Klimawandel

Meeresspiegel steigt voraussichtlich 78 Zentimeter

Meeresspiegel steigt voraussichtlich 78 Zentimeter

Meeresspiegel steigt voraussichtlich 78 Zentimeter

Kopenhagen
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Es sieht schön aus, wenn sich im Sommer auf der grönländischen Eiskappe Schmelzwasser-Seen bilden. Doch das immer größere Abschmelzen des Eises bedroht weltweit die Küstenregionen. Foto: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix

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Selbst wenn morgen der gesamte CO2-Ausstoß weltweit gestoppt würde, würde die grönländische Eiskappe weiterhin schmelzen, und die Weltmeere würden ansteigen. Das zeigt eine neue dänische Studie.

Selbst wenn es theoretisch möglich wäre, morgen den gesamten Ausstoß von Klimagasen einzustellen, würde der Meeresspiegel weiter ansteigen – und zwar um 27 Zentimeter. Das haben Glaziologinnen und Glaziologen der Nationalen Geologischen Untersuchungen für Dänemark und Grönland (GEUS) errechnet, wie auf der Homepage der Forschungsinstitution hervorgeht.

Der Grund: Die Eiskappe auf Grönland würde selbst in diesem Fall weiter abschmelzen.

Mindestens 27 Zentimeter Anstieg

Neu an der Studie ist, dass die Berechnungen nicht auf Computermodellen, sondern auf Messungen der Eisschmelze aufbauen. So konnten die Experten den Minimalwert von 27 Zentimetern ermitteln.

„Es ist eine ausgesprochen konservative Einschätzung, ein ‚rock-bottom Minimum‘. Höchstwahrscheinlich werden wir in diesem Jahrhundert das Doppelte erleben, wenn wir realistisch sein wollen“, erläutert Professor Jason Brox, Glaziologe bei GEUS, auf der Homepage. Er ist Hauptautor der Studie, die in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Natur Climate Change“ veröffentlicht worden ist.

Professor Jason Brox beim Entnehmen von Eisproben unterhalb der Schneegrenze im Sommer Foto: GEUS

Extrem-Jahr kann Alltag werden

Die GEUS-Forschenden haben das Klima in der Arktis in den Jahren 2000 bis 2019 überwacht und beobachtet, welches Ungleichgewicht dies in der grönländischen Eiskappe ausgelöst hat. Dieses bereits jetzt bestehende Ungleichgewicht wird laut der Studie dazu führen, dass die Eiskappe 3,3 Prozent ihrer Masse verlieren wird. Das sind 110 Billiarden Tonnen, die die Weltmeere um die erwähnten 27 Zentimeter ansteigen lassen werden.

„In dem sehr wahrscheinlichen Szenarium, dass die globale Erwärmung weitergeht, wird der Beitrag der Eiskappe zum Anstieg des Meeresspiegels ebenfalls zunehmen. Wenn wir das extreme Schmelzjahr 2012 als hypothetische Standardsituation für das Klima später in diesem Jahrhundert annehmen, wird der Massenverlust der Eiskappe sich mit 78 Zentimetern mehr als verdoppeln“, so Brox.

Er betont, dass GEUS nur den Beitrag der grönländischen Eiskappe berechnet habe. Hinzu kämen der Beitrag der Antarktis und anderer Gletscher. Außerdem steigt der Meeresspiegel auch an, weil das wärmere Wasser sich ausdehnt.

Professorin Dorthe Dahl-Jensen und ihr Team haben sich quer durch die grönländische Eiskappe gebohrt. Dadurch haben sie wichtige Erkenntnisse erlangt. Foto: Mik Eskestad/Jyllands-Posten/Ritzau Scanpix

Professorin mahnt Umsteuern an

Dorthe Dahl-Jensen, Professorin beim Institut für Eis, Klima und Geophysik am Niels Bohr Institut, betont gegenüber „Videnskab.dk“, dass es noch nicht zu spät sei zu verhindern, dass die Weltmeere ganze 78 Zentimetern ansteigen werden. Dafür bedürfe es jedoch einer schnellen Umstellung der Energieerzeugung auf Sonne, Wind und Erdwärme.

„Doch egal was wir tun, werden wir um Klimaanpassungen nicht umhinkommen. Denn wir haben das System schon so sehr ins Ungleichgewicht gebracht, dass es keinen Schalter gibt, mit dem wir das einfach wieder abstellen können“, so die Professorin gegenüber „Videnskab.dk“. Sie erinnert daran, dass die Hälfte der Menschheit in Küstennähe wohnt.

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