umfragen erzielt die EU bei uns mit die höchsten Zustimmungswerte in allen Ländern.“

Suche nach Unterstützern für andere Asylpolitik

Er will weiter um die Unterstützung anderer EU-Partner, darunter auch die künftige Bundesregierung, für eine Reform der europäischen Asylpolitik werben. „Das jetzige System ist kaputt und wir müssen es stoppen“, sagte Kofod. Es sorge für „lebensgefährliche Anreize für Flüchtlinge, das Mittelmeer zu überqueren“ und „nutzt nur Menschenschmugglern und anderen Kriminellen“, so der Minister. „Damit können wir nicht leben, es dient nicht der Menschlichkeit.“

Schnittmengen zu einer Ampelkoalition

Stattdessen will Dänemark die Fluchtursachen durch „eine sehr viel intensivere Partnerschaft vor allem mit Afrika“ bekämpfen. Dazu müssten die europäischen Länder Kooperationen zur wirtschaftlichen Entwicklung, zu Jobmöglichkeiten und auch zu einer klimaschonenden grünen Transformation mit den Herkunftsländern von Migration eingehen. Hier sieht Kofod nach eigener Einschätzung Schnittmengen mit einer künftigen Ampelkoalition in Berlin, auch wenn sich die Konzepte der Grünen und der SPD in Vielem von denen der dänischen Sozialdemokraten unterscheiden. „Es gibt vieles, bei dem wir zusammenarbeiten können“, glaubt Kofod Richtung Bundeshauptstadt. Statt „irregulärer Migranten“ will Dänemark vornehmlich „die verletzlichsten Gruppen von Flüchtlingen“, ermittelt nach Kriterien der UN, aufnehmen.

Bekenntnis zu internationalen Konventionen

In Ruanda versucht die dänische Regierung, eine Art Modellprojekt für eine Bekämpfung der Fluchtursachen zu organisieren. Immer wieder im Gespräch, aber noch nicht umgesetzt, ist auch die Idee im Gespräch, ob Asylsuchende ihr Anerkennungsverfahren für Dänemark auch dort durchlaufen könnten. Gegen Vorbehalte gegen den dänischen Kurs bekräftigte Kofod: Was auch immer Dänemark flüchtlingspolitisch tue, es werde „internationale Konventionen und Verpflichtungen voll einhalten“.

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