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Polizei bremst landesweiten Brummi-Protest

Polizei bremst landesweiten Brummi-Protest

Polizei bremst landesweiten Brummi-Protest

Kopenhagen
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Landesweit sollten am Montag Autobahnauffahrten, Kreisverkehre und Zugänge zu Industriegebieten von Lkw-Fahrerinnen und -fahrern blockiert werden (Symbolbild). Foto: Archiv

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Hoher bürokratischer Aufwand und eine Schädigung der Wettbewerbsfähigkeit: Die Transportbranche kocht angesichts einer vorgesehenen Kilometermaut für Lkw. Diese soll nach dem Willen der Regierung 2025 in Kraft treten und die grüne Umstellung vorantreiben. Mehrere Spediteure planten einen landesweiten Protest. Doch die Polizei schob ihnen einen Riegel vor.

Eigentlich wollten Lkw-Fahrerinnen und -fahrer am kommenden Montag (15. Mai) große Teile Dänemarks lahmlegen. Bei der von einer Gruppe von Spediteuren namens „Vejskatskomiteen“ angekündigten Protestaktion sollten wichtige Verkehrsadern und Knotenpunkte getroffen und die Güterversorgung im ganzen Land zum Erliegen gebracht werden. Das schreibt „Lastbilmagasinet.dk“.

Hintergrund ist eine Kilometermaut, die voraussichtlich 2025 in Kraft treten soll. Mit ihr soll unter anderem die Verkehrswende (grøn omstilling) finanziert und Spediteure dazu bewogen werden, klimafreundlichere E-Lkw zu kaufen. Die Abgabe soll je nach CO₂-Ausstoß und Fahrzeit berechnet werden.

Doch am Donnerstagmittag dann der Knall: Das Organisationsteam löst sich mit sofortiger Wirkung auf. Grund ist, dass die Polizei den Protest in der geplanten Form nicht dulden wird. Man sehe sich nicht imstande, die Auflagen der Polizei umzusetzen, heißt es in einer Pressemitteilung, die „Lastbilmagasinet“ veröffentlicht hat. Darin werden auch Vorwürfe laut, die Polizei habe bewusst versucht, eine Demonstration an mehreren Orten in Dänemark zu verhindern, anstatt in einem Dialog einen Fahrplan für den Ablauf der Protestaktion zu erörtern.

Unterschrieben ist die Nachricht von vier Spediteuren des Kommitees, Benny Nielsen (Fredsø Vognmandsforretning), Jan Lillegaard (Ernst Jacobsen A/S), Torben Dyhl Hjorth (Viborg Vognmandsforretning) und Poul Jørgensen (HV-Transport).

Wenig später hieß es dann, man könne weder bestätigen noch dementieren, dass die Demo abgesagt wurde. Das sei nicht möglich, da man weder Organisator noch Ausführender der Aktion sei, sondern lediglich Anbieter von Kontakten und Informationen. Als Gruppe rate man den angemeldeten Lkw-Fahrerinnen und -fahrern allerdings von einer Teilnahme ab. Lediglich die Unterstützung sei zurückgezogen worden, weil die Demo nicht legal durchgeführt werden könne.

Proteste sollten am Montag um 6 Uhr beginnen

Die Botschaft von „Vejskatskomiteen“ lautete bis dato anders. In einem Beitrag in der Facebook-Gruppe „Opråb“ (Aufschrei) hieß es: „Wir werden nicht länger untätig bleiben! Am 15. Mai um 6 Uhr ist es so weit. An diesem Tag müssen sie spüren, dass sie gewählte Vertreter sind und tun müssen, was das Volk will.“

Die Aufforderung ist eindeutig: Kolleginnen und Kollegen überall im Land sollen lokale Blockaden einrichten und diese Demonstrationen regulär anmelden. „Wir müssen an jeder Zufahrtsstraße und jedem Verkehrsknotenpunkt in Dänemark anhalten. Sie müssen begreifen, dass es Grenzen für das gibt, was sie über die Köpfe der Bevölkerung hinweg durchsetzen können.“

Gesetzentwurf soll vom Tisch

Bereits am 4. April demonstrierten rund 300 Lkw-Fahrerinnen und -fahrer mit ihren Lastwagen vor Christiansborg gegen die Pläne. Seither suchen die verschiedenen Branchenorganisationen den Dialog mit der Regierung.

Der Wunsch: die Maut zu ändern oder sie vorzugsweise ganz abzuschaffen. Außerdem wird gefordert, dass alle großen Branchenverbände eine „angemessene CO₂-Steuer auf alle fossilen Brennstoffe aushandeln“, welche die Bereiche Verkehr, Landwirtschaft, Fischerei und Industrie gleichermaßen trifft.

Bereits vor einiger Zeit haben die Lkw-Fahrerinnen und -fahrer zehn Punkte gegen den Gesetzentwurf vorgelegt. Darin heißt es unter anderem, dass es wirtschaftlich nicht möglich sei, einen E-Lkw zu kaufen, da die Kosten 40 bis 90 Prozent höher liegen würden als bei einem herkömmlichen Lastwagen. Zudem sei das Netz an Ladestationen für Lkw noch nicht ausreichend ausgebaut. Weiterhin befürchtet man durch die Steuer einen hohen administrativen Aufwand und ein noch größeres geografisches Ungleichgewicht in Dänemark.

Das Fass zum Überlaufen brachte eine Mitteilung der Regierung, wonach für den 3. Mai angesetzte Gespräche mit der Transportbranche abgesagt wurden. Gleichzeitig wurde die zweite und dritte Lesung zum Gesetzentwurf zur Kilometersteuer im Abstand von zwei Tagen auf den 30. Mai und den 1. Juni verschoben ­− kurz bevor das Parlament in die viermonatige Sommerpause geht.

Zwei Branchenorganisationen bei Anhörung

Dennoch bekamen die Branchenorganisationen ITD und DTL am 10. Mai Gelegenheit, vor dem Steuerausschuss Stellung zu beziehen. Dort forderte ITD, die teure und bürokratische Kilometersteuer zurückzuziehen, da die Folgen gar nicht klar seien. Die Regierung solle Alternativen prüfen und den Gesetzentwurf überarbeiten, heißt es in einer Meldung auf der Homepage der Branchenorganisation.

Auch DTL (Danske Vognmand) unterstrich, dass sie gegen den Gesetzenwurf ist, der durch eine realistischere und umweltfreundlichere Gesetzgebung ersetzt werden sollte. Ove Holm, arbeitspolitischer Chef der DTL, sagte dazu in einer Mitteilung: „Ja, wir sind immer noch prinzipiell gegen die Idee einer Kilometergebühr. Aber Tatsache ist, dass es im Moment eine sehr breite Mehrheit für die Verabschiedung des Gesetzes gibt. Wenn wir die Hoffnung haben wollen, dass die Spediteure nicht im Stich gelassen werden, müssen die Politikerinnen und Politiker rechtlich verpflichtet werden, herauszufinden, welche Möglichkeiten die Spediteure für einen grünen Übergang wirklich haben.“

Konkret habe DTL gefordert, dass der Gesetzentwurf im Falle seiner Verabschiedung eine rechtsverbindliche Überprüfungsklausel enthalten sollte, die besagt, dass die aktuellen Entwicklungen bei der Ladeinfrastruktur, der Fahrzeugtechnologie und den Möglichkeiten der Durchsetzung alle sechs Monate überprüft werden sollten. Außerdem solle es eine Rechtsgrundlage geben, die es dem Steuerminister erlaubt, das Inkrafttreten zu verschieben.

Keine Aktionen am Pattburger Transportzentrum

Jesper Schimann Hansen, Direktor des Pattburger Transportzentrums, ist ebenfalls nicht glücklich über die vorgesehene Kilometermaut, da sie seiner Ansicht nach die Konkurrenzfähigkeit der Branche schwächen wird. Er sagt aber auch, dass auf politischer Ebene Lösungen gefunden werden müssen. „Unsere Mitglieder planen jedenfalls keine Protestaktionen“, sagte er auf Nachfrage des „Nordschleswigers“ noch am Donnerstagmorgen.

Ob mit Blockaden der Autobahn gerechnet werden muss? Darauf sagte Schimann Hansen, die Polizei für Südjütland und Nordschleswig warte noch auf eine Bewertung der Reichspolizei. Es sei unklar, wie groß die Aktion werde und wer sich beteilige, da sie dezentral organisiert ist. „Eine Blockade der Autobahn dürfte von der Polizei aber schnell aufgelöst werden, da sie verboten ist.“

Blockade von Autobahnauffahrten und Kreisverkehren

Auch das „Vejskatskomiteen“ wusste das und plante daher, lediglich Autobahnauffahrten zu blockieren. Überdies sollten Kreisverkehre auf Hauptstraßen sowie Zufahrten zu Industriegebieten gesperrt werden. So sollte der Verkehr auf Nebenstraßen gezwungen werden, was dann den Warentransport erlahmen lässt. Einsatzfahrzeuge, Tiertransporte und Tierfutter-Transporte sollten die Blockaden jedoch durchfahren dürfen.

Unterstützung statt Steuern

Nun bleibt eine landesweite Demonstration am Montag aus. Das Thema bleibt allerdings heiß. „Der Druck auf die Speditionen ist groß“, sagt Jesper Schimann Hansen. Mit der Maut solle das Verhalten der Speditionen im Hinblick auf die grüne Umstellung reguliert werden. „Wir müssen grüner werden, aber das Gesetz kommt zu früh. Vielmehr brauche es Zuschüsse für eine Verkehrswende im Transportbereich.“

E-Lastwagen würden den meisten Mitgliedern des Pattburger Transportzentrums nicht reichen, da diese nur eine Reichweite von 300 Kilometern hätten. Gleichzeitig sei eine flächendeckende Ladeinfrastruktur noch nicht verfügbar, so Schimann Hansen. „Dänemarks einzige Ladestation für Lkw steht in Nyborg auf Fünen.“

 

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