Wissenschaft

Hohe Auszeichnung für Henrik Skov Kristensen

Hohe Auszeichnung für Henrik Skov Kristensen

Hohe Auszeichnung für Henrik Skov Kristensen

Walter Turnowsky und Volker Heesch
Nordschleswig/Kopenhagen
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Henrik Skov Kristensen, auf dem Foto im Museum Frøslevlejren, wird für seine Arbeit ausgezeichnet. Foto: Karin Riggelsen

Der Leiter des Frøslev-Museums, Henrik Skov Kristensen, erhält den Forschungspreis des Kulturministeriums für seine Arbeit über die Besatzungszeit und die Kollaboration der deutschen Nordschleswiger in den Jahren 1940 bis 1945. Der durch seine Werke „Straffelejren" und „Gerningsmænd eller Ofre" bekannte Historiker erhält Julius-Bomholt-Preis 2020.

Das Kulturministerium hat dem Leiter des Frøslev-Museums, Henrik Skov Kristensen, den diesjährigen Julius-Bomholt-Preis verliehen. Der Historiker, der im vergangenen Jahr für seine Forschungsarbeit zur Besatzungszeit 1940 bis 1945, die dänische Kollaboration und vor allem die Verstrickung der deutschen Minderheit in Nordschleswig ins Nazi-Besatzungsregime den Doktrtitel erworben hat, äußerte sich gegenüber dem „Nordschleswiger" sehr erfreut über die bedeutende Auszeichnung. „Ich wusste schon seit einiger Zeit, dass ich den Preis bekomme", verriet er. Er erhält nach Angaben von Kulturministerin Joy Mogensen (Sozialdemokraten) die Auszeichnung für seine Forschung zur deutschen Minderheit in Nordschleswig nach 1920. 

„Durch seine langjährigen Erfahrungen mit tiefgreifenden Untersuchungen der deutschen Minderheit konnte er Themen wie Erinnerung, Schuld und das Gefühl der Ungerechtigkeit beleuchten. Henrik Skov Kristensen verdient große Anerkennung dafür, dass er uns neue und einzigartige Erkenntnisse über die komplizierte Geschichte des Grenzlandes vermittelt hat“, sagt Kulturministerin Joy Mogensen  laut einer Pressemitteilung. „Ich habe allerdings auch die Besatzungszeit in Nordschleswig und die dänische Kollaboration insgesamt, von der die der deutschen Minderheit ein Teil war, erforscht“, so Skov Kristensen, der während der vergangenen Jahre viele Vorträge bei Veranstaltungen der deutschen Minderheit in Nordschleswig gehalten hat.

In seiner Zeit als Leiter des „Frøslevlejrens Museum", das Teil des dänischen Nationalmuseums ist, hat Skov Kristensen die dortige Ausstellung um eine Abteilung ergänzt, die an die Nutzung des „Fröslevlagers“ als Internierungslager- und Straflager für Kriegsverbrecher, Kollaborateure und Mitglieder der deutschen Minderheit erinnert, die im Rahmen der juristischen Aufarbeitung von Aktivitäten der Volksgruppe verurteilt worden sind. Das Lager war 1944 auf Initiative der deutschen Besatzungmacht errichtet worden. Dort wurden bis zur Befreiung Dänemarks am 5. Mai 1945 dänische Widerstandskämpfer, dänische Polizisten und Grenzgendarmen gefangen gehalten. Ein Teil von ihnen wurde von Fröslee in deutschen KZ verschleppt, viele von diesen starben dort. 

 „Ich habe auch Informationen von Zeitzeugen aus der Minderheit erhalten. In den vergangenen Jahren habe ich überwiegend positive Reaktionen aus dem Kreis der Minderheit bekommen, einige wenige haben mich ausgeschimpft", berichtet der Historiker, dessen Buchveröffentlichung „Straffelejren – Fårhus, landsvigerne og retsopgøret" im Jahre 2011 entscheidende neue Impulse zu einer selbstkritischen Betrachtung der eigenen Vergangenheit der deutschen Nordschleswiger gegeben hat.

„Viele jüngere Mitglieder der Minderheit haben sich mir gegenüber dankbar geäußert, dass sie durch das Buch Einblick in die Zeit vor und nach 1945 bekommen haben", berichtet Skov Kristensen und fügt hinzu: „Viele berichteten, dass ihre Anghörigen nur erzählt hatten, dass sie in Fårhus gesessen hatten, weil sie Deutsche waren." Ihm sei es darum gegangen zu vermitteln, dass die Rechtsabrechnung ab 1945 nach rechtsstaatlichen Prinzipien abgelaufen ist, die deutschen Nordschleswiger nicht anders behandelt wurden als andere Kollaborateure.   

Skov Kristensen hat zuletzt 2019 das Buch „Gerningsmænd eller ofre“ herausgegeben. Hier vergleicht er die Erinnerungen in Deutschland mit den Erinnerungen in der Minderheit.

„Die Minderheit und die Bundesrepublik wiesen am Anfang die Schuld einem kleinen Kreis leitender Persönlichkeiten zu. Aber anders als in Deutschland hat man sich in der Minderheit über die Jahre hinweg als Opfer gesehen. Erst als in Deutschland um die Jahrtausendwende der Diskurs durch eine Opfernarrative geprägt wurde, hat man nach und nach in der Minderheit die Auffassung gehabt, dass es auch Täter in der Volksgruppe gab“, sagte Skov Kristensen beim Erscheinen des Buches.

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