Leserbrief

„Der Ausdruck „Anschluss““

Der Ausdruck „Anschluss“

Der Ausdruck „Anschluss“

Henrik Petersen
Henrik Petersen
Zuletzt aktualisiert um:

Henrik Petersen macht uns in seinem Schreiben auf einen bedauerlichen Fehler aufmerksam, den wir umgehend korrigiert haben.

Sehr geehrte Damen und Herren,

in dem Artikel „Jürgensen: Beeindruckend, dass Mette Frederiksen Deutsch gesprochen hat“ vom 16. Juni 2020 – https://www.nordschleswiger.dk/de/nordschleswig/juergensen-beeindruckend-dass-mette-frederiksen-deutsch-gesprochen-hat?fbclid=IwAR0c2qzqIiMDKjpv0MvSLjRZt_NkbIhsKMITNeyF-ZWck39i9-IHycmdap0 – verwenden Sie den Ausdruck Anschluss als Erklärung für die Wiedervereinigung Nordschleswigs mit Dänemark.

Diese Wortwahl ist völlig unakzeptabel.

Mit dem Ausdruck Anschluss machen Sie sich zum Sprachrohr einer sehr klaren sowie äußerst problematischen Stellungnahme zu einem geschichtlichen Ereignis. Diese Ansicht vertiefen Sie sogar, indem Sie den Ausdruck Wiedervereinigung mit Gänsefüßchen versehen und hiermit eine Distanz zur gängigen Geschichtsschreibung signalisieren.

Diese unglückliche Wortwahl lässt vermuten, dass die Wiedervereinigung 1920 nicht als Folge einer Reihe komplizierter demokratischer und rechtstaatlicher Handlungen – darunter zwei demokratisch durchgeführter Volksbefragungen – stattfand, sondern dass Dänemark sich Nordschleswig infolge widerrechtlicher Handlungen annektiert hätte.

Als Leser wäre man aufgrund dieser Wortwahl dazu geneigt, von der Befürwortung einer weiteren Dolchstoßlegende zu sprechen.

Anschluss ist ein alter Nazi-Ausdruck, womit Deutschland 1938 die Annektierung und Eingliederung Österreichs ins Großdeutsche Reich schönzureden versuchte. Diese Eingliederung fand nach einer fingierten Volksbefragung im bereits okkupierten Österreich statt.

Ich gehe davon aus, dass Sie die Wiedervereinigung Nordschleswigs mit Dänemark nicht als eine Folge illegaler antidemokratischer Handlungen des dänischen Staates interpretieren.

Ich gehe ferner davon aus, dass Sie die Ergebnisse der Volksbefragungen 1920 nicht als Ergebnisse fingierter Wahlhandlungen betrachten.

Ich gehe deshalb ebenfalls davon aus, dass Sie dazu bereit sind, die Wortwahl im besagten Artikel zu korrigieren.

Ich sehe Ihrer Stellungnahme entgegen und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen
Henrik Petersen

Antwort

 

Sehr geehrter Herr Petersen,

vielen Dank für Ihr Schreiben. Dass wir den Ausdruck „Anschluss“ gewählt haben, war ein Fehler. Wir haben das online mit folgender Erläuterung korrigiert:  

Anmerkung der Redaktion: An dieser Stelle hatten wir in der ursprünglichen Version unbedachter Weise von „Anschluss“ statt „Eingliederung“ geschrieben, was Assoziationen zu einer erzwungenen Eingliederung hervorrufen kann. Von einer solchen Sichtweise distanzieren wir uns auf das Schärfste und haben deshalb den Begriff geändert.

Zur Benutzung der Anführungszeichen beim Begriff „Wiedervereinigung“: Durch den Gebrauch der Anführungszeichen wollen wir nicht die Legitimität des Begriffs infrage stellen, es geht lediglich darum, zu unterstreichen, dass es sich um eine Übersetzung aus dem Dänischen handelt, die im deutschen Sprachgebrauch für diesen historischen Vorgang nicht üblich ist. Stattdessen wird von der „Eingliederung“ gesprochen – üblicherweise auch in unserem Medium.

Nochmal: Wir bitten den Flüchtigkeitsfehler zu entschuldigen und bedauern möglicherweise dadurch entstandene Zweifel zutiefst.

Cornelius von Tiedemann,

stellvertretender Chefredakteur  
 

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