Deregulierung

Regierung möchte weniger Bürokratie bei Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt

Regierung möchte weniger Bürokratie bei Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt

Bürokratieabbau bei Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt

Ritzau/nb
Kopenhagen
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Die Gewerkschaft HK Kommunal, in der etwa die Hälfte aller Angestellten in den Jobzentren organisiert ist, fürchtet, dass die Einsparungen zu Kündigungen führen (Archivfoto). Foto: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix

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Weniger Fragebögen und Kontrolle, dafür einen schnelleren Weg auf den Arbeitsmarkt. Das wünschen sich Regierung und Kommunen gleichermaßen. Jetzt soll eine neu eingesetzte Expertenkommission die Regierung dabei beraten, wie die Pläne für weniger Bürokratie im Arbeitsmarktbereich umgesetzt werden können.

Der kommunale Beschäftigungseinsatz, mit dem arbeitslosen Menschen der Wechsel zurück in die Arbeitswelt ermöglicht werden soll, ist zu bürokratisch. Deshalb soll das System jetzt entrümpelt werden.

So lauten die Pläne der Regierungskoalition, die am Montag dieser Woche einen neuen Expertenausschuss eingesetzt hat. Er besteht aus zwei Professoren, einer Forscherin und einem Forscher, die alle im Bereich Ökonomie arbeiten, sowie dem Kommunaldirektor der Kommune Hadersleben, Peter Karm, und einer Verwaltungschefin. Vorsitzender ist der Ökonomieprofessor Claus Thustrup Kreiner.

Der Ausschuss hat nun ein Jahr Zeit, um Vorschläge für künftige Maßnahmen im Beschäftigungsbereich zu erarbeiten.

Gegenwärtig haben wir ein System, das als entmündigend und von einigen auch als unwürdig empfunden wird. Gleichzeitig haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Gefühl, bis ins kleinste Detail kontrolliert zu werden. Das möchten wir sehr gerne ändern.

Ane Halsboe-Jørgensen (Soz.), Beschäftigungsministerin

Apenrade bereits „Wohlfahrtskommune“

In Nordschleswig gibt es mit der Kommune Apenrade (Aabenraa) bereits eine von vier landesweiten Kommunen, die im vergangenen Herbst vom Beschäftigungsministerium als sogenannte „Wohlfahrtskommunen“ ausgewählt worden waren. Damit soll das Jobzentrum künftig selbst fast ohne staatliche Regulierung über zu treffende Maßnahmen entscheiden können.

Allerdings gibt es bislang noch keine konkrete Absprache mit dem Ministerium. Die Kommune Apenrade hat jetzt einen Entwurf für eine entsprechende Wohlfahrtsvereinbarung ausgearbeitet, der am Mittwoch dieser Woche an Beschäftigungsministerin Ane Halsboe-Jørgensen (Soz.) übersandt werden soll.

Ministerin setzt auf Expertenkommission

Nach Ansicht der Ministerin funktioniert das heutige System für einige Bürgerinnen und Bürger gut, während andere einen Bedarf für zusätzliche Maßnahmen haben, um wieder auf den Arbeitsmarkt zurückzukehren.

„Gegenwärtig haben wir ein System, das als entmündigend und von einigen auch als unwürdig empfunden wird. Gleichzeitig haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Gefühl, bis ins kleinste Detail kontrolliert zu werden. Das möchten wir sehr gerne ändern, und dafür benötigen wir Vorschläge von einem Expertenausschuss“, sagt Ane Halsboe-Jørgensen.

Mehr Freiraum

Die Regierung möchte ein System, das mehr Freiraum für die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter in den Jobzentren schafft, aber auch den arbeitslosen Bürgerinnen und Bürgern mehr Freiheit lässt. Gleichzeitig sollen die Ausgaben für den Beschäftigungseinsatz bis 2030 um 3 Milliarden Kronen reduziert werden.

Es gibt unglaublich viele Paragrafen und Gesetzesvorschriften, die von Misstrauen geprägt sind und deshalb entrümpelt werden müssen, sodass die fachliche Kompetenz der Mitarbeitenden und deren gesunder Menschenverstand im Vordergrund stehen.

Peter Rahbæk Juel (Soz.), Vorsitzender von Kommunernes Landsforening

Ane Halsboe-Jørgensen glaubt, dass diese Zielsetzung realistisch ist. Sie verweist darauf, dass es gegenwärtig einige sehr komplizierte und detaillierte Vorschriften gibt, die einen entsprechend hohen Arbeitsaufwand mit sich führen. „Wenn wir die politische Zielsetzung haben, die Angestellten von den detaillierten Vorschriften zu befreien, wird das dazu führen, dass künftig weniger Ressourcen und weniger Stunden für entsprechende Aktenvermerke benötigt werden, und stattdessen mehr Zeit für die einzelne Bürgerin und den einzelnen Bürger zur Verfügung steht“, sagt sie.

Reformbedarf vorhanden

Bei Peter Rahbæk Juel (Soz.), Bürgermeister in Odense und Vorsitzender des Interessenverbandes der Kommunen, Kommunernes Landsforening (KL), stoßen die Pläne auf offene Ohren. Seiner Meinung nach besteht auf dem Gebiet ein Reformbedarf.

„Es gibt unglaublich viele Paragrafen und Gesetzesvorschriften, die von Misstrauen geprägt sind und deshalb entrümpelt werden müssen, sodass die fachliche Kompetenz der Mitarbeitenden und deren gesunder Menschenverstand im Vordergrund stehen“, sagt er.

Auch trifft der Einsatz einer Expertenkommission bei KL auf Zustimmung, jedoch sorgt der Fokus auf die Finanzen für Irritation.

Einsparpotenzial umstritten

„Auf diese Art und Weise kann es schwierig sein zu beurteilen, inwieweit die Expertinnen und Experten mit fachlichen Einschätzungen kommen, oder ob sie in Wirklichkeit nach Einsparmöglichkeiten suchen“, sagt Peter Rahbæk Juhl.

Zwar würde weniger Bürokratie auch Einsparmöglichkeiten bringen. Allerdings glaubt er nicht daran, dass eine geänderte Beschäftigungspolitik zu Einsparungen in Höhe von 3 Milliarden Kronen im Jahr 2030 führt.

Wir warten auf mehr Details und sehen dann, was das für Sonderburg bedeutet.

Erik Lauritzen (Soz.), Bürgermeister der Kommune Sonderburg

Auch Pia Lund Jeppesen, stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft HK Kommunal, in der etwa die Hälfte aller Angestellten in den Jobzentren organisiert ist, hält es für unrealistisch, einen derart hohen Betrag einsparen zu können.

„Das ist ein Großteil der Kosten für einen aktiven Beschäftigungseinsatz. Ich glaube einfach nicht, dass es möglich ist“, sagt Lund Jeppesen. Sie sorge sich darum, dass derartige Einsparungen zu Kündigungen führen. „Der Betrag ist derart hoch, dass vermutlich einige ihre Arbeit verlieren werden.“

Abwarten in Sonderburg

Auch in Sonderburg (Sønderborg) will man nun abwarten, welche Maßnahmen vonseiten der Regierung genau geplant sind. Die Kommune Sonderburg hatte erst im vergangenen Jahr eine Beschäftigungspolitik für die Jahre 2023 bis 2026 erarbeitet und zudem das Jobzentrum in neue Räumlichkeiten im Einkaufszentrum Borgen verlegt.

„Wir warten auf mehr Details und sehen dann, was das für Sonderburg bedeutet“, sagte Bürgermeister Erik Lauritzen (Soz.) im Dezember vergangenen Jahres.

In Tondern (Tønder) hatte der heutige Bürgermeister Jørgen Popp Petersen (Schleswigsche Partei) im November 2021, als er noch Abgeordneter des Stadtrates war, für mehr Bewegungsfreiheit im Arbeitsmarktbereich plädiert. Er wünschte sich deshalb hier den Status als Freikommune.

„Der Anteil der Bevölkerung, der außerhalb des Arbeitsmarktes steht, ist in der Kommune Tondern verhältnismäßig hoch. Als Freikommune in diesem Bereich könnten wir mehr erreichen“, sagte Popp Petersen seinerzeit.

 

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