Internationaler Frauentag 2024

„Buchempfehlungen: Feminismus fürs Kinderzimmer“

Buchempfehlungen: Feminismus fürs Kinderzimmer

Buchempfehlungen: Feminismus fürs Kinderzimmer

Apenrade/Aabenraa
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Zuckersüß ist ein Verlag, der Kinder unter anderem an Themen wie Feminismus heranführt. Foto: Privat

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Damals noch hat man in Astrid Lindgrens Werken Paradebeispiele in Sachen Feminismus gesehen. Feminismus, der seine Werte schon an die Jüngsten vermitteln sollte. Die Augen gerieben – den Blick geschärft, und siehe da: So richtig viel authentischer Feminismus sind auch bei Pippi und Co. nicht zu finden. Aber die Zeiten haben sich geändert, und so gibt es heute Autorinnen und Verlage, die sich genau das zur Aufgabe gemacht haben: Kindern realitätsnahen Feminismus vermitteln.

Alle Artikel, die am 8. März – dem Weltfrauentag – veröffentlicht werden, sind in der weiblichen Form verfasst. Männer sind in diesem Fall mitgemeint. Welche Bilder erzeugt Sprache in unseren Köpfen? „Der Nordschleswiger“ lädt zum Experiment ein. Mehr dazu im Leitartikel zum Weltfrauentag.
 
Ist Wicki – das Kind aus der gleichnamigen Kinderserie – jetzt ein Junge oder ein Mädchen? Welche Generation der vergangenen Jahrzehnte hat sich diese Frage wohl nicht gestellt?
1974 hatte die für das deutschsprachige Fernsehen produzierte Kinderserie, die auf der Buchreihe von Runer Jonsson beruht, ihre Erstausstrahlung und wurde dadurch so richtig populär. Sowohl im Buch als auch in der Serie schreien einem die Illustrationen des Karikaturisten Ewert Karlsson Wickis Geschlecht nicht gerade entgegen. Die Haare lang, der Name genderneutral, ein Wikingerrock.
 

Wicki eine Wikingerin?

Warum die Einordnung Wickis in eine Geschlechtersparte so interessant war, kann ich mir heute nur noch damit erklären, dass mein Kinderkopf das Verhältnis zwischen Wicki und Ylvie für sich geklärt haben wollte. Mangels Bewusstseins und Aufklärung Anfang der 90er-Jahre war ich in dem Wissen sozialisiert worden, dass eine Liebesbeziehung heteronormativ ist. Andere Erklärungen sind aber ebenso denkbar. Ich bin jedenfalls froh, dass die Annahme, Wicki sei ein Mädchen, überhaupt aufkam – war es eben nicht ausgeschlossen, dass es sich um eine Wikingerin handeln könnte.
 
Ich habe Wicki auf einem Röhrenfernseher kennengelernt – in diesem Beitrag soll es aber um Bücher gehen. Wicki kam mir jedoch als erster Charakter in den Sinn, als ich mich mit diesem Thema auseinanderzusetzen begann. Ist es doch ein starkes Beispiel dafür, wie man durch Ausbleiben der konkreten Geschlechterbestimmung keinem Kind die Fantasiefahrt auf den Weiten des Atlantiks vorenthält.
Jedoch – es ist, wie es ist: Wicki ist ein Junge. Schade.
 

Die Schwächen von „Pippi“

Also begebe ich mich auf die Suche nach weiblichen Hauptpersonen in Kinder- und/oder Jugendliteratur, die ihre Stärke nicht erst durch die Anerkennung einer Mädchen- beziehungsweise Freundesgruppe erhalten – sondern sich unabhängig von anderen entwickeln. Sicher kommen nicht nur mir bei der Überlegung, welche Bücher für jüngere Menschen ein starkes, selbstständiges Frauen- beziehungsweise Mädchenbild transportieren, zunächst Astrids Lindgrens Figuren in den Sinn. Ronja Räubertochter zum Beispiel und – allen voran – Pippi Langstrumpf sind schöne Rollenmodelle, die Kindern nicht nur Inspiration liefern und die Fantasie anregen, sondern ebenfalls dazu beitragen, Stolz auf ihr Mädchensein zu entwickeln.
 
All diese Mädchen sind klug, kreativ, wachsen über sich hinaus, haben ihren eigenen Kopf – und vor allem sind sie mutig. In dieser Hinsicht ist Astrid Lindgren eine Pionierin. Mit Schwächen.
Denn fernab der jeweiligen Hauptperson wird kein fortschrittliches Frauenbild gezeichnet. Im Gegenteil. Man nehme einmal Pippis Umfeld. Die Polizisten, vor denen Pippi immer mal wieder Reißaus nimmt, sind selbstverständlich männlich. Sie unterstützen die als nervige Übermutter charakterisierte „Tante Prusseliese“ dabei, die alleinlebende Pippi ins Kinderheim zu stecken. Genau – sie helfen ihr. Schließlich sind Frauen für Kinder verantwortlich. Es ist ein Arzt, zu dem Pippi geht, als sie an der Krankheit „Spunk“ leidet. Bei einer Verkäuferin hingegen kauft Pippi Süßigkeiten. Beispiele dieser Art finden sich zahlreich. Aber nun gut, das erste Pippi-Langstrumpf-Buch erschien erstmalig 1945 im Original, der Film 1969.
 

Früh Feminismus thematisieren

Aber die Zeit steht nicht still, und die Fortschrittlichkeit in Sachen feministischer Kindererziehung ebenfalls nicht. Seitdem hat sich viel getan. So haben sich beispielsweise in den vergangenen Jahren Verlage formiert, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Bücher auf den Markt zu bringen, deren Autorinnen es ein Anliegen ist, das Thema Gleichberechtigung bereits im Kinderzimmer anzusprechen und die Selbstverständlichkeit der Sache zu fördern.
 
Zuckersüß ist ein Verlag aus Berlin, der – wie er selbst auf seiner Webseite schreibt –  Bücher „mit wichtigen Werten und starken Botschaften“ verlegt. Darunter eben auch solche, die Feminismus und Gleichberechtigung thematisieren – für die entsprechenden Altersstufen aufgearbeitet. Für die ganz kleinen Kinder eignen sich die Bücher „Berufe sind für alle da“ oder „Gefühle sind für alle da“. Diese Kinderbücher von Susann Hoffmann versuchen schon bei Kleinkindern, mit Geschlechterrollen und -klischees zu brechen.
 
„Ein Mädchen wie du“ von Frank Murphy und Carla Murphy mit Illustrationen von Kayla Harren vermittelt Kindern ab 3 Jahren, wie wertvoll es ist, man selbst zu sein. Auf der Homepage des Verlags heißt es: „Dieses wundervolle Kinderbuch lädt unsere Mädchen ein, all ihre Seiten zu entdecken und zu entwickeln: Denn Mädchen sind stark und mutig, ehrgeizig und zielstrebig, aufmerksam und neugierig!“
 
Das Buch „Little Dreamers – Visionäre Frauen aus der ganzen Welt“ holt die Biografien bekannter und weniger bekannter Frauen, die sich verwirklicht haben, ins Kinderzimmer. Das ist eine schöne Art, den Kindern früh mitzugeben, dass ihnen keine Grenzen gesetzt sind. Und dass das weibliche Geschlecht erst recht kein Ausschlussfaktor ist – ganz im Gegenteil.
 
Im Annette-Betz-Verlag ist ein Buch erschienen, das Kinder ab 4 Jahren auf eine Reise durch die Vergangenheit mitnimmt und den Blick dabei auf „Große Erfinderinnen und ihre Erfindungen“ richtet. Die Autorin des Buches ist Aitziber Lopez; die Illustrationen stammen von Luciano Lozano. 
 
„Das Buch vom Feminismus“ von Jamia Wilson und Aurélia Durand ist ein Aufklärungsbuch rund um das Thema Feminismus für junge Erwachsene und Kinder ab 10 Jahren. 
 
Wenn die in diesen Büchern vermittelten Werte auf fantasievolle Geschichten à la Astrid Lindgren treffen würden – wäre es die schönste Werte- und Erzählfusion, die ich einem Kind wünschen könnte.
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