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„Der Preis für zwei fürchterliche Jahre“

Der Preis für zwei fürchterliche Jahre

Der Preis für zwei fürchterliche Jahre

Hadersleben/Haderslev
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Die Sønderjyske-Fußballer haben eine enttäuschende Hinrunde hinter sich. Foto: Kent Rasmussen/Gonzales Photo/Ritzau Scanpix

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Sønderjyske hat im ersten Halbjahr in der Zweitklassigkeit auf ganzer Linie enttäuscht. Henrik Hansen musste gehen, doch viele andere tragen auch die Verantwortung für die schlechteste Platzierung seit 15 Jahren. Ein Kommentar von Sportredakteur Jens Kragh Iversen.

Die Fußballer von Sønderjyske stehen sportlich so schlecht da wie seit 15 Jahren nicht mehr. Der Superliga-Absteiger ist als Tabellensechster der 1. Division in die Winterpause gegangen, die Nummer 18 in Dänemark. 

Schlechter waren sie zuletzt im Mai 2007, als sie nach dem 24. Spieltag der 1. Division auf Platz sieben der Tabelle abgerutscht waren. Trainer war Carsten Broe, der ein Jahr später den Aufstieg in die Superliga feierte, wo Sønderjyske 14 Jahre blieb.

Keine glückliche Hand

8 Siege, 3 Unentschieden, 6 Niederlagen. 27 Punkte aus 17 Spielen. 6 Punkte Rückstand auf den zweiten Aufstiegsplatz. Das sind die nackten Zahlen, aber auch der optische Eindruck ist nicht überzeugend gewesen.

Es wäre zu einfach, nur einen Sündenbock für die enttäuschende Hinrunde auszumachen. Alle tragen hier eine Verantwortung, nicht nur Henrik Hansen, der gehen musste. 

 

Henrik Hansen musste gehen. Das war die dritte Trainerentlassung innerhalb von anderthalb Jahren. Foto: Claus Fisker/Ritzau Scanpix

Die Spieler sind klar hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Bis auf Emil Frederiksen findet man nur schwer einen Spieler, der eine gute Hinrunde hingelegt hat. 

Sportdirektor Esben Hansen hatte keine glückliche Hand bei den Neuverpflichtungen im Sommer. Auf unterschiedlichem Niveau haben die meisten der 14 Neuen enttäuscht. Es ist keine echte Verstärkung auszumachen.

Nebengeräusche

Und Henrik Hansen ist es in seinem ersten Cheftrainerjob nicht gelungen, in unruhigen Gewässern zu navigieren. Er und auch der Spielerkader zahlen den Preis für die Unruhe in den Kulissen der vergangenen zwei Jahre. Zwei fürchterliche Jahre.

Die neuen Eigentümer und die Vereinsführung befinden sich noch mitten in den Reparaturarbeiten am einst so soliden Fundament, das die Amerikaner innerhalb von weniger als zwei Jahren zerstört haben.

Nishant Tella, Andrew Ramsey und Klaus Rasmussen (alle hinten) sind nicht mehr bei Sønderjyske Fodbold. Foto: Karin Riggelsen

Eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse in den Kulissen der vergangenen zwei Jahre ist an dieser Stelle angebracht. So kurz es bei diesem Umfang geht.

* 3 Cheftrainer sind innerhalb von 18 Monaten entlassen worden: Glen Riddersholm, Michael Boris, Henrik Hansen.

* Co-Trainer Niels Lodberg ist zweimal gegangen, einmal aus Protest, das zweite Mal unfreiwillig.

* 2 Direktoren sind weg. Der eine (Klaus Rasmussen) freiwilliger als der andere (Jonas Lygaard).

* Nach dem Abgang von Hans Jørgen Haysen sind in der sportlichen Leitung Andrew Ramsey und Joe Manns entlassen worden.

* Teammanager Casper Daather ist erst gefeuert und kurze Zeit später nach Protesten aus dem Trainerstab und Spielerkader wieder eingestellt worden.

* Im Gesundheits- und übrigen Mitarbeiterstab hat es zahlreiche Veränderungen gegeben.

* Søren Davidsen hat Gynther Kohls als Vorstandsvorsitzenden abgelöst, weitere Vorstandsmitglieder sind neu. Ausgeschieden ist dagegen Nishant Tella, die rechte Hand von Platek und zeitweise der reelle Machthaber bei Sønderjyske.

* Sønderjyske hat den Besitzer gewechselt, und Platek hat ein finanzielles Loch hinterlassen, das so groß war, dass nach einem Defizit von 31 Millionen Kronen im vergangenen Haushaltsjahr die Liquidität fehlte, es unsicher war, ob die Spielergehälter hätten gezahlt werden können und die Fernsehgelder beliehen werden mussten.

Die Nebengeräusche sind einfach zu viele gewesen, darunter hat auch der Spielerkader gelitten. Und die Spieler sind in diesem Rahmen nicht in der Lage gewesen, ihr Potenzial auszuschöpfen.

 

Viel Frust gab es bei José Gallegos und Sønderjyske. Foto: Karin Riggelsen

Die Mannschaft hat sich bei der Umstellung schwergetan, das Spiel selbst machen zu müssen, und sie hat sich als zerbrechlich erwiesen, als nach einem guten Saisonstart mit vier Siegen aus vier Spielen der Gegenwind plötzlich ins Gesicht stand. Damit konnte sie nicht umgehen, auch nicht mit dem Druck, aufsteigen zu müssen.

Es hat in einem gewissen Umfang die Energie und Leidenschaft gefehlt, die frühere Sønderjyske-Mannschaften gekennzeichnet haben. Von außen betrachtet hat es in der Mannschaft auch in Sachen Hierarchie nicht gestimmt.

Erfahrene Spieler wie Marc Dal Hende, Mads Albæk und Emil Berggreen müssten unter normalen Umständen ganz oben angesiedelt sein. Berggreen ist, wie befürchtet, zu oft ausgefallen. Albæk und Dal Hende wollte der Verein im Sommertransferfenster mehr oder weniger unsanft loswerden.

Startelf der Pokalsieger-Mannschaft weg

Als diese Abschiebung nicht gelang, wurde von der Vereinsführung erwartet, dass sie die Mannschaft wieder führen. Doch wie viel Herzblut kann man von Mitarbeitern verlangen, die zu wissen bekommen, dass sie aus dem einen oder anderen Grund unerwünscht sind?

Albæk hat klar gesagt, dass er keine Zukunft mehr bei Sønderjyske sieht. Wenn er spätestens bei Vertragsende im Sommer den Verein verlässt, ist keiner aus der Startelf der Pokalsieger-Mannschaft mehr da. Der Pokalsieg ist nicht einmal zweieinhalb Jahre her.

 

Mads Albæk ist der letzte Spieler aus der Startelf der Pokalsieger-Mannschaft, der noch bei Sønderjyske im Kader steht. Foto: Karin Riggelsen

Sønderjyske muss einen steilen Anstieg erklimmen, um sportlich wieder erstklassig zu werden. Der Zug ist noch nicht abgefahren. Es sind „nur“ sechs Punkte Rückstand auf den zweiten Aufstiegsplatz. Der neue Trainer muss aber der richtige sein, er hat in der langen Winterpause die nötige Zeit, um eine Mannschaft zu formen, die noch auf den Aufstiegszug springen kann.

David Nielsen winkte frühzeitig ab, auch Lars Friis hat abgesagt. Andere Kandidaten stehen woanders unter Vertrag. Christian Lønstrup (Hillerød) und nicht zuletzt Morten Eskesen (Helsingør) genießen in der Branche einen guten Ruf.

Viele Sønderjyske-Fans träumen sich allerdings in den Spätsommer 2016 zurück, als der damalige Vizemeister unter Sportchef Hans Jørgen Haysen und Trainer Jakob Michelsen auf dem Sprung in die Gruppenphase der Europa League stand. 

 

Ein Foto aus besseren Tagen: Jakob Michelsen in Prag Foto: DN

Jakob Michelsen, der noch ein weiteres Jahr bei HamKam in Norwegen unter Vertrag steht, ist für viele der Wunschkandidat. Der Tonderaner verhandelte vor einem Jahr mit Sønderjyske um eine Rückkehr, doch es konnte keine Absprache erzielt werden. Ob sich Jakob Michelsen und Esben Hansen wieder finden, ist zweifelhaft.

Sønderjyske muss sich aber bald wieder finden, sonst platzen alle Träume von der Superliga oder gar mehr. 

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