Beruf

Studienjob überzeugte Camma – sie will Osteopathin werden

Studienjob überzeugte Camma – sie will Osteopathin werden

Studienjob überzeugte Camma – sie will Osteopathin werden

Gravenstein/Gråsten
Zuletzt aktualisiert um:
Camma Nissen demonstriert, wie eine Osteopathin arbeitet. Foto: Ilse Marie Jacobsen

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Die Physiotherapeutin Camma Nissen aus Kollund widmet sich seit 2021 einer ausgefeilten und auf den ganzen Körper spezialisierten Behandlungsform. In zwei Jahren wird sie eine der bislang lediglich 300 Osteopathinnen und Osteopathen in ganz Dänemark sein.

Bei der gebürtigen Tinglefferin Camma Nissen (26) hinterließ ein Studienjob im Zuge ihrer Ausbildung zur Physiotherapeutin tiefe Spuren. Die junge Spezialistin für physische Gebrechen war bei „Gråsten Fysioterapi“ untergekommen – und diese Klinik verfügt mittlerweile über mehrere professionelle Osteopathinnen und Osteopathen.

Was ist Osteopathie?

Für einen Osteopath ist der Körper der Patientin oder des Patienten eine große Einheit, und der Körper muss als ein Ganzes behandelt werden. Eine Osteopathrin oder ein Osteopath unterstützt die Selbstheilungskräfte und sie sind in der Lage, selbstregulierende Prozesse zu fördern und Verspannungen und Fehlstellungen, Blockaden und Mangelzustände im Gewebe und in den Faszien mit den Händen zu erspüren und zu korrigieren. Zur einleitenden Behandlung gehört ein längeres Gespräch und eine genaue Untersuchung des Körpers.

„Ich wusste sofort, dass die Sicht auf eine ganze Person genau mein Ding ist. Mich hat es sofort überzeugt, dass man mit seinen Händen viel mehr als nur Muskeln, Haut und Knochen erfühlen kann“, meint Camma Nissen. Die osteopathische Behandlung ist manuell. Ihre Begeisterung ließ die angehende Physiotherapeutin noch vor ihrer Abschlussprüfung im Jahr 2022 ein neues vierjähriges Studium in Angriff nehmen. 

Viele Faktoren sind wichtig

Vielleicht durch ihre sportlichen Eltern Käthe und Gwyn Nissen inspiriert, hat Camma sich bei Handball und Faustball schon seit ihrer Jugend mit Sport fit gehalten. Sie liebt einen guten Kontakt zu anderen Menschen und scheut sich nicht, aufklärende Fragen stellen zu können. Für das erste Treffen zwischen Osteopathin oder Osteopath und Patientin oder Patient wird eine Stunde angesetzt. Dabei wird vieles angesprochen: Die Ernährung, die psychische und soziale Situation und andere Lebensfaktoren werden bei der Festlegung der Therapie berücksichtigt und bei Bedarf in die Behandlung einbezogen.

 

Ich hatte am Anfang meine Zweifel mit der englischen Sprache. Aber heute ist das die kleinste Herausforderung.

Camma Nissen, Physiotherapeutin

„Man dringt ziemlich tief in die Menschen hinein, und wir erhalten so einen guten Eindruck vom Leben der oder des anderen“, so Camma Nissen. Ob Lebensstil, Psyche, soziale Verhältnisse oder Fitness, beim Körper gibt es viele Faktoren, die mitspielen. Eine Osteopathin ist keine Medizinerin. Sie können die Patientinnen oder Patienten auch an andere Fachleute verweisen.  „Wir sagen ihnen, wo es in der Kommune ein Angebot gibt“, meint Camma Nissen.

Alles auf Englisch

In ganz Dänemark gibt es heute lediglich 300 professionelle Fachleute der Osteopathie. Camma Nissen studiert seit 2021 an der „European School of Osteopathy“ in Maidstone, südlich von London. Die englische Sprache ist für die Psychotherapeutin bei einem Vater, der einen familiären Bezug zu Wales hat, keine Fremdsprache.

Camma Nissen vor dem Eingang von „Gråsten Fysioterapi//Osteopati“ Foto: Ilse Marie Jacobsen

„Ich hatte am Anfang meine Zweifel mit der englischen Sprache. Aber heute ist das die kleinste Herausforderung“, meint die 26-Jährige, die mittlerweile die Hälfte des Studiums abhaken kann. Geht alles glatt, ist sie 2025 eine vollausgebildete Osteopathin.

Für die englischsprachige Ausbildung trifft sie sich regelmäßig mit zwei Dänen in einer Gruppe, die auf Englisch ihre Präsentationen üben. Die Fachausdrücke müssen sitzen, wenn die Studierenden bei ihren vier jährlichen Examina in Maidstone beweisen, dass sie über ein neues Wissen verfügen.

Kosten: 150.000 Kronen 

Die Physiotherapeutin aus Kollund finanziert ihr vierjähriges Studium neben ihrer Arbeit bei „Gråsten Fysioterapi||Osteopati“ im Gesundheitshaus. Das Studium kostet insgesamt 150.000 Kronen. Hinzu kommen die Kosten für die jährlichen Fahrten nach Großbritannien zu den mündlichen Prüfungen.

Jedes vierte Wochenende muss Camma Nissens Freund Henk Muus Meyer ohne seine Lebensgefährtin auskommen. Dann trifft sich die Physiotherapeutin mit der Studiengruppe. Die zwei anderen Teilnehmer kommen aus Ribe.

„Aber Henk findet es auch spannend, dass ich mich weiterentwickeln möchte“, stellt sie lächelnd fest. Sie genießt nicht zuletzt auch den fachlichen Austausch mit ihren Kolleginnen und Kollegen an ihrem Arbeitsplatz.

Klinik setzt auf Osteopathie

Bei „Gråsten Fysioterapi//Osteopati" sind die Besitzerin Lotte Tønder und der Besitzer Malthe Lindbeck examinierte Osteopathie-Fachleute. Noch kennen nicht alle Bürgerinnen und Bürger die Osteopathie. In Deutschland, Italien und Belgien ist das Angebot aber schon weitverbreitet.

Mit den Händen wird der Körper des Patienten untersucht und behandelt. Foto: Ilse Marie Jacobsen

Die Klinik in Gravenstein setzt gezielt auf Osteopathie und wünscht sich in Zukunft unter anderem jedes Jahr zwei weiterführende Kurse mit Lehrkräften aus England.

Eine Osteopathin oder ein Osteopath können Patienten mit ihrer breiten Ausbildung ganz gezielt auf den Weg helfen – die Frauen, Männer und Kinder müssen aber auch selbst etwas tun: „Ich kann dich nicht heilen. Die Zusammenarbeit ist das Wichtigste.“

Noch kein Spezialgebiet

Camma Nissen beherrscht Dänisch, Deutsch und Englisch. Sie arbeitet im Augenblick mit Patientinnen und Patienten der Krankenversicherung. Bislang kann man also noch keinen Termin bei ihr als angehende Osteopathin reservieren.

Sie hat sich bei ihrer Ausbildung noch für keinen bestimmten Körperbereich entschieden. Ihre Chefin Lotte Tønder hat sich auf Kinderkrankheiten spezialisiert. Aber eines weiß Camma schon jetzt: als ausgebildete Osteopathin wird auch sie einmal vielen Menschen helfen können.

Mehr lesen

Leitartikel

Anna-Lena Holm
Anna-Lena Holm Hauptredaktion
„Vertrauenskrise in den Medien“