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Erster Sieg seit sieben Monaten löst Ekstase aus

Erster Sieg seit sieben Monaten löst Ekstase aus

Erster Sieg seit sieben Monaten löst Ekstase aus

Hadersleben/Haderslev
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Die SønderjyskE-Fußballer durften erstmals seit sieben Monaten über einen Superliga-Sieg jubeln. Foto: Frank Cilius/Ritzau Scanpix

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Der Jubel nach dem Siegtreffer und noch einmal nach dem Schlusspfiff kannte keine Grenzen. Der erste Superliga-Sieg seit dem 19. September wurde überschwänglich gefeiert, fast schon wie ein Klassenerhalt oder eine Meisterschaft. Stefan Gartenmann spricht von „Erlösung“ und „Ekstase“.

Die Situation am Tabellenende ist weiterhin hoffnungslos, dennoch ist die Bedeutung des ersten Erfolgserlebnisses nach 16 Superliga-Spielen ohne Sieg kaum zu überschätzen. Das Tor von Nicolaj Thomsen tief in der Nachspielzeit und der 2:1-Heimsieg gegen AGF hat die Endorphine ausgelöst und die pure Freude freigesetzt, die man monatelang so schmerzlich vermisst hat.

Endlich haben sich die Hellblauen einmal für eine gute Leistung auch belohnt. In jüngster Vergangenheit haben sie dies immer wieder versäumt, und die Punkte liegen gelassen. Danach sah es erneut aus, doch ein Kopfballtor von Nicolaj Thomsen in der fünften Minute der Nachspielzeit änderte dies. 

Nicolaj Thomsen feiert seinen Siegtreffer mit den Fans. Foto: Frank Cilius/Ritzau Scanpix

„Ich stehe mit einem Gefühl der Erlösung und der Ekstase da“, sagt Stefan Gartenmann zum „Nordschleswiger“: „Das war eine Explosion der Gefühle, als wir das Tor in der Nachspielzeit machten, zum einen aufgrund des Zeitpunktes, zum anderen aufgrund des Saisonverlaufs. Es ist einem fast schwergefallen, sich an das Gefühl eines Sieges zurückzuerinnern. Das hat wehgetan. Wir haben viele gute Spiele gemacht, ohne irgendetwas mitzunehmen, und auch diesmal hatte ich zwischendurch das Gefühl, dass wir wieder ohne Sieg bleiben würden, obwohl wir so viel richtig gemacht hatten. Endlich ist es auch mal zu unseren Gunsten gelaufen. Damit ist nicht gesagt, dass wir jetzt die restlichen Spiele gewinnen und den Klassenerhalt schaffen, aber es von großer Bedeutung für uns, dass wir das Gefühl haben, in der Superliga unsere Berechtigung zu haben und Spiele auf diesem Niveau gewinnen zu können.“

„Wir wollen dem Logo von SønderjyskE Ehre erweisen“

Sechs Spiele vor Ende der Abstiegsrunde beträgt der Rückstand zum rettenden Ufer neun Punkte. Der erste Sieg seit sieben Monaten ist mit Blick auf die Tabelle nicht mehr als ein Hoffnungsschimmer, hat aber die Hoffnung ausgelöst, dass weitere Erfolgserlebnisse folgen können.

„Der Klassenerhalt ist noch zu schaffen, aber dort liegt unser Fokus nicht. Es muss so viel richtig laufen, wenn dies noch eintreffen sollte. Wir müssen fast alle Spiele gewinnen, und die anderen Ergebnisse müssen zu unseren Gunsten ausfallen“, so Gartenmann: „Wir wollen dem Logo von SønderjyskE Ehre erweisen. Das haben wir in dieser Saison zu selten getan. Wenn das Wunder passiert, dann passiert es. Unser Fokus ist darauf, den Klub und unsere Fans stolz zu machen.“

Emil Berggreen handelte sich in der Nachspielzeit einen völlig unnötigen Platzverweis ein und ist am Freitag gegen Vejle gesperrt. Foto: Frank Cilius/Ritzau Scanpix

Einen Schritt in diese Richtung haben die Hellblauen im Heimspiel gegen AGF gemacht. Die Hellblauen spielten mit viel Elan und waren über 90 Minuten gesehen klar besser als eine AGF-Mannschaft, die in dieser Verfassung das schwächste Team der Superliga ist. Schade nur, dass der Rückstand auf AGF elf Punkte beträgt, denn die Aarhusianer sahen eher wie ein Abstiegskandidat aus als SønderjyskE.

Henrik Hansen hatte nach der bitteren 0:2-Niederlage beim FC Nordsjælland seine Mannschaft fast total umgekrempelt. Aus einer 3-4-3-Formation wurde eine 4-2-3-1, und die Startelf war auf sieben Positionen verändert. Nicht ungewöhnlich, nur vier Tage nach dem Nordsjælland-Spiel und vier Tage vor dem Heimspiel gegen Vejle.

Torwartwechsel

Bemerkenswert ist es aber, dass Lawrence Thomas erst zum zweiten Mal seit seiner Ankunft im Sommer 2020 in der Superliga nicht zwischen den Pfosten stand. Der Australier hat an sein hohes Niveau der ersten Saison nicht anknüpfen können und ist nach einem 2022 mit zu vielen Fehlern auf die Bank gesetzt worden. 

„Wir befinden uns in einer Phase, wo wir alle vier Tage ein Spiel haben. Wir brauchen den gesamten Kader. Auf der Torwart-Position war es eine bewusste Wahl. Flø hat sich den Einsatz verdient, er hat fantastisch trainiert und sich in der Reserveliga empfohlen. Ich hatte das Gefühl, dass der Zeitpunkt der richtige ist“, so der SønderjyskE-Trainer zum „Nordschleswiger“.

 

Nicolai Flø erhielt den Vorzug vor Lawrence Thomas und machte eine gute Figur. Foto: Frank Cilius/Ritzau Scanpix

Nicolai Flø hinterließ bei seinem erst zweiten Superliga-Einsatz für SønderjyskE einen soliden Eindruck, griff sicher ins Geschehen ein und verdiente sich Pluspunkte im Kampf um den Platz zwischen den Pfosten in der kommenden Saison. Eine Vertragsverlängerung mit Lawrence Thomas scheint unwahrscheinlich, und die Frage ist, ob SønderjyskE eine neue Nummer eins holen oder Nicolai Flø das Vertrauen schenken wird. Flø hat sich zumindest empfehlen können.

Im Mittelpunkt stand aber sein Torwartkollege Jesper Hansen, der mit mehreren Glanzparaden mehrmals den überfälligen Treffer zum 2:1 verhindert hatte. Das zweite SønderjyskE-Tor war eigentlich schon in der 48. Minute gefallen, doch Schiedsrichter Jonas Hansen verweigerte am VAR-Bildschirm die Anerkennung des Treffers von Emil Berggreen, weil Emil Kornvig, in Abseitsposition stehend, den gegnerischen Torwart behindert haben soll. Der AGF-Torwart wäre nie im Leben an diesen Ball gekommen.

SønderjyskE kam in der Nachspielzeit doch noch zum Sieg und hat noch ein Fünkchen Hoffnung auf den Klassenerhalt. Vielleicht geht da noch was. Die Hellblauen müssen aber am Freitag im absoluten Kellerduell gegen Vejle nachlegen.

Fehlen wird dabei Emil Berggreen, der sich in der letzten Spielminute einen völlig unnötigen Platzverweis einhandelte, als er erst lautstark meckerte und danach Mikael Anderson zu Boden stieß.

 

José Gallegos brachte die von Henrik Hansen erhoffte jugendliche Frische ins Spiel und krönte einen starken Einsatz mit seinem Tor zum 1:0. Foto: Frank Cilius/Ritzau Scanpix

„Es ist ärgerlich und total unnötig. Es irritiert Emil noch mehr als es mich irritiert. Ich habe vollstes Verständnis für seinen Frust über die Entscheidung gegen uns, aber es darf nicht zu einer Roten Karte führen, und das weiß Emil auch“, sagt Henrik Hansen, der sich aber vielmehr über den erlösenden Sieg freuen wollte: „Es hat in allen Bereichen nach einem Spiel ausgesehen, das wir viel zu oft gesehen haben. Schiedsrichterentscheidungen, Torwartparaden und die berühmten Kleinigkeiten liefen gegen uns, aber wir haben bis zum Ende dem Sieg hinterhergejagt und sind endlich einmal belohnt worden.“

Nicolaj Thomsen stand ebenfalls mit dem Gefühl da, dass wieder einmal alles gegen SønderjyskE lief.

„Diesen Spielverlauf haben wir gefühlt schon viermal in den vergangenen Wochen gesehen. Endlich ist es mal zu unseren Gunsten ausgefallen, und das hat ein wahnsinniges Gefühl ausgelöst. Nach diesem Gefühl, Fußballspiele gewonnen zu haben, haben wir uns lange gesehnt. Ich hatte gehofft, dass dieses Erfolgserlebnis ein wenig früher gekommen wäre“, meint der Matchwinner, der die Hoffnung nicht aufgegeben hat: „Der Sieg gibt uns einen Schub für den letzten Teil der Saison. Viele haben uns schon abgeschrieben, und es sieht auch weiter schwierig aus, aber der Sieg gibt uns Momentum und Rückenwind, auch für das Pokal-Halbfinale. Wir haben eine Chance, so lange es nicht schwarz auf weiß steht, dass wir abgestiegen sind.“

 

SønderjyskE - AGF (1:1) 2:1

1:0 José Gallegos (43.), 1:1 Frederik Tingager (45.), 2:1 Nicolaj Thomsen (90.+5)

SønderjyskE: Nicolai Flø – Emil Holm (73.: Duplexe Tchamba), Stefan Gartenmann, Bubacarr Sanneh, Marc Dal Hende – Mads Albæk, Emil Kornvig (81.: Nicolaj Thomsen) – Isak Steiner Jensen (81.: Peter Buch Christiansen), José Gallegos (70.: Rilwan Hassan), Emil Frederiksen – Emil Berggreen.

AGF: Jesper Hansen – Alexander Munksgaard, Sebastian Hausner, Frederik Tingager, Eric Kahl – Frederik Brandhof (81.: Dawid Kurminowski), Nicolai Poulsen (45.: Yann Aurel Bisseck), Mikael Anderson – Albert Grønbæk (81.: Frederik Ihler), Patrick Mortensen, Gift Links (73.: Jack Wilshere).

Rote Karte: Emil Berggreen (90.+7)

Gelbe Karten: Mads Albæk, Isak Steiner Jensen, Henrik Hansen, Emil Berggreen, Marc Dal Hende – Patrick Mortensen, Eric Kahl, Alexander Munksgaard.

Schiedsrichter: Jonas Hansen. VAR-Schiedsrichter: Mads-Kristoffer Kristoffersen.

Zuschauer: 2.508.