Deutsche Minderheit

Frank Lubowitz zufrieden mit seinem beruflichen Leben

Frank Lubowitz zufriedenmit seinem beruflichen Leben

Frank Lubowitz zufriedenmit seinem beruflichen Leben

Sonderburg/Sønderborg
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Frank Lubowitz ist kurz vor seinem Übertritt in den Ruhestand mit dem Archiv der deutschen Volksgruppe in Nordschleswig vom Haus Nordschleswig in Apenrade in neue Räumlichkeiten im Deutschen Museum in Sonderburg umgezogen. Er hinterlässt dort ein gut bestelltes Haus. Foto: Karin Riggelsen

Der scheidende Archiv- und Forschungsstellenleiter Frank Lubowitz blickt auf mehr als 28 Jahre interessante Tätigkeit für die deutsche Minderheit zurück. Anstelle der „Nordschleswiger vom alten Schlag“ hat der Generationenwechsel in den vergangenen Jahrzehnten viele neue Akzente gesetzt.

„Ich bin zufrieden, wie sich mein berufliches Leben entwickelt hat. Ich habe in Nordschleswig gute Freunde gefunden. Menschen, mit denen ich hier eine gute Zeit verbracht habe, und die ich nicht aus den Augen verlieren werde“, erklärt der vor wenigen Tagen als Leiter des Archivs/Forschungsstelle der deutschen Minderheit aus seinem Amt verabschiedete Frank Lubowitz. Der an der Universität Kiel ausgebildete Historiker ist auch als Ruheständler vorerst noch in seinem Büro im Gebäude des Deutschen Museums Nordschleswig in Sonderburg anzutreffen.

Frank Lubowitz hat mehrere Jahrzehnte das Archiv der deutschen Volksgruppe in Nordschleswig geleitet. Foto: Karin Riggelsen

 

Er leitet das dort in den Kellerräumen eingerichtete Archiv der deutschen Volksgruppe bei Bedarf auf Zuruf weiter, solange seine Nachfolge nicht geregelt ist. „Ich stehe den Stipendiaten und Studierenden weiter zur Verfügung“, so Lubowitz, der seit Jahrzehnten viele Nachwuchshistoriker mit Material unterstützt hat. „Ich bin froh, einer Nachfolge ein bestelltes Haus überlassen zu können“, betont er unter Hinweis auf den Umzug des Archivs aus Kellerräumen im Haus Nordschleswig in Apenrade nach Sonderburg.

Archivbestand wurde durchforstet

„Ich habe aussortiert, was den Archivumzug nicht mitmachen musste, in mehr als 35 Jahren, die das Archiv besteht, hatte sich viel angelagert, was dort nicht verwahrt werden musste“, erklärt er seine letzte große Aufgabe. „Es ist hier in Sonderburg aber Platz für viele weitere Archivalien. Statt 350 haben wir jetzt 600 Regalmeter“, so sein Hinweis, dass weitere Dokumente aus dem Bereich der deutschen Nordschleswiger in Sonderburg willkommen sind. „Ich bin hier in Sonderburg gut angekommen, von Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen gut aufgenommen“, so seine Einschätzung. Er betrachtete den Umzug aber auch als einen Einschnitt, an dem er seine Berufstätigkeit beenden sollte.

Teil des Teams gewesen

Er habe sich auch sehr wohlgefühlt als Teil des Teams im Haus Nordschleswig. „Apenrade war meine berufliche Heimat“, so Lubowitz, der über den Beginn seiner dortigen Tätigkeit 1992 berichtet, dass er dort vorbehaltlos gut aufgenommen worden ist. „Ich war auch gut vorbereitet durch meine Spezialisierung auf schleswig-holsteinische Landesgeschichte“, fügt er unter Hinweis auf seine Tätigkeit als Assistent des Landeshistorikers Erich Hoffmann in Kiel hinzu. Es hat ihn während dieser Zeit bei Lehrveranstaltungen für Studierende bereits nach Nordschleswig geführt und auch Exkursionen organisiert. „Ich weiß nicht, ob man aus der Universität eines Tages herauswächst und etwas Anderes braucht“, so sein Rückblick auf die Zeit an der Universität. „Ich traf dann im Archiv auf die Heimatkunde“, berichtet er über Erlebnisse beim Wechsel nach Apenrade. „Ich bekam dann die Chance, nach Nordschleswig zu gehen und dort begrüßten mich Artur Lessow und Ilse Hansen, die das Archiv der Volksgruppe ehrenamtlich aufgebaut hatten“, berichtet er über seinen Wechsel nach Apenrade.

Wandel in Minderheit erlebt

„Ich habe damals noch viele Nordschleswiger vom alten Schlag getroffen“, erinnert sich der Historiker und unterstreicht, dass er „in mehr als 28 Jahren die Veränderung der Volksgruppe mit begleitet hat". Die Erneuerung spiegele sich in Personen wie Jasper Andresen oder Stephan Kleinschmidt in wichtigen Funktionen für die Minderheit ebenso wider wie im Wandel in der Verwaltung. „Ich habe aber noch viele Zeitzeugen kennengelernt“, berichtet er über seine Einblicke in die dunkleren Phasen der deutschen Nordschleswiger zwischen 1933 und 1945.

 

In den Beständen des Archivs der deutschen Volksgruppe hat Frank Lubowitz wichtige Dokumente aus der in diesem Jahr 100-jährigen Geschichte der deutschen Minderheit sortiert und zugänglich verwahrt. Foto: Karin Riggelsen

 

Er berichtet, dass er während seiner Zeit in Apenrade aber auch viele Personen kennengelernt hat, die Schlüsse aus dieser Phase gezogen haben. „Drei Monate habe ich anfangs bei Rösi Hanss  zur Untermiete gewohnt. Als Tochter des früheren Büchereileiters hat sie mir ganz zu Anfang viele Einblicke in die Minderheit gegeben. Auch Ursula Berg, die mich seit ihrer Pensionierung zweimal pro Woche im Archiv ehrenamtlich unterstützt hat, lieferte mit hintergründigem Humor viele wertvolle Hintergrundinformationen“, erklärt Lubowitz einige seiner vielen Quellen. „Prägend war für mich in Apenrade auch der frühere BDN-Generalsekretär Peter Iver Johannsen“, unterstreicht er.

Enger Kontakt zu dänischen Kollegen

Ein wichtiger Teil seiner Tätigkeit in Apenrade war der Kontakt zu dänischen Kollegen wie Jørgen Kühl, Hans Schultz Hansen, Carsten Porskrog Rasmussen, Lars Henningsen und Henrik Skov Kristensen. „Wir haben viele Dinge gemeinsam gemacht. Die Grenzlandgeschichte ist in den vergangenen Jahrzehnten ein gemeinsames Projekt geworden“, beschreibt er die Entwicklung. Und er fügt hinzu: „In vielen Dingen sind wir uns einiger geworden. Die deutsche und dänische Sicht ergänzen sich, man ist vor allem viel offener geworden. Das gegenseitige Vertrauen kommt beispielsweise darin zum Ausdruck, dass er für dänische Kollegen Übersetzungen von Beiträgen ins Deutsche übernimmt.

„Ganz besonders gern blicke ich auf die Zusammenarbeit mit der verstorbenen Inge Adriansen zurück“, so Lubowitz, und berichtet über viele Übersetzungen ihrer Texte, die stets in einem eleganten Dänisch geschrieben waren. Die deutsch-dänischen Projekte wie Minderheitenleben, unter anderem mit dem früheren Museumsleiter Peter Dragsbo und Ruth Clausen, waren auch Ausdruck der engen Zusammenarbeit.

Netzwerk mit deutschen Einrichtungen

Rückblickend bezeichnet er die Vernetzung des Archivs/Forschungsstelle der deutschen Minderheit mit Einrichtungen in Deutschland und besonders Schleswig-Holstein als besonders wichtig, denn südlich der Grenze hätten immer weniger Menschen Kenntnisse und Wissen zum Thema deutsche Minderheit. Neben Vorträgen bei Einrichtungen wie dem Schleswig-Holsteinischen Heimatbund oder der Hermann-Ehlers-Gesellschaft in Schleswig-Holstein habe auch seine Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Landesgeschichte an der Universität Kiel, geleitet von Professor Oliver Auge, wichtige Kontakte der Minderheit gefördert. „Es gibt Nordschleswig noch, das muss man in Schleswig-Holstein immer mal wieder öffentlich laut sagen“, so Lubowitz über die Situation im benachbarten nördlichen Bundesland.

Auch Kritik erlebt

Im Zuge der Zusammenarbeit mit Kollegen hat der nordschleswigsche Archivar viele Beiträge in Buchveröffentlichungen beigesteuert. Lubowitz hat während der zurückliegenden Jahrzehnte auch mitunter Kritik einstecken müssen. „Als ich einen kritischen Aufsatz zur Aufstellung des Idstedt-Löwen veröffentlicht habe“, erinnert er sich und stellt fest: „Als Historiker muss man ab und zu mal Position beziehen.“ Und es gibt auch Sternstunden seiner Tätigkeit. „Die Wiederauffindung des Originals der Haderslebener Erklärung aus dem Jahre 1943 in  Unterlagen des Sohns von Pastor Friedrich Prahl“, über das wichtige Dokument, das, verfasst von einem Kreis Nazi-kritischer Nordschlesiger, den demokratischen Neuanfang der deutschen Nordschleswiger ab 1945 einläutete. Und er nennt noch ein Beispiel: „Die Arbeit des Autors Uwe Pörksen an seinem Buch „Riss durchs Festland‘, bei dem er bei mir im Archiv den Nachlass Pastor Prahls ausgewertet hat und ich auch mit intensiven Gesprächen den Entstehungsprozess eines erfolgreichen Romans miterleben durfte.“

 

Frank Lubowitz verlässt seinen Arbeitsplatz in Sonderburg schrittweise, bis die Nachfolge in der Leitung von Archiv und Forschungsstelle geklärt ist. Foto: Karin Riggelsen

 Zu seiner Zeit als Archivar und Forschungsstellenleiter musste er aber auch feststellen, dass nicht „jedes Angebot angenommen worden ist“. „Auf meine Umfrage unter Kriegsteilnehmern Mitte der 1990er Jahre hat es einen nur sehr geringen Rücklauf gegeben“, berichtet Lubowitz, was natürlich nur wenige neue Erkenntnisse ergeben konnte. Und noch etwas merkt er an: „Ich hätte mir mehr Zusammenarbeit mit den Schulen gewünscht.“ 

Moderner Knvisberg

Während seiner Tätigkeit war der Knivsberg öfters Gegenstand seines Einsatzes. „Ich konnte dort bei den Knivsbergfesten deutlich miterleben, wie sich die Minderheit modernisiert hat. Anfangs waren es Veranstaltungen mit Grußworten und Honorationen. Nun ist es ein Familien- und Sportfest.“ Er freut sich darüber, dass auf „historischer Basis“ die Faustballtradition im Jugendverband wiederbelebt wird. Und er sieht als Teil der gelungenen Modernisierung des Knivsbergs unter Bezug auf die Gechichte die Wiederherstellung des dortigen Langbehnhauses in seiner ursprünglichen Architektur.  

 

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