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Grenzpendler haben die Impfwahl

Grenzpendler haben die Impfwahl

Grenzpendler haben die Impfwahl

Kopenhagen/Bonn/Apenrade
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Covid-19: Deutsche Grenzpendler können sich auch in Dänemark impfen lassen, nur muss dies nicht unbedingt sinnvoll sein. Foto: Henning Bagger/Ritzau Scanpix

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Deutsche Grenzpendler, die in Dänemark arbeiten und in Deutschland wohnen, können sich in beiden Ländern gegen Covid-19 impfen lassen. Warum es aber trotz zügigerem Impffortschritt in Dänemark sinnvoll sein könnte, sich in Deutschland impfen zu lassen, hat „Der Nordschleswiger“ recherchiert.

Im Königreich soll das Impfprogramm gegen die Krankheit Covid-19, ausgelöst durch das Coronavirus, bereits im Juli abgeschlossen sein, in Deutschland wird es sich wohl bis in den Herbst hinziehen, bevor alle, die sich impfen lassen wollen, auch geimpft sind. Wie „Der Nordschleswiger“ berichtete, sollen einige dänische Staatsbürger südlich der Grenze bereits neidische Blicke in ihr Heimatland geworfen haben.

Und in der Tat: Nach Zahlen der Seite „Our World in Data“ liegt Dänemark beim Impfen weiterhin vorn.

Grenzpendler, die in Deutschland wohnen und in Dänemark arbeiten, können nach Stand der Dinge wählen, wo sie sich impfen lassen. Sie sind in Dänemark krankenversichert (und bezahlen dort ihre Steuern). In diesem Fall bleibt ihre deutsche Krankenversicherung erhalten. In Deutschland anfallende Behandlungskosten rechnet die deutsche gesetzliche Krankenkasse über die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA) in Bonn mit der dänischen Krankenversicherung ab.

 

Peter Hansen vom Regionskontor in Pattburg (Padborg) erwartet, dass deutsche Grenzpendler in Dänemark geimpft werden können und beruft sich auf eine Antwort aus der Gesundheitsbehörde, die ihm eine Grenzlandbewohnerin geschickt hat. Man müsse allerdings auch klären, ob das Impfen an sich eine medizinische Sachleistung ist, die die Krankenversicherten im Land in Anspruch nehmen können, oder ob es eine Sonderleistung ist, die der Staat seinen Bürgern schenkt.

Gesundheitsministerium: Deutsche Grenzpendler können sich in Dänemark impfen lassen

Abseits der Frage, ob das Impfen eine Sonderleistung  oder eine „normale" Krankenkassenleistung ist, bestätigt das dänische Gesundheitsministerium  die Erwartung Hansens. Auf Anfrage schreibt das Ministerium dem „Nordschleswiger“: „Dänemark bietet allen Personen, für die der Impfstoff zugelassen ist, eine kostenlose Impfung gegen Covid-19 an. Dies gilt für alle Personen, die einen ständigen Wohnsitz in Dänemark haben oder Anspruch auf Impfleistungen gemäß EU-Recht oder internationalem Abkommen haben, einschließlich Personen, die aus einem EU-/EWR-Land zur Arbeit nach Dänemark fahren.“

Darüber hinaus habe das Gesundheitsministerium einen Gesetzesentwurf vorgelegt, um sicherzustellen, dass bestimmte andere Personen ohne ständigen Wohnsitz in Dänemark oder gemäß den geltenden Vorschriften für Impfleistungen ebenfalls Zugang zu einer Impfung gegen Covid-19 erhalten, schreibt das Ministerium weiter. Nach dessen Angabe können dies bestimmte Diplomaten sein sowie Personen von den Färöern und Grönland, Obdachlose, bestimmte Migranten und andere, die während eines vorübergehenden Aufenthalts keinen Zugang zu Impfungen gemäß anderen Gesetzen haben.

Region bestätigt

Auch die Region Süddänemark bestätigt, dass deutsche Grenzpendler sich in Dänemark impfen lassen können, da sie in Dänemark krankenversichert und der Impfbekanntmachung zufolge berechtigt sind, ein Impfangebot zu erhalten. Wie die Grenzpendler in die Impfschlange eingereiht werden können, dafür gebe es rein praktisch noch keine Lösung, so die Region. Hier warte man noch auf eine entsprechende Aussage aus dem Gesundheitsministerium. Eine Antwort des Ministeriums an den „Nordschleswiger" zu diesem Thema steht noch aus.

Kiel hat nichts einzuwenden

„Wenn der Vorschlag vom Folketing verabschiedet wird, tritt das Gesetz am 1. März 2021 in Kraft“, so das Ministerium.

Für das Gesundheitsministerium in Kiel spricht nichts dagegen, wenn Grenzpendler sich in Dänemark impfen lassen, sollte dazu dort die Möglichkeit bestehen.

Aber: Impfen in Dänemark vermutlich nicht für alle Grenzpendler sinnvoll

Allerdings: Chronisch kranke deutsche Grenzpendler können nicht erwarten, in der Reihenfolge auch in Dänemark vorzurücken, wenn sie grundsätzlich in Deutschland zum Arzt gehen. Bernd Christl von der Nationalen Kontaktstelle in der DVKA sagt: „Es werden nur wenige Daten nach Dänemark übermittelt. Es geht allein um die Kostenabrechnung. Informationen über Details der ärztlichen Behandlung werden nicht weitergegeben.“ Direkt vor einer Impfung wird zwar in einem Gespräch der Gesundheitszustand abgefragt, was aber auf den Zeitpunkt des Impfangebots keinen Einfluss hat. Anders sehe es aus, wenn  deutsche Grenzpendler in Dänemark Arzttermine wahrnehmen. Dann seien diese Besuche im digitalen Krankenjournal vermerkt. Ein solches digitales Krankenjournal gibt es in Deutschland noch nicht.

Es werden also keine Diagnosen weitergegeben, nur Leistungen, die die dänische Krankenkasse bezahlt. Dies wird auch in einem Gespräch mit der AOK Nordwest deutlich. Dem dänischen Versicherer werde sich kein genaues Bild vom Gesundheitszustand darstellen, so die Schlussfolgerung der AOK.

Die Region Süddänemark bestätigt, dass sie keinen Zugang zu Gesundheitsdaten von Personen aus Risikogruppen hat, die nicht in Dänemark behandelt werden.

Somit wird vermutlich nicht jeder deutsche Grenzpendler, der in Dänemark seiner Arbeit nachgeht, darauf bauen können, dort schneller einen Impftermin zu erhalten als in Deutschland.

Kürzlich forderten der Regionalverband Danske Regioner und die Ärzteorganisation Praktiserende Lægers Organisation (PLO), die Impfreihenfolge zu vereinfachen. Beide Verbände sind der Meinung, dass die Impfstoffe künftig lediglich nach Alter verteilt werden sollen. Sollte dieser Vorschlag Realität werden, scheint es schlüssig, dass dies auch Auswirkungen auf die Grenzpendler haben könnte.

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