Schengen-Regeln

Debatte im Folketing: Grenzen sollen geschlossen werden können

Debatte im Folketing: Grenzen sollen geschlossen werden können

Regierung: Grenzen sollen geschlossen werden können

Kopenhagen
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Die geflüchteten Menschen, die 2015 die E45 entlangliefen, wurden wiederholt in der Debatte über die Grenzkontrollen erwähnt. Foto: Claus Fisker/Ritzau Scanpix

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Die Dänische Volkspartei hat mit einer Großen Anfrage (forespørgsel) zu permanenten Grenzkontrollen eine fast zwei Stunden lange Debatte im Folketing angeregt. Die von der Regierung angekündigte Änderungen waren dabei ein zentrales Thema. Sie ist jedoch bereit, die Grenze zu schließen, sollte erneut eine Flüchtlingskrise entstehen.

„Nie wieder 2015.“ So lautete es wiederholt am Dienstag bei einer Debatte im Folketing.

Gemeint ist die Situation, als geflüchtete Menschen aus Syrien die Autobahn von Pattburg (Padborg) entlangliefen.

„Für mich stehen diese Wochen als die verantwortungslosesten in der jüngeren europäischen Geschichte. Menschen, die nie hätten hereingelassen werden sollen, kamen rein – ohne Kontrollen. Behörden, Politikerinnen und Politiker sowie Institutionen, die geschaffen worden sind, um die Bürgerinnen und Bürger zu schützen, versagten kollektiv auf dem ganzen europäischen Kontinent“, sagte der Haderslebener Abgeordnete der Dänischen Volkspartei (DF), Peter Kofod, vom Rednerpult aus.

Justizminister will Schengen-Regeln befolgen

Als Reaktion auf die Flüchtlingskrise führte die damalige Venstre-Regierung von Lars Løkke Rasmussen Anfang 2016 die temporären Kontrollen an der deutsch-dänischen Grenze ein. Seither haben wechselnde Regierungen die Kontrollen regelmäßig verlängert. Und genau darum ging es in der von DF initiierten Debatte. Die rechte Partei wollte von der Regierung wissen, wie sie zu permanenten Grenzkontrollen steht.

„Die Regierung unterstützt Dänemarks Teilnahme an der Schengen-Zusammenarbeit, weil es Dänemark nützt, dabei zu sein. Außerdem ist die Einstellung der Regierung, dass Dänemark seinen internationalen Verpflichtungen nachkommen soll, und das gilt auch in Bezug auf die Schengen-Regeln. Und es ist nicht möglich, innerhalb dieser Regeln eine permanente Grenzkontrolle einzuführen“, so Justizminister Peter Hummelgaard (Soz.).

Das Gespenst von 2015 wurde beschworen

Die Flüchtlingssituation 2015 und 2016 wurde bereits 30 Minuten zuvor in der Fragestunde mit Staatsministerin Mette Frederiksen (Soz.) angeschnitten. Die Regierung hatte am 14. April angekündigt, dass die Polizei weniger direkt an der Grenze kontrollieren soll, dafür mehr Ressourcen für Hinterlandkontrollen, Nummernschildscanner und Drohnen verwenden einsetzen.

Angesichts dieser Entscheidung wollte die Vorsitzende der Neuen Bürgerlichen, Pernille Vermund wissen, ob die Staatsministerin bereit sei, „Dänemark gegen eine neue Migrantenkrise zu verteidigen“.

„Wir müssen, sollte ein Druck auf unsere Grenze kommen, auf diese Situation reagieren, und dazu gibt es eine Zusage dieser Regierung. Das ist das eine; das andere ist, dass Europas Außengrenzen verstärkt werden müssen“, so die Antwort der Staatsministerin.

Regierung ermöglicht schnelle Grenzschließung

Während der Debatte zur DF-Anfrage betont Justizminister Hummelgaard, man habe die Grenzkontrollen nicht gelockert, sondern umgestaltet.

„Die Regierung und die Behörden verfolgen die Situation genau, und die Regierung ist auch bereit, die Kontrollen zeitnah wieder zu verstärken, sollte dies notwendig sein“, meinte er.

Die drei rechten Parteien, Neue Bürgerliche, Dänische Volkspartei und Dänemarkdemokraten, wiesen wiederholt darauf hin, dass der Zustrom von Migrantinnen und Migranten aus Nordafrika nach Italien derzeit so hoch sei wie nie. Sie fragten, wie die Regierung reagieren würde, sollte diese Menschen in großer Zahl an der deutsch-dänischen Grenze auftauchen.

„Sollte eine Situation wie 2015 entstehen, müssen wir eine Möglichkeit haben, die Grenzen innerhalb kürzester Zeit zu schließen und eine durchgängige Grenzkontrolle einzuführen“, antwortete der Justizsprecher der sozialdemokratischen Regierungspartei, Bjørn Brandenborg.

Neue Bürgerliche fragen nach Stacheldraht

Er versicherte, dass Mette Frederiksen die Lage genau verfolgen würde: „Die Staatsministerin hat deutlich gesagt, dass sich eine Situation, wo Geflüchtete über die Grenze strömen, solange sie am Ruder sitzt, nicht wiederholen wird.“

Die Vorsitzende der Neuen Bürgerlichen welche konkreten Maßnahmen die Regierung ergreifen würde, sollte eine größere Anzahl von Migrantinnen und Migranten sich der dänischen Grenze nähern.

„Will man Stacheldraht ausrollen? Will man das Militär an die Grenze schicken? Ist es die Polizei, und ist sie bewaffnet? Was gedenkt die Regierung zu tun?“, so ihre Frage an den sozialdemokratischen Sprecher.

„Wir achten genau darauf, dass wir nie wieder in eine Situation wie 2015 kommen. Das hat die Staatsministerin in ihrer vorigen Regierungsperiode versichert, und das hat sie in dieser wiederholt“, so Brandenborgs Antwort.

Antrag zu schneller Schließung

Auch der Justizsprecher des Koalitionspartners Venstre, Preben Bang Henriksen, betonte, „ein Szenarium wie 2015 muss um alle Welt vermieden werden. Daher ist es Bestandteil des Vorschlages der Regierung, dass die dänische Grenze innerhalb von wenigen Stunden teilweise ganz geschlossen werden kann, sollte dies notwendig werden.“

Die drei Regierungsparteien haben gemeinsam mit der Liberalen Allianz einen Antrag eingebracht, nachdem eine solche schnelle Grenzschließung bei ernster Kriminalität oder anderen ernsten Ereignissen möglich sein soll.

Peter Kofod am Rednerpult – Justizminister Peter Hummelgaard (rechts im Saal) hört zu. Foto: Walter Turnowsky

Recht auf Asylantrag

Peter Kofod wollte vom Justizminister wissen, wie sich die Regierung auf diese Situation vorbereitet hat, sollte die Situation „in diesem Sommer“ eintreten.

„Hat man dieses Set-up geübt, hat man Zäune eingekauft, hat man sichergestellt, dass Personal vorhanden ist?“, wollte er wissen.

„Mit der Kapazität, über die wir verfügen, haben wir die Möglichkeit, die Grenze dichtzumachen“, antwortete Hummelgaard.

Die Sprecherin von Radikale Venstre, Zenia Stampe, wies darauf hin, dass die Grenzkontrollen keinen Einfluss auf die Anzahl der Asylbewerberinnen und -bewerber habe.

„Gelangen Geflüchtete zur dänischen Grenze, ohne in einem anderen Schengen-Land um Asyl gebeten zu haben, können sie einen Asylantrag stellen und habe ein Anrecht darauf, dass er bearbeitet wird“, warf sie in die Debatte ein.

Pendlerregelung ungewiss

Die Sprecherin der Sozialistischen Volkspartei, Karina Lorentzen Dehnhardt, interessiert sich vor allem dafür, wie die Lockerungen für die Grenzpendlerinnen und -pendler aussehen würde. Die 12.000 Menschen, die täglich von Deutschland nach Dänemark pendeln, seien vor allem auch für den Gesundheits- und Pflegesektor in Nordschleswig ganz entscheidend.

„Wir wünschen weitere Spuren bei allen drei Übergängen mit permanenter Einreisekontrolle und eine Schnellspur für Pendelnde“, betonte sie.

Hummelgaard verwies darauf, dass am Kontrollposten in Fröslee (Frøslev) eine weitere Spur gebaut werden soll, wollte jedoch weder Pendlerspuren in Krusau (Kruså) und Pattburg (Padborg) noch eine Fast-Track-Regelung versprechen.

Das Folketing soll am Donnerstag über vier Anträge im Anschluss an die Debatte abstimmen.

Man kann die Diskussion in einem Video des Folketings sehen. Sie beginnt nach 1:06 Stunden.

 

 

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Leserinnenbeitrag

Gudrun Struve
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