Brauerei Fuglsang

Die Gedanken sind frei: 100 Jahre Minderheit

Die Gedanken sind frei: 100 Jahre Minderheit

Die Gedanken sind frei: 100 Jahre Minderheit

Hadersleben/Haderslev
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Tischgespräche im Festsaal der Brauerei nach dem Vorbild der Gourmet-Novelle „Babettes Gastmahl“ Foto: Hans Christian Gabelgaard

100 Jahre nach der Volksabstimmung ist es Zeit für einen Rückblick vor historischer Kulisse. Im Festsaal der Brauerei Fuglsang parlierten zwölf geladene Gäste an einer opulent gedeckten Tafel. Lobende Worte fielen dort ebenso wie Kritik an einseitiger Darstellung der deutsch-dänischen Vergangenheit, betrachtet durch die Kopenhagener Brille.

Mit einer Neu-Interpretation von „Babettes Gastmahl“, die an verschiedenen Schauplätzen des Landes zu sehen ist, ziehen die Initiatoren Parallelen zu der wechselvollen Geschichte des deutsch-dänischen Grenzlandes, wo in diesem Jahr der 100. Jahrestag der Volksabstimmung und damit der Grenzziehung begangen wird.

Bittere Zeiten

In Hadersleben waren zum Auftakt dieser Form des interaktiven Wirklichkeitstheaters zwölf Gäste eingeladen worden, unter ihnen der ehemalige Hauptvorsitzende des Bundes Deutscher Nordschleswiger, Hans Heinrich Hansen, der ehemalige Chefredakteur des „Nordschleswigers“, Siegfried Matlok, Ex-Verteidigungsminister Carl Holst (Venstre) und Hausherr, Brauereidirektor Kim Fuglsang.

Hansen erinnerte sich bei Tisch an die „bittere Zeit“ nach 1945, die er auch als Kind zu spüren bekommen hatte: Musste er doch von der deutschen Kommunalschule an die dänische Schule wechseln, wenngleich nur vorübergehend. Dennoch habe die Nachkriegszeit einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen, wie Matlok von den Tischgesprächen berichtet.

Positives Fazit

Ein positives Fazit zog Hans Heinrich Hansen mit Blick auf die Minderheitenpolitik: Dies fuße heute auf gegenseitigem Verständnis. Er betonte, dass es in dieser Hinsicht in der Minderheitenpolitik in Europa noch einiges an Nachholbedarf gebe, ehe man auch nur ansatzweise das Niveau des vorbildlichen Miteinanders im deutsch-dänischen Grenzland erreiche.

Einseitige Darstellung

Carl Holst forderte dazu auf, nach vorn zu schauen und kritisierte zugleich die einseitige Darstellung historischer Ereignisse in Kopenhagen: Das deutsch-dänische Verhältnis sei nicht immer nur von Harmonie geprägt gewesen, sondern habe sich zuweilen schwierig gestaltet. Hürden mussten überwunden werden, erinnerte sich Holst unter anderem an seine Zeit als Nordschleswigs Amtsbürgermeister.

Auch Matlok äußerte sich kritisch mit Blick auf die Darstellung der historischen Ereignisse des vergangenen Jahrhunderts aus Kopenhagener Sicht und erinnerte an die Emotionen der deutsch gesinnten Nordschleswiger nach der Volksabstimmung: „Das waren Gefühle, die lassen sich nicht einfach auslöschen.“

Ein einziger Wunsch

Hausherr Fuglsang erinnerte sich an seine Konfirmation: Sein Großvater habe damals die Festrede gehalten, ebenfalls im Festsaal der Brauerei. Darin habe dieser einen einzigen Wunsch für die Zukunft seines Enkels geäußert: „Nie wieder Krieg!“
„Babettes Gastmahl“ endete mit einem Lied, das sich Kim Fuglsang gewünscht hatte – und mit einem Tanz um die Festtafel: „Die Gedanken sind frei.“  

 

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