Bildung

Leistungsabfall: So müssen Grundschulen in SH reagieren

Leistungsabfall: So müssen Grundschulen in SH reagieren

Leistungsabfall: So müssen Grundschulen in SH reagieren

Frank Jung/shz.de
Kiel
Zuletzt aktualisiert um:
Unterricht in Deutsch und Mathe: Der Umfang an Schleswig-Holsteins Grundschulen wird erhöht Foto: Frank Hammerschmidt/shz.de

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Nach dem niederschmetternden IQB-Bildungstrend arbeitet Bildungsministerin Karin Prien an einer „Gesamtstrategie“, damit die Lernchancen von Grundschülern in Schleswig-Holstein besser werden. Vieles ist schon konkret: Erste Ideen hat sie am Donnerstag im Bildungsausschuss des Landtags vorgestellt.

Nach den alarmierenden Ergebnissen des „IQB-Bildungstrends “ über den Leistungsstand von Viertklässlern hat Bildungsministerin Karin Prien am Donnerstag erste Ideen zu Konsequenzen vorgestellt.

Verbindlich: Zwei Zusatzstunden für Deutsch und Mathe

Anders als bisher vorgesehen, können die Grundschulen die ab diesem Schuljahr eingeführten zwei zusätzlichen Stunden Unterricht pro Woche nicht mehr nach Belieben einsetzen. Prien hat entschieden, diese Zeit „zwingend für Deutsch und Mathe zu verwenden“. Das kündigte die CDU-Politikerin im Bildungsausschuss des Landtags an. Die Opposition hatte von ihr Auskunft zu Reaktionen verlangt.

Sowohl im Rechnen als auch Schreiben und Lesen waren Schleswig-Holsteins Schüler laut der von den Ländern in Auftrag gegebenen IQB-Studie deutlich zurückgefallen. Sie war im Oktober veröffentlicht worden.

SH mit Stundenzahl im unteren Drittel

Ausdrücklich sieht Prien einen Bedarf, die Unterrichtszeit für die kleinsten Schüler weiter zu erhöhen. Trotz der jüngsten Heraufsetzung um zwei liege Schleswig-Holstein bei der Stundenzahl der Grundschulen weiter im unteren Drittel der Bundesländer. So lange sich daran nichts ändert, denkt die Bildungsministerin daran, die inhaltliche Gewichtung innerhalb der Stundentafel zu verschieben – so, dass andere Fächer hinter der Vermittlung von Basiskompetenzen zurücktreten müssen.

Zweimal jährlich zum Rapport zur Schulaufsicht

Wesentlich intenviser als bisher will die schwarz-grüne Regierungskoalition Daten aus landesweiten Lernstandserhebungen nach allen einzelnen Schulen aufschlüsseln. Schulen, die deutlich vom Durchschnitt abweichen, sollen laut Prien „voraussichtlich zweimal pro Jahr mit der Schulaufsicht darüber sprechen, in welchem Bereich sie Fördermaßnahmen ergreifen müssen“. Die Ressort-Chefin kündigte für solche Schulen auch „mehr Vorgaben durch die Schulaufsicht“ an, von welchen Fortbildungen die dort tätigen Lehrkräfte Gebrauch machen müssen.

Grundlegend hat sich aus Sicht der Ministerin gezeigt, dass die Lehrerschaft insgesamt nicht ausreichend für die Inklusion gerüstet ist, also für die Beschulung von Kindern mit Behinderungen und Lerndefiziten in regulären Klassen: „Es ist eine sehr große Herausforderung, zunehmend heterogene Gruppen zu unterrichten – für manche offenbar eine zu große.“ Nicht jedoch ein Zurückdrehen der Inklusion hat sie vor Augen, sondern eine passgenauere „Ertüchtigung der Lehrkräfte“.

Fortschritte verspricht sich Prien auch von der Einführung landesweit einheitlicher Standards, nach denen sich entscheidet, ob ein Kind einen sonderpädagogischen Förderbedarf hat oder nicht.

Die Ministerin bittet zum Diktat

Beim alltäglichen Unterricht möchte die Bildungsministerin ebenfalls genauer hingucken. So müsse „mehr Wert darauf gelegt werden“, dass Diktate geschrieben werden und die Schüler regelmäßig lautes Vorlesen üben.

Beliebtestes Mathebuch fällt bei Prüfern durch

Ein Dorn im Auge ist ihr, dass Wissenschaftler ausgerechnet das bei Lehrkräften beliebteste Mathe-Lehrbuch kritisch sehen. In einem Test des Kieler Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften (IPN) sei es mit Abstand am schlechtesten bewertet worden. Prien will zwar die Freiheit der Pädagogen bei der Lernmittelauswahl nicht streichen, wohl aber mit „Empfehlungen“ lenken.

Nach Perspektiv-Schulen auch Perspektiv-Kitas

Unisono mit der für die Kitas zuständigen Sozialminister-Kollegin Aminata Touré (Grüne) betonte Prien: Schon im Kindergartenalter müssten Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf identifiziert werden. Dazu bereitet Toure nach dem Vorbild der „Perspektivschulen“ ein Programm für „Perspektiv-Kitas“ vor. Das würde bedeuten, dass Einrichtungen i einem sozial besonders schwierigen Umfeld mehr Personal und Geld erhalten als der Durchschnitt.

Konkretisieren wollen Prien und Touré ihre Antworten auf den IQB-Bildungstrend in einer „Gesamtstrategie“. Sie soll Kita, Grundschule, Lehramtsstudium und Lehrkräfteweiterbildung zusammen denken. „Wir dürfen dabei nicht im Silo-Denken der Vergangenheit verharren“, gab Prien als Motto aus.

Mehr lesen

Leserinnenbericht

Nina Wickerath
„Kindergärten Wilsbek und Feldstedt auf Piratentour“