Drogenpolitik

Deutsches Cannabis-Gesetz: Was ändert sich in Nordschleswig?

Deutsches Cannabis-Gesetz: Was ändert sich in Nordschleswig?

Deutsches Cannabis-Gesetz: Was ändert sich in Nordschleswig?

Lorcan Mensing/DPA/Ritzau
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Das Aufdecken des Fahrens unter Drogeneinfluss wird in Zukunft ein noch wichtigerer Punkt bei den Kontrollen der dänischen Polizei an den Grenzübergängen (Archivfoto). Foto: Claus Fisker/Ritzau Scanpix

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Am Ostermontag, 1. April, tritt in Deutschland das neue Cannabis-Gesetz in Kraft, das eine kontrollierte Freigabe der Droge für Erwachsene ermöglicht. Welchen Einfluss könnte das Gesetz hinsichtlich des Konsums in Nordschleswig und der Kontrollen an den Grenzübergängen nach Dänemark haben?

Die Ampelparteien SPD, Grüne und FDP haben im Bundestag nach jahrzehntelangen Diskussionen ein Gesetz zur Legalisierung von Cannabis für Volljährige beschlossen. Die Pläne der deutschen Regierung sehen bereits ab Ostermontag, 1. April, eine kontrollierte Freigabe mit diversen Regeln vor. Der Ampel-Regierung zufolge ist das Ziel des Gesetzes unter anderem, den Schwarzmarkt zu bekämpfen und einen Durchbruch für Cannabis als Medizin zu schaffen.

Wenn ich mir das Modell anschaue, scheint mir die Wahrscheinlichkeit nicht groß zu sein, dass die Situation in Deutschland signifikante Auswirkungen auf den Cannabismarkt in Nordschleswig haben wird.

Esben Houborg

Wie soll die Legalisierung umgesetzt werden?

Erlaubt sein soll für Erwachsene ab 18 Jahren in Deutschland der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum, das man auch im öffentlichen Raum mit sich führen darf. In der privaten Wohnung soll der Anbau von drei Cannabispflanzen erlaubt sein und das Aufbewahren von bis zu 50 Gramm der Droge. 

Der Verkauf an Minderjährige soll hingegen mit mindestens zwei Jahren Gefängnis bestraft werden. Kiffen ist darüber hinaus künftig grundsätzlich in der Öffentlichkeit erlaubt – aber nicht in Sichtweite von Schulen, Sportstätten, Spielplätzen und Kitas.

Legal werden dann zum 1. Juli auch nicht-kommerzielle „Anbauvereinigungen“ für Volljährige, in denen Mitglieder mit Wohnsitz im Inland Cannabis gemeinschaftlich anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben dürfen – im Monat höchstens 50 Gramm je Mitglied.

Die deutsche Regierung setzt das Gesetz um, obwohl Umfragen zeigen, dass es in der Bevölkerung keine eindeutige Zustimmung gibt. 47 Prozent gaben in einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts YouGov an, für eine Legalisierung zu sein. 42 Prozent erklärten, diese  abzulehnen. 11 Prozent äußerten sich dazu nicht. In Deutschland gibt es Umfragen zufolge etwa 4,5 Millionen Cannabiskonsumierende.

Polizei für Südjütland und Nordschleswig gibt sich gelassen

Auch in Dänemark und insbesondere Nordschleswig wird derweil diskutiert, welche Auswirkungen die deutsche Gesetzgebung auf den Konsum, die Kriminalität und die Kontrollen an den deutsch-dänischen Grenzübergängen haben könnte. Nach den neuen deutschen Regelungen muss man in Deutschland wohnhaft sein, um Cannabis legal kaufen zu können. Doch wie möchte man dänische Bürgerinnen und Bürger daran hindern, nicht doch über die Grenze zu fahren, um Cannabis zu kaufen – und verhindern, dass der Konsum somit auch in Dänemark steigt?

Als Staatsbürgerin oder Staatsbürger Dänemarks kann man nicht einfach die deutsch-dänische Grenze überqueren und das Rauschmittel legal kaufen (Archivfoto). Foto: Adobestock

Die Polizei für Südjütland und Nordschleswig äußert sich bei der Beantwortung dieser Fragen vorerst mit einer zuversichtlichen und zugleich abwartenden Einstellung. Die teilweise Legalisierung auf deutscher Seite werde nicht zwingend mehr Arbeit für die dänische Polizei bedeuten, da in Deutschland kein kommerzieller Verkauf vorgesehen ist, wie er zum Beispiel in den Niederlanden existiert. Hier dürfen auch Touristinnen und Touristen Cannabisprodukte in sogenannten Coffeeshops kaufen. Dänische Bürgerinnen und Bürger können hingegen nicht einfach die Grenze überqueren und das Rauschmittel legal kaufen. 

Cannabis als Fokuspunkt bei den Grenzkontrollen 

Dennoch werde der Konsum und Besitz von Cannabis in Zukunft zu einem noch wichtigerem Fokuspunkt für Beamtinnen und Beamte an den deutsch-dänischen Grenzübergängen, die an den dortigen Kontrollstationen ohnehin Stichproben durchführen. Dies gelte auch für Beamte in Streifenwagen, die sicherstellen, dass Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer nicht unter dem Einfluss der Droge stehen. Das sagt Jesper Hansen, Polizeiinspektor und Leiter der Abteilung Ausländerkontrolle West (UKA) der Polizei für Südjütland und Nordschleswig.

„Wir werden die Situation natürlich verfolgen, und vermehrt hierauf achten, wenn wir Personen zur Kontrolle herausziehen“, so Hansen.

Cannabis wird aus der Hanfpflanze gewonnen und meist zu Haschisch oder Marihuana verarbeitet. Foto: Lisi Niesen/Reuters

Auch Esben Houborg vom Zentrum für Drogenforschung macht sich angesichts des deutschen Cannabis-Gesetzes keine großen Sorgen hinsichtlich eines steigenden Konsums in Nordschleswig.

„Man könnte natürlich besorgt sein, dass Däninnen und Dänen nun über die Grenze fahren. Die Frage ist aber, ob es nicht einfacher wäre, einen Verkäufer in der Nähe zu finden, als über die Grenze zu fahren. Wenn ich mir darüber hinaus das Modell anschaue, scheint mir die Wahrscheinlichkeit nicht groß zu sein, dass die Situation in Deutschland signifikante Auswirkungen auf den Cannabismarkt in Nordschleswig haben wird“, sagt Houborg, demzufolge das deutsche Gesetz jedoch die Debatte über die Legalisierung von Cannabis in Dänemark wiederbeleben könnte.

„Wenn ein so großes Nachbarland wie Deutschland Cannabis legalisiert, werden einige sagen, dass wir das auch hier tun sollten“, so Houborg. 

Kritik an der Cannabis-Legalisierung

In Deutschland sind die Meinungen bezüglich der teilweisen Cannabis-Legalisierung gespalten. Sowohl von der Opposition als auch in den Ampelparteien selbst, gibt es Kritik. Auch juristische Expertinnen und Experten sowie Gesundheitsorganisationen sehen die Legalisierung problematisch. Die Argumente dagegen lauten, dass es erhebliche Gesundheitsrisiken gebe, der Schwarzmarkt weiterhin bestehen werde und mehr Menschen abhängig werden könnten. 

Gesundheitsexpertinnen und -experten warnen davor, dass der Cannabiskonsum bei jungen Menschen das zentrale Nervensystem beeinträchtige und somit das Risiko für die Entwicklung von Psychosen und Schizophrenie erhöhe. Juristische Experten weisen darauf hin, dass es eine unmögliche Aufgabe sei, die Anbauaktivitäten in privaten Haushalten zu kontrollieren. 

Deutschland wird das neunte Land der Welt sein, das Cannabis teilweise legalisiert. Die anderen acht Länder sind Kanada, Georgien, Luxemburg, Malta, Mexiko, Südafrika, Thailand und Uruguay. Foto: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix

Befürworterinnen und Befürworter sind hingegen der Meinung, dass Cannabis unter geordneteren Bedingungen angebaut werde. So argumentiert beispielsweise Gesundheitsminister Karl Lauterbach von der SPD, dass dies den Handel auf dem Schwarzmarkt verringere, einen besseren Schutz für Jugendliche gewährleiste und ein besseres Produkt für die Verbraucherinnen und Verbraucher sicherstelle.

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