Ernährung

Dänische Fleisch-Lust ist in den Supermärkten spürbar

Dänische Fleisch-Lust ist in den Supermärkten spürbar

Dänische Fleisch-Lust ist in den Supermärkten spürbar

Hadersleben/Haderslev
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Beim wöchentlichen Einkauf findet man bei vielen Däninnen und Dänen Fleisch oder Fisch im Korb. Foto: dpa

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Pflanzliche Ernährung liegt im Trend. Schließlich hat sie viele Vorteile für Gesundheit, Klimaschutz und Tierwohl. Im Vergleich zu Deutschland wirkt das Angebot in den dänischen Supermärkten und Cafés noch spärlich. Ein Blick in die Kühlregale in Hadersleben bestätigt den Eindruck.

Vegane Salami aus Weizenkleie, veganer Lachs aus Möhren, pflanzlicher Weihnachtsbraten aus Erbsen und sogar veganen Thunfisch im Glas gibts im Supermarkt. Nicht im dänischen, sondern im deutschen. 

Die Regale in den Discountern und Supermärkten südlich der Grenze sind rappelvoll mit altbekannten und neuen Variationen von Ersatzprodukten. 

Und weder Herstellerinnen und Hersteller noch Verbraucherinnen und Verbraucher scheinen gesättigt zu sein. Im Januar zelebrierte man in Deutschland die pflanzliche Ernährung mit dem „Veganuary“: Einen ganzen Monat verwöhnten Einzelhandel und Gastronomie die pflanzlich essende Kundschaft und animierten auch Veggieschnitzel-Kritikerinnen und -Kritiker zum Biss in die „Vurst“.

Und während es die vegane Currywurst nun ins Dauersortiment der Deutschen Bahn schafft, haben die dänischen Märkte noch Nachholbedarf. Aber warum eigentlich? 

In Deutschland sind große Theken voller Veggie-Lebensmittel keine Seltenheit mehr. Foto: Amanda Klara Stephany

Dänemark ist grün, aber noch nicht ganz pflanzlich 

Dass das Angebot ein Land-Stadt-Gefälle hat, ist eine Sache. Doch im direkten Vergleich liegt das Angebot in Dänemark auch eindeutig hinter dem in Deutschland.

Dabei sprechen die Zahlen eigentlich für ein pflanzliches Dänemark: In einer Analyse von Coop und DVF im Jahr 2022 fand man heraus, dass 3 Prozent der Däninnen und Dänen, also etwa 180.000 Menschen, vegetarisch leben. Darunter auch einige vegan. Zu Letzteren gebe es aber keine Studienlage. Der Unterschied der beiden Gruppierungen: Während vegetarisch bedeutet, dass man „nur“ kein Fisch und Fleisch konsumiert, verzichten vegan lebende Menschen völlig auf tierische Produkte. Innerhalb dieser Gruppierungen gibt es auch noch Menschen, die sich „pflanzlich ernähren“ und „vegan leben“, Letztere verzichten dann auch auf Wolle, Leder und Co. 

Die vegane Ernährungsweise ist also nicht erfasst in Dänemark, doch die Analyse von Coop und DVF kam zu dem Ergebnis: „Ausgehend von den Erkenntnissen der oben genannten Erhebungen sowie von internen Umfragen unter Vegetarierinnen und Vegetariern und Veganerinnen und Veganern in Dänemark und dem Verhältnis zwischen Vegetarierinnen und Vegetariern und Veganerinnen und Veganern zum Beispiel in Deutschland schätzt der dänische Vegetarierverband, dass sich etwa 25 Prozent der Vegetarierinnen und Vegetarier ausschließlich vegan ernähren – das sind etwa 45.000 Däninnen und Dänen.“

Augenfällig: Es ernähren sich mehr Frauen als Männer pflanzlich. Dieses Geschlechtergefälle minimiert sich zwar von Jahr zu Jahr, dennoch sollen es dem dänischen Vegetarierverbund nach immer noch 70 Prozent Frauen sein.

Auch interessant: Um die 30 Prozent der Vegetarierinnen und Vegetarier sind junge Menschen zwischen 18 und 34 Jahren. 
 

Die Auswahl an verschiedenen Fleischsorten ist nach wie vor riesig. In Dänemark und Deutschland. Foto: dpa

Und wie sieht es nun in Hadersleben aus?

Die Zahlen beweisen, „Veggie-Sein“ ist nicht mehr nur eine „Nischen-Diät“, sondern für viele Däninnen und Dänen alltägliche Realität. 

Und das spiegelt sich auch in den Kühlregalen wider. Zur Weihnachtszeit findet jede und jeder im Haderslebener Supermarkt „Meny“ traditionelle „Æbleskiver“ ohne Ei im Tiefkühlregal, und auf Hot-Dog-Würstchen muss man auch nicht verzichten. 

Doch wenn man einen Supermarkt betritt und vor den Regalen innehält, ist die Auswahl im Vergleich zu den endlos erscheinenden Fleisch- und Käsetheken doch gering. Diesen „Selbstversuch“ kann jeder machen, noch spannender ist es, wenn man den Vergleich zu Deutschland zieht.

Bei seiner Recherche zum Weihnachtsessen in Nordschleswig ist auch der stellvertretende Chefredakteur Cornelius von Tiedemann auf die Fleisch-Lust der Menschen in Dänemark gestoßen. Dabei fand er heraus, dass es überwiegend an den „Geschmackstraditionen“ liege – eine Mahlzeit sei erst eine Mahlzeit, wenn auch Fleisch drin ist. Eine Argumentation, die sich oft in Bezug auf pflanzliche Ernährung wiederholt. Sind die Menschen in Dänemark einfach stärker an ihre Traditionsgerichte gebunden? Ein anderes Problem könnte auch die Zutatenliste bei veganen und vegetarischen Produkten sein. Diese ist oft auf dem ersten Blick abschreckend. Da hilft manchmal nur eine kurze Recherche: Häufig handelt es sich dabei nämlich um verschiedene Zusammensetzungen und Mixturen von pflanzlichen Lebensmitteln und nicht um kuriose Laborexperimente. 

Deutschland darf prahlen – ein bisschen zumindest 

Von Hadersleben aus sind es 60 Kilometer nach Flensburg (Flensborg). Für Veganerinnen und Veganer kann ein Besuch der Hafenstadt sehr verführerisch sein, auch wenn man sich dann über die ausgestoßenen Emissionen streiten könnte. Doch das Angebot südlich der Grenze ist groß. Das liegt auch an den vielen vegetarisch lebenden Menschen in Deutschland.

Bereits 2016 sprach das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin von einer Prozentzahl von 4,3. Im Jahr 2021 ernährten sich laut dem deutschen Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 10 Prozent der deutschen Bevölkerung ab 14 Jahren vegetarisch und 2 Prozent vegan. 

Ein deutlicher Vorsprung zu den 3 Prozent in Dänemark. Das spiegelt sich auch im Einzelhandel und der Gastronomie wider. Es gibt wohl kaum etwas, das nicht auch pflanzlich zu haben ist.

Wichtig dabei, dass eine ausgewogene Ernährung, egal ob pflanzlich oder Omnivore, auch aus anderen Lebensmitteln besteht als nur aus Ersatzprodukten oder Fleisch und Fisch. Obst und Gemüse, wie auch Hülsenfrüchte sind in Hülle und Fülle in den Regalen zu finden. Auf deutscher und dänischer Seite.

 

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