Die Weihnachtshilfe-Organisationen (Julehjælpsorganisationer) verzeichnen derzeit eine Rekordzahl von Anträgen auf Hilfe für Geschenke, Essen und Hygge zu Weihnachten. 

Jährlich sammelt unter anderem Mødrehjælpen Geld für die Weihnachtshilfe (julehjælp). In diesem Jahr haben sich mehr als 24.000 Menschen an die Organisation gewandt. Nach Angaben der Organisation ist dies ein Anstieg von 12 Prozent im Vergleich zum vergangenen Jahr.

Familien zählen Brotscheiben

Ninna Thomsen, Direktorin von Mødrehjælpen, nennt dies einen „traurigen Rekord“. Sie sagt in einer Pressemitteilung, dass viele der Menschen, die sich an Mødrehjælpen wenden, gemeinsam haben, dass sie etwa auf verschreibungspflichtige Medikamente verzichteten oder jede Woche die Brotscheiben zählen, um sicherzugehen, dass es am Freitag genug zu essen gibt. „Manche Familien nagen also wirklich am Hungertuch“, sagt Ninna Thomsen.

Mehr Hilfegesuche auch beim Sozialdienst

Auch beim Sozialdienst Nordschleswig ist spürbar, dass mehr Familien in Notlagen geraten. Das bestätigte Abteilungsleiterin Ursula Petersen dem „Nordschleswiger“ am Telefon. „Wir bekommen bei der Familienberatung vermehrt Anrufe von Menschen, die finanzielle Engpässe haben.“ Vorhin habe sie eine alleinerziehende Mutter am Telefon gehabt, die Weihnachtshilfe sucht, so Petersen.

Der Sozialdienst selbst hat in diesem Jahr keine öffentliche Weihnachtshilfe angeboten. Im vergangenen Jahr habe man noch eine Tombola organisiert und vier Weihnachtskörbe an bedürftige Familien vergeben, so Petersen. In diesem Jahr kam diese ausschließlich dem Projekt „Besuchsfreunde“ zugute.

Weihnachtskörbe für Bedürftige 

„Wir müssen schauen, ob wir nicht angesichts des Trends im kommenden Jahr wieder eine Tombola für alle machen“, so Petersen. In den Weihnachtskörben waren in der Vergangenheit entweder eine Gans oder Ente, Rotkohl sowie Gutscheine, damit Eltern ihren Kindern ein Weihnachtsgeschenk kaufen können.

Mehr Anträge von Menschen mit Job

Bereits in den vergangenen Jahren hatten viele der Weihnachtshilfsorganisationen rekordverdächtige Antragszahlen für die Weihnachtshilfe erlebt. Das lag vor allem an der hohen Inflation und den horrenden Energiepreisen. Auch Mødrehjælpen hatte im Jahr 2022 ein Rekordjahr. 

Ninna Thomsen sagt, dass es im Bewerberpool auch immer mehr Menschen gibt, die einen Job haben. „Wir haben generell viele Alleinerziehende. Das heißt, alleinerziehende Mütter und alleinerziehende Väter, die sich um Hilfe bewerben. Außerdem haben wir viele Menschen, die nicht auf dem Arbeitsmarkt sind und Geldleistungen oder andere Transfereinkommen beziehen. Aber wir haben im Vergleich zum vergangenen Jahr tatsächlich einen Anstieg bei den Alleinerziehenden und Familien festgestellt, die Weihnachtshilfe beantragen, obwohl sie eigentlich Teil des Arbeitsmarktes sind. Und das ist ein neuer Trend für uns“, sagt Ninna Thomsen.

Ursula Petersen bezeichnet die Flut der Anträge als „enorm“. Sie vermutet, dass es auch populärer geworden ist, die Weihnachtshilfe in Anspruch zu nehmen. „Die Nahrungsmittel sind teurer geworden und so kostet eine Gans statt 200 mittlerweile 400 Kronen.“

Hilfe bei den Ortsvereinen

„Generell können sich Bedürftige an unsere Ortsvereine wenden, wenn sie Unterstützung benötigen“, so Petersen. Der Sozialdienst Nordschleswig ist in den vier Kommunen Apenrade, Sonderburg (Sønderborg), Hadersleben (Haderslev) und Tondern (Tønder) mit Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern erreichbar. 

Die Weihnachtshilfe-Organisationen, in Apenrade etwa das Blaue Kreuz (Blå Kors), sind unabhängig, sodass es grundsätzlich möglich ist, im selben Jahr bei mehr als einer Organisation Weihnachtshilfe zu beantragen. Allerdings ist für dieses Jahr das Hilfgesuch nicht mehr überall möglich. Beim Blå Kors und auch beim Roten Kreuz (Røde Kors) ist die Bewerbungsphase bereits beendet. Gespendet werden kann jedoch weiterhin über die Webseiten.

Auf die Frage, ob Mødrehjælpen einer Familie Weihnachtshilfe gibt, die auch bei einer anderen Organisation einen Antrag gestellt hat, sagt Ninna Thomsen: „Natürlich ermutigen wir die Familien, nur bei uns Hilfe zu beantragen. Aber wir können nicht garantieren, dass es nicht auch Familien gibt, die sich an andere Organisationen gewandt haben.“

Es handele sich um Familien, die finanziell stark belastet sind. „Wenn sie also bei uns Weihnachtshilfe beantragen und woanders einen Weihnachtskorb bekommen, dann ist es okay für uns“, sagt sie. 

Organisation sammelt weiter Spendengelder

Allerdings können Bewerberinnen und Bewerber bei vielen tausend Anträgen nicht einmal sicher sein, ob sie Weihnachtshilfe erhalten. „Wir sind im Moment noch zu weit von unserem Spendenziel entfernt. Wir nutzen jeden einzelnen Tag bis zum 19. Dezember, um die nötigen Mittel zu bekommen“, sagt Ninna Thomsen.