Kriegsgräberfürsorge

Soldaten aus drei Nationen pflegen deutsch-dänische Geschichte

Soldaten aus drei Nationen pflegen deutsch-dänische Geschichte

Soldaten dreier Länder pflegen deutsch-dänische Geschichte

Düppel/Dybbøl
Zuletzt aktualisiert um:
Deert Rieve
Reservist Deert Rieve hat zwei Wochen Urlaub genommen, um in Nordschleswig bei der Instandsetzung von Gräbern und Denkmälern dabei zu sein. Foto: Gerrit Hencke

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Dort, wo sich einst Menschen dreier Nationen gegenseitig töteten, halten heute drei Nationen die Erinnerung an den Krieg aufrecht. Soldaten aus Deutschland, Österreich und Dänemark pflegen noch bis zum 31. August Gräber und Denkmäler Gefallener im Raum Sonderburg. „Der Nordschleswiger“ hat einige von ihnen besucht.

Es ist ein kleiner Gedenkstein auf einem wackeligen Fundament. Die Treppenstufen hinauf zu einer kleinen, schwarzen Gedenkplatte sind vom Gras überwachsen. Die eiserne Pforte fehlt. Sie ist bereits zum Instandsetzen abtransportiert. Zu verrostet war sie.

Dort oben in Düppel, an der Schanze II, erinnert der Gedenkstein an den preußischen Pionier Carl Klinke. Er starb am 18. April 1864 dabei, ein Loch in die Palisaden der dänischen Verteidigung zu sprengen. Der Erzählung nach wurde er durch das Pulver verletzt und zudem von einem Projektil getroffen. Er und weitere Kameraden kamen um. Heute liegen der in der Niederlausitz geborene Klinke und acht weitere Kameraden auf dem Friedhof in Broacker (Broager). Sein Mut machte ihn wohl zu einem Helden des deutsch-dänischen Krieges.

Kriegsgräberfürsorge
Am Ende des Tages wird auch die Schrift mit silbernem Lack wieder hervorgehoben sein und der Gedenkstein wieder in neuem Glanz erstrahlen. Foto: Gerrit Hencke

Gegeneinander kämpften damals einerseits Preußen und Österreich und andererseits Dänemark. Heute, an diesem sonnigen Tag im August, sind Dänen, Österreicher und Deutsche Freunde, die gemeinsam Kriegsgräberfürsorge betreiben und nach getaner Arbeit die Kameradschaft genießen.

Deert Rieve arbeitet beim Reservistenverband und hat am Vormittag bereits die überwachsene Steintreppe vor dem Obelisken freigelegt. Er ist einer von sechs Reservisten der Bundeswehr, die noch bis zum 31. August im Namen des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Nordschleswig Gräber und Denkmäler auf Vordermann bringen.

Deert Rieve
Dert Rieve Foto: Gerrit Hencke

In Österreich betreibt das Österreichische Schwarze Kreuz die Kriegsgräberfürsorge, in Dänemark heißt das Pendant Forsvarsministeriets Krigergravstilsyn. 

Ich finde es sehr schön, mit Kameraden aus Dänemark und Österreich zusammen die Veranstaltung machen, die Gräber zu reinigen. Das tun wir auch im Wohlsein unserer gefallenen Kameraden von 1864. Das ist eine interessante Sache, die ich mit Herzblut mache.

Deert Rieve, Reservistenverband der Bundeswehr

Grenzüberschreitende Kooperation

Die grenzüberschreitende Kooperation begann im Jahr 2001 und findet alle zwei Jahre im Wechsel in Dänemark, Deutschland und Österreich statt. 2025 sind Denkmäler und Gräber in Österreich dran. 

Der Hauptfeldwebel der Reserve Rieve ist seit dreieinhalb Jahren dabei. Zu seinem Ehrenamt kam er eher zufällig durch ein Gespräch mit einem Kameraden, erzählt der 60-Jährige. Heute organisiert er zusammen mit dem Volksbund solche Reserveübungen.

„Ich finde es sehr schön, mit Kameraden aus Dänemark und Österreich zusammen diese Veranstaltung machen, die Gräber zu reinigen. Das tun wir auch im Wohlsein unserer gefallenen Kameraden von 1864. Das ist eine interessante Sache, die ich mit Herzblut mache.“

Die Reservisten aus Deutschland sind eine bunt gemischte Truppe, die vorwiegend Teilnehmende aus dem Raum Flensburg-Schleswig hat, aber auch aus Kiel, Preetz und Lübeck sind Kameraden für zwei Wochen nach Süddänemark gereist. Zwei Wochen Urlaub dafür zu bekommen, sei nicht immer leicht, so Rieve. Das seien eben auch zwei Wochen, die er nicht mit Frau und Familie verbringen kann.

Untergebracht sind die insgesamt 15 Soldaten aus drei Ländern in der Kaserne in Seegard (Søgård). Neben der Arbeit auf den Friedhöfen in Ulkebüll (Ulkebøl) und der Marienkirche in Sonderburg (Sønderborg) sowie oben an den Düppeler Schanzen, wartet auch ein kleines Programm auf die freiwilligen Helfer. So steht unter anderem ein Besuch bei Sonderburgs Bürgermeister Erik Lauritzen (Soz.) an. 

In der Hitze zu arbeiten ist anstrengend, aber am Ende sehe ich, was dabei rauskommt, und dann ist man auch ein bisschen stolz.

Deert Rieve, Reservistenverband der Bundeswehr

Gesellschaftliches Engagement

Einer, der schon sehr lange dabei ist, ist Harald Wagner. Der Oberleutnant zur See pflegt seit 2005 Kriegsgräber in den drei Ländern. Es sei eine wichtige Aufgabe, sich zu engagieren, sagt er. Sei es Kriegsgräberpflege, das Aufräumen von Parks oder im sozialen Bereich.

Rieve pflichtet ihm bei: „In der Hitze zu arbeiten ist anstrengend, aber am Ende sehe ich, was dabei rauskommt, und dann ist man auch ein bisschen stolz.“ Er zeigt auf seinem Smartphone ein Vorher-Nachher-Bild eines Denkmals, das er vor zwei Jahren in Schleswig-Holstein restauriert hat.

Es sind historische Denkmäler. Sie zeigen, dass wir einmal Krieg gegen unsere Nachbarn geführt haben. Dass wir sie gehasst und getötet haben. Wir wollen damit daran erinnern, dass damit jetzt Schluss ist.

Eggert Mumberg, Dänemark-Beauftragter Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge

Schade findet er, dass das Interesse gerade unter Schülerinnen und Schülern in Deutschland geringer ist als in Dänemark. Bei der Aktion in Südschleswig vor zwei Jahren wären viele dänische Schulklassen gekommen, um über die Geschichte etwas zu lernen. Deutsche Klassen seien nicht dabei gewesen, so Rieve.

Der Dänemark-Beauftragte des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Eggert Mumberg, ist ebenfalls an der Schanze II zugegen – als Dolmetscher, wie er sagt. Er wacht in Nordschleswig über 130 deutsche Kriegsgräber. Auch er betont, dass die Arbeit, der Austausch und die Kameradschaft diese Aktion so wertvoll machen. 

Erinnerung an die Vergangenheit aufrechterhalten 

Warum man fast 160 Jahre alte Gräber überhaupt pflegt, darauf hat er eine deutliche Antwort: „Es sind historische Denkmäler. Sie zeigen, dass wir einmal Krieg gegen unsere Nachbarn geführt haben. Dass wir sie gehasst und getötet haben. Wir wollen damit daran erinnern, dass damit jetzt Schluss ist.“

 

 

Eggert Mumberg
Eggert Mumberg Foto: Karin Riggelsen

Die Renovierung sei eine teure Angelegenheit, sagt Mumberg. Außerhalb einer solchen Aktion, wie sie heute gestartet ist, prüft und dokumentiert er den Zustand der Gräber und Gedenksteine in seinem Bereich. Gibt es Schäden, so müssen ganz klassisch Handwerker vor Ort beauftragt werden, um etwa Gedenkplatten zu restaurieren oder Maurerarbeiten zu erledigen. Glücklicherweise zahle die Deutsche Botschaft dazu, so der Sonderburger. 

Rieve Wagner
Deert Rieve reinigt die poröse Verbindung zwischen Fundament und Gedenkstein, während Harald Wagner den Stein abstützt. Später soll alles neu verfugt und das Denkmal wieder standsicher sein. Foto: Gerrit Hencke

Rieve, Wagner und ein dänischer Kamerad machen sich als nächstes daran, den Sockel des Denkmals und den Gedenkstein wieder miteinander zu verbinden. Dafür rühren sie vor malerischer Kulisse Zement an. Danach soll mit silberfarbenem Lack die Schrift der Gedenktafel hervorgehoben werden.

Die Stimmung ist gut, auch wenn der Schweiß von der Stirn läuft. Kaum vorstellbar, dass sich hier, wo heute drei Nationen friedlich miteinander an einem Mahnmal arbeiten, einmal Menschen getötet haben.

Mehr lesen

Deutsche Minderheit

Meinung
Inge Marie Tietje
„Nachruf auf Armin Feddersen“