Flensburg

Fabian Geyer zur Verkehrswende: „Müssen allen Interessen gerecht werden“

Fabian Geyer zur Verkehrswende: „Müssen allen Interessen gerecht werden“

Fabian Geyer: „Müssen allen Interessen gerecht werden“

Apenrade/Aabenraa
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Fabian Geyer
Flensburgs neuer Oberbürgermeister Fabian Geyer. Foto: Karin Riggelsen

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Im Interview mit dem „Nordschleswiger“ spricht der neue Oberbürgermeister der Stadt Flensburg, Fabian Geyer, über die Verkehrswende in der Innenstadt von Flensburg, die Attraktivität für dänische Tagesgäste sowie die Grenzkontrollen.

Fabian Geyer möchte viele Dinge in Flensburg und der Region anders angehen als seine Vorgängerin im Rathaus, Simone Lange. Im Interview mit dem „Nordschleswiger“ spricht er über die Verkehrswende in der Flensburger Innenstadt und darüber, warum der Hafen in Apenrade keine Lösung für die Hafen-Ost-Problematik sein kann. 

Flensburg ist eine attraktive Stadt für viele Menschen nördlich der Grenze. Die meisten kommen mit dem Auto. Viele Maßnahmen stoßen aber auf Kritik. Der Radweg an der Schiffbrücke, für den zahlreiche Parkplätze wegfallen, die Verkehrsberuhigungen in der Norderstraße und der Rathausstraße. Es wird immer wieder kritisiert, die Stadt gängele Autofahrende, stelle keine Alternativen für das Auto, nehme Parkplätze weg und vergraule unter anderem dänische Tagesgäste. Gleichzeitig schneidet die Radinfrastruktur im ADFC-Klimatest miserabel ab. Es gibt immer eine Radfahrer- vs. Auto-Debatte. Wie reagierst du auf solche Kritik, und wie kann die Stadt für alle Besucherinnen und Besucher attraktiv bleiben?

„Dieses Gegeneinander ist unfassbar angewachsen. Ich fahre sehr gerne Fahrrad, ich fahre Auto, ich bin Fußgänger, und ich fahre Bus. Also alle Verkehrsmittel, die mir zur Verfügung stehen, nutze ich. Ich bin also in jeder Situation anderen Verkehrsteilnehmern ausgesetzt. Es gibt in jeder Situation sicherlich etwas zu verbessern. Was nicht funktioniert, ist, dass man Autofahrer gegen Fahrradfahrer ausspielt – es sind ja dieselben Schnittmengen. Die meisten Autofahrer haben ein Fahrrad, und die meisten Fahrradfahrer werden ein Auto haben. Je nach Situation will man sicher von A nach B kommen. Das Wichtigste ist, dass wir dieses Gegeneinander aufgeben, sondern mehr Verständnis füreinander haben und verstehen, dass die Stadt eben für alle Flächen bieten muss, auf denen alle sicher ans Ziel kommen. Wir stehen vor der Herausforderung, allen Interessen dahingehend gerecht zu werden, dass man sich in Flensburg gut bewegen kann.“ 

Die Stadt Flensburg strebt mit dem Masterplan Mobilität 2030, der meines Wissens überarbeitet werden soll, aber ja eine Verkehrswende an ...

„Das Mobilitätskonzept ist vor meiner Zeit beschlossen worden, ebenso wie die Poller in der Norderstraße. Also alles, was jetzt im Grunde gerade umgesetzt wird. Auch die Schiffbrücke, ein Beschluss aus dem Dezember, ist eine Planung, auf die ich keinen Einfluss gehabt habe. In meinem Amt bin ich dazu verpflichtet, diese Beschlüsse umzusetzen, und das tue ich auch. Es ist einem demokratischen Prozess mit Mehrheiten gefolgt, und so setze ich das um. Das sind für mich keine Maßnahmen gegen den Autoverkehr, sondern es dient einem neuen Zeitgeist. Viel mehr Menschen steigen heute aufs Fahrrad um und benötigen ausreichenden Platz.“

Also geht es bis 2030 weiter?

„Das Mobilitätskonzept ist für mich gesetzt. Wir sind da aber zum Teil in Zeitverzug. Und da bin ich auch dabei, die einzelnen Themen mit viel Energie nach vorn zu bringen, damit auch klar ist, dass wir solche vereinbarten Konzepte ernst nehmen. Es ist ein klarer Auftrag für mich, dass wir da mehr Dampf reinbringen. Ich werde aus der Verwaltung heraus aber keine Politik machen. Ich werde nicht sagen: Wir werden jetzt fahrradfreundlich, oder Flensburg wird autofrei. Die Impulse kommen aus allen möglichen Bereichen, viel auch aus der Bevölkerung, und unsere Aufgabe ist es, das verwaltungsintern abzuarbeiten, vorzuarbeiten, Vorlagen zu erarbeiten, und natürlich nehmen wir am politischen Diskurs teil.“ 

Was heißt das konkret?

„Es ist wichtig, dass wir behutsam sein müssen mit Konzepten, ob sie tatsächlich dahinterliegend eine Ideologie verfolgen. Es gibt zum Beispiel Ideen für ein neues Parkraumwirtschaftskonzept, bei dem ich genau hinschaue, ob es zulasten der Parkmöglichkeiten erfolgt, mit denen wir natürlich auch nach außen hin attraktiv sein müssen. Es sind ja nicht nur dänische Kundinnen und Kunden bei uns. Das gesamte Kreisgebiet kommt zu uns, ob berufsmäßig oder zum Einkaufen. Man fährt eben gerne nach Flensburg, und dann müssen auch Möglichkeiten vorhanden sein, mit dem Auto kommen zu können.“ 

Wie passt eine Verkehrsberuhigung in der Norderstraße dazu?

„Wenn ich die Norderstraße sehe, haben wir auch sehr viel Sympathie der Anrainer und auch Menschen, die sich dort gerne aufhalten. Eine aufstrebende und schöne Straße, wo der Autoverkehr weniger Frequenz haben soll. Wir haben aber auch dort handfeste Interessen vom Einzelhandel und dänischen Kultureinrichtungen. Das verstehe ich alles, und wir wollen die Institutionen ja auch nicht verdrängen. Entscheidend ist, dass man gut miteinander kommuniziert und das Verständnis weckt, dass für eine Verkehrsberuhigung der Straße sehr viel spricht. So wie der Verkehr bisher dort durchgeführt worden ist, ist es nicht sehr attraktiv für eine Stadt. Andere Städte machen uns das vor und haben damit gute Erfahrungen gemacht. Mit der Pollerlösung kann ich erst mal gut leben, aber man muss natürlich weiter im Dialog bleiben. Aber übereinander schimpfen, davon halte ich überhaupt nichts.“

Die Grenzkontrollen sollen in ein paar Tagen gelockert werden, aber irgendwie auch nicht, denn freie Fahrt an der Grenze soll es weiterhin nicht geben. Wie bewertest du die Situation aus Sicht der Stadt Flensburg?

„Zunächst freue ich mich, dass nach sieben Jahren neue Bewegung in das Thema kommt. Ich möchte mich natürlich nicht in die inneren Angelegenheiten unserer dänischen Nachbarn einmischen, aber als Flensburger Oberbürgermeister begrüße ich jede Entscheidung, die zu einem leichteren Austausch über die Grenze hinweg führt. Wir sind zu einer gemeinsamen Region zusammengewachsen, und je mehr wir dieses auch leben können, desto besser für die Region. Da geht es um Arbeitspendler auf beiden Seiten der Grenze, um Familien, aber auch um Menschen, die einfach die verschiedenen Angebote diesseits und jenseits der Grenze wahrnehmen. Je weniger Hindernisse dabei, umso besser für die Region. Dabei bin ich mir sicher, dass der grenzüberschreitenden Kriminalität auch ohne die Kontrollen durch die deutsche und dänische Polizei gemeinsam begegnet werden kann. Die gemeinsame Grenze ist nichts Trennendes, sondern etwas Verbindendes. Das zeigt doch auch das heutige Gespräch hier in Apenrade.“

 

Das Interview in gesamter Länge gibt es hier zu lesen.

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