Bildung
Mehr als nur Bücher: Højskole Lügumkloster mit neuem Konzept
Mehr als nur Bücher: Højskole Lügumkloster mit neuem Konzept
Højskole Lügumkloster mit neuem Konzept
Die Heimvolkshochschule hat den Betrieb wieder aufgenommen. „Der Nordschleswiger“ hat mit der Leiterin Ursula Dieterich-Pedersen über Neuanfänge, die 17 UN-Weltziele und das Coronavirus gesprochen.
Auf dem Parkplatz vor der Heimvolkshochschule (Højskole) stehen wieder Autos. Lange war es ruhig um das Gelände am Brorsonsvej 2. Nun kehrt langsam wieder Leben ein. Hinter der Eingangstür steht ein Tablett mit Tee und Kaffee. An der Wand hängt der Kursplan für diese Woche. Die Vorträge stehen unter dem Motto Grenze. „Es geht dabei nicht nur um die deutsch-dänische Grenze, sondern auch um nationale, ethische und moralische Grenzen“, erklärt Ursula Dieterich-Pedersen, die aus ihrem Büro im Flur kommt. Seit Jahresbeginn ist sie die neue Leiterin der Heimvolkshochschule Lügumkloster.
Stolz begleitet sie den „Nordschleswiger“ auf einen Rundgang durch das Gebäude, das bereits 1960 errichtet wurde. Vor einem Klassenraum, der mit vielen Büchern bestückt ist, bleibt sie stehen und erklärt: „Die Bücher machen eine ganz besondere Atomsphäre aus, aber hier gibt es mehr als nur Bücher. Wir haben ein ganz neues Konzept entwickelt, das sich mit den 17 UN-Weltzielen befasst.“
Die gebürtige Stuttgarterin möchte mit ihrer neuen Ausrichtung vor allem auch junge Menschen ansprechen. Keine Armut, kein Hunger, Gesundheit und Wohlergehen sind nur einige der Ziele der Vereinten Nationen, die auf Plakaten in der gesamten Højskole verteilt sind. „In unseren Langzeitkursen, die wir ab August anbieten, geht es in jeder Woche um ein anderes Weltziel, dabei nähern wir uns der Problematik aus drei verschiedenen Blickrichtungen“, so Dieterich-Pedersen.
Sie nennt diese drei Richtungen Relationslinie, Führungslinie und Existenzlinie. Bei dem Blickwinkel der Relation beschäftigen sich die Schüler mit der Frage: Was bedeutet das Weltziel für jeden Einzelnen in Bezug auf das gemeinsame Miteinander und den Alltag. Bei der Führungslinie geht es um die Frage: Was kann dagegen getan und wie kann das Ziel umgesetzt werden. Die Existenzlinie beleuchtet die Frage: Warum gibt es dieses Problem noch, und wieso ist es noch nicht gelöst.
„Jeder Schüler, der für 16 Wochen zu uns kommt, sucht sich eine dieser drei Richtungen aus und entscheidet sich, mit welchen Fragen er sich beschäftigen möchte“, erklärt die Heimleiterin auf dem Weg in die Küche.
Dort herrscht bereits munteres Treiben. Der Koch und eine Küchenhilfe bereiten das Mittagessen für die Teilnehmer der kurzen Kurse vor, die diese Woche stattfinden. Im Speisesaal ist es noch ruhig. An jedem Tisch stehen nur vier Stühle. Zwischen den Stühlen ist viel Platz. „Beim Essen ist zwischen den Personen am Tisch eineinhalb Meter Abstand. Wir haben das ausgemessen“, lacht die Leiterin, die lange Zeit auf Seeland gelebt und gearbeitet hat.
„Ich freue mich darauf, wenn hier wieder alles belegt ist. Wir haben viel Platz, es ist schade, dass wir ihn noch nicht nutzen können. Zurzeit kocht die Küche nur für 20 Teilnehmer.“ Doch die 54-Jährige ist froh, dass überhaupt wieder Menschen an die Højskole kommen dürfen. „Ich musste alle Frühjahrskurse aufgrund von Corona absagen. Es ist schön, dass es jetzt endlich wieder losgeht.“
Corona als Chance nutzen
Auf dem Weg zu den Schlafräumen verrät sie, dass sie Corona auch als Chance sieht. „Viele junge Menschen können jetzt nicht reisen und haben sich für ein Studium beworben. Ich denke, sobald die Absagen von den Universitäten kommen, werden sich viele nach einer Alternative umsehen, und wir haben noch Plätze frei.“
Im August werden die Kurse für das gesamte nächste Jahr auf der Webseite veröffentlicht. Die Deutsche schwärmt von dem Konzept der Højskole. „Wir kennen das aus Deutschland nicht, aber ich finde die Idee, ein Leben lang zu lernen, toll“, so die ausgebildete Krankenschwester, die mit 34 an der Universität Aarhus Anthropologie studiert hat.
Im Flur mit den Schlafräumen angekommen, erklärt Dieterich-Pedersen, dass die Højskole bereits zwei Konkurse hinter sich hat. Einen 2014 und einen 2019. „Aber die Zimmer haben ihren Charme nicht verloren. Dass alles aus Holz ist, ist ja mittlerweile wieder modern.“ Die Einzel- und Doppelzimmer bieten insgesamt Platz für 63 Personen.
Der Blick von Ursula Dieterich-Pedersen schweift in den Garten. „Draußen möchte ich auch noch einiges verändern. Wir wollen Obst und Gemüse anpflanzen, es soll eine Freiluftküche geben, mehr Sitzmöglichkeiten und einen Ort für Unterricht im Freien.“
Nach einem kurzen Spaziergang über den Rasen öffnet sie die Tür zu dem Vortragssraum. Die Teilnehmer der Kurse zum Thema Grenze machen gerade Pause. „Der Raum ist vielfältig einsetzbar. Wir können hier Vorträge halten, Empfänge veranstalten oder Yoga machen.“
Auf dem Weg zurück zum Eingang erklärt die Leiterin, dass sie auch Sprachkurse anbieten möchte. „Erst wollte ich keine Konkurrenz zur Højskolen Østersøen darstellen, aber seit es die Heimvolkshochschule in Apenrade nicht mehr gibt, ist eine Lücke entstanden, die ich gerne füllen möchte. Besonders im Grenzland bietet sich das ja an“, findet Ursula Dieterich-Pedersen.