Schleswig

So werden aus Schülern kritische Konsumenten

So werden aus Schülern kritische Konsumenten

So werden aus Schülern kritische Konsumenten

Frank Jung/shz.de
Schleswig
Zuletzt aktualisiert um:
Der Deutsche Verbraucherschutzpreis geht in den Norden: Ann-Kristin Erdmann mit der Trophäe Foto: sh:z

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Die Schleswiger Lehrerin Ann-Kristin Erdmann hat an der Dannewerk-Schule ein junges Schulfach aus ersten Anfängen heraus aufgebaut. Ihr besonderes Geschick für Vermittlung wird jetzt mit dem Deutschen Verbraucherschutzpreis gewürdigt.

40 Personen aus dem ganzen Bundesgebiet waren allein in dieser Kategorie nominiert – doch keine überzeugte die Jury so sehr wie Ann-Kristin Erdmann: Die Lehrerin der Dannewerk-Schule in Schleswig ist als einzige in der Sparte „Engagement“ mit dem Deutschen Verbraucherschutzpreis 2022 ausgezeichnet worden. Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne) hat der Schleswig-Holsteinerin den mit 15 000 Euro dotierten Preis der Deutschen Stiftung Verbraucherschutz persönlich bei einem Festakt in Berlin überreicht.

„Es fühlt sich noch immer wie im Traum an“, freut sich die Gemeinschaftsschul-Lehrerin. Sie ist eine Frau der ersten Stunde: Seitdem Schleswig-Holstein 2009 Verbraucherbildung als eigenständiges Schulfach eingeführt hat, hat Erdmann an der Dannewerk-Schule darin Aufbauarbeit geleistet. Anfangs war sie Einzelkämpferin. Heute unterrichtet das Fach dort ein Team aus zehn Personen. Inspiriert von einem Curriculum – also einer Art Themenfahrplan –, für das Erdmann die Grundlagen gelegt hat.

Diese Themen stehen auf dem Stundenplan

Gesunde Ernährung, preissensibles Einkaufsverhalten, nachhaltige Lebensweise, kritischer Medienkonsum, Rechte als Konsument: Inhalte wie diese stehen im Mittelpunkt. Ausdrücklich versteht die Ausgezeichnete die Würdigung als „Teampreis“ und nicht allein für sich selbst.

O-Ton der Jury

„Ann-Kristin Erdmann bringt Verbraucherwissen vielfältig und kreativ ins Klassenzimmer, so dass ihre Schüler:innen selbstbewusst in den Verbraucheralltag starten können“ – so heißt es in der Begründung für die Kür. Besonders würdigte die Jury, dass es der Schleswigerin gelinge, die Unterrichtsinhalte lebendig zu vermitteln.

„Nicht nur über die Dinge reden, sondern auch praktisch umsetzen“, lautet Erdmanns Top-Priorität für gute Verbraucherbildung. Aktuell steht zum Beispiel bei ihr der Kampf gegen eine Ex-Und-Hopp-Mentalität bei Textilien auf dem Stundenplan. Dabei stellen die Jugendlichen aus gebrauchten Männerhemden Röcke her. Das verankert nicht nur den Recycling-Gedanken an sich. „Besonders spannend ist für sie zu sehen, dass man aus einer Art Kleidungsstück eine andere Art machen kann“, sagt Erdmann.

Küchengeräte von gestern - lebendig erklärt

Ein anderes Beispiel: Haushalts-Management. Die Lehrerin lud Senioren in die Schule ein, die längst nicht mehr gebräuchliche Küchengeräte mitbrachten und erklärten. Darunter ein Waschbrett, ein Blitzhacker für Petersilie oder eine Vorrichtung, die bei einer Drehbewegung Tomaten passiert. In der Gegenrichtung wurde auch schon Wissen weiter gegeben: In einer Handy-Sprechstunde haben Dannewerk-Schüler älteren Menschen Whatsapp und andere digitale Funktionen erklärt.

Einsatz moderner Medien gehört dazu

Schon so manches Mal haben sich solche Aktionen über den eigentlichen Schulschluss hinaus verlängert – ein Beleg für echtes Schülerinteresse. Dass Schüler thematisch eigene Ideen einbringen können und den Einsatz moderner Medien nennt Erdmann als weitere Essentials erfolgreicher Verbraucherbildung. „Es nimmt die Klasse einfach mehr mit, wenn sie auch etwas sehen können, da muss man sich nichts vormachen“, betont die Pädagogin.

Das Preisgeld fördert das Projekt „Rock aus Hemd“

Die stattlichen 15 000 Euro Preisgeld sollen in das „Upcyclingprojekt Rock aus Hemd“ fließen. „Wenn die Idee gut anläuft und wir in die Großproduktion starten, benötigen wir dringend professionelles Material, darunter neue Nähmaschinen und Zubehör“, sagt Erdmann.

Kontakte von der Preisverleihung als Kapital

Aber auch Kontakte während der Preisverleihung könnten sich noch als gutes Kapital erweisen. Zum Beispiel hat die Schleswigerin mit dem Preisträger aus der Kategorie „Projekt“ eine Videokonferenz für eine ihrer Klassen abgemacht: So können die Schüler Akteure des bundesweiten Netzwerks „Fair.Wertung“ für mehr Transparenz bei Altkleidersammlungen interviewen. Umgekehrt können auch die Macher von „Fair.Wertung“ profitieren: Der Verein hat Erdmann nagelneues Unterrichtsmaterial zum Testen mitgegeben. „Das sind die Theoretiker, wir sind die Praktiker“, weiß Erdmann.

Mehr lesen

„Mojn Nordschleswig“

Jetzt im Podcast: Als stillende Mutter zurück in Vollzeit und Radtouren im Grenzland

Apenrade/Aabenraa In Folge 19 von „Mojn Nordschleswig“ spricht Sara Eskildsen mit Kollegin Marle Liebelt, die wenige Monate nach der Geburt ihrer Tochter wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehrte. Ein Ehrenamtler der deutsch-dänischen Fahrradfähre verrät, warum freiwillige Arbeit ein Lebensgefühl ist, und die Kollegen Gerrit Hencke und Cornelius von Tiedemann sind mit einer Reportage vom Straßenrand dabei.