Helios-Klinik in Schleswig

„Schlechte Kommunikation“: Witwe findet Ehemann tot im Kranken-Zimmer

„Schlechte Kommunikation“: Witwe findet Ehemann tot im Kranken-Zimmer

Witwe findet Ehemann tot im Kranken-Zimmer

Lisa Bohlander
Schleswig
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Gisela Klattes Mann ist im Oktober 2022 in der Helios-Klinik in Schleswig verstorben. Nun möchte die Witwe auf Missstände dort aufmerksam machen. Foto: Lisa Bohlander/shz.de

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Mehrere Monate verbrachte Bernd-Dieter Klatte im Helios-Klinikum in Schleswig. Im Oktober 2022 verstarb er dort – doch seine Witwe wurde nicht informiert, sagt sie. Es ist nicht das einzige, was Gisela Klatte am Krankenhaus kritisiert. Die...

Es ist – aus der Sicht einer Betroffenen – das, was jeder hofft, nie erleben zu müssen: krank und hilflos nicht die Pflege zu bekommen, die man braucht. So sei es ihrem Mann Bernd-Dieter Klatte in der Helios-Klinik in Schleswig ergangen, sagt seine Witwe Gisela Klatte. Sie will dafür kämpfen, dass sich das nicht wiederholt, dass sich etwas ändert.

Keine Vorwarnung der Schwester

Der 16. Oktober 2022 lässt Gisela Klatte nicht los. Wie jeden Tag wollte sie ihren Mann im Helios-Klinikum in Schleswig besuchen, erzählt sie heute. Doch sein Zimmer sei leer gewesen. „Ihr Mann liegt im Nebenzimmer”, habe ihr eine Schwester auf Nachfrage gesagt. „Da bin ich rein, und dann lag er da”, erinnert sich Gisela Klatte und greift schluchzend nach einem Taschentuch. Denn ihr Mann Bernd-Dieter sei kurz zuvor gestorben. Doch Gisela Klatte habe das niemand gesagt. Ohne Vorwarnung der Schwester habe sie ihn leblos im Zimmer gefunden.

In einem Schreiben von Helios an Gisela Klatte, das unserer Redaktion vorliegt, heißt es: Das Stationspersonal sei über den Tod von Bernd-Dieter Klatte informiert worden. „Im Nachgang können wir nicht mehr eruieren, wer nicht wusste, dass Herr Klatte verstorben war“. Weiter heißt es, das Krankenhaus möchte sich „für die wirklich schlechte Kommunikation seitens der Krankenschwester zur Ehefrau entschuldigen“.

Helios-Klinikum Schleswig verweist auf umfassendes Beschwerdemanagement

Auf Anfrage von shz.de wollte sich Helios zu dem konkreten Fall nicht äußern. Über ihre Anwälte ließ das Krankenhaus auf das „umfassende Beschwerdemanagement” verweisen, das bei Helios aufgebaut worden sei. Zudem würden die Mitarbeiter regelmäßig in „patientenzentrierten Kommunikation“ geschult.

Es sind Vorfälle wie diese, sagt Gisela Klatte, die sie fassungslos über die Zustände im Helios-Klinikum zurücklassen würden. Wenn die 66-Jährige heute über das vergangene Jahr spricht, kommen ihr noch immer Tränen der Trauer, der Wut und der Hilflosigkeit.

Ihr Mann Bernd-Dieter Klatte wurde schwer krank und verbrachte mehrere Monate im Krankenhaus. Auf umfassende Hilfe angewiesen, hätten sich beide – er als Patient, sie als Angehörige – im Stich gelassen gefühlt, sagt seine Witwe. Kurz vor seinem Tod habe Gisela Klatte ihrem Mann versprochen, dies nicht auf sich beruhen zu lassen.

Im vergangenen Juli sei es dem 74-jährigen Bernd-Dieter Klatte plötzlich schlecht gegangen. Der Hausarzt überwies den Mann sofort ins Krankenhaus. Die Diagnose laut Arztbericht: eine Herzschwäche und Nierenschwäche, dazu unter anderem eine Blasen- und Lungenentzündung. Kurz: Bernd-Dieter Klatte war schwer krank.

Jeden Tag sei Gisela Klatte in die Helios-Klinik gefahren. Am 31. Juli – berichtet Gisela Klatte – rieten ihr die Stationsschwestern, dringend mit dem behandelnden Arzt zu sprechen. Doch bis zum Nachmittag des 3. August sei dies nicht möglich gewesen.

Es habe drei Tage gedauert, bis sie – als direkte Angehörige – mit dem behandelnden Arzt sprechen konnte.

Laut des Schreibens der Helios-Klinik an Gisela Klatte hat zwischen den Ärzten und Gisela Klatte eine Kommunikation stattgefunden – dass diese an einigen Tagen nicht gelang, bedauere das Krankenhaus.

Diese Pflege-Zustände im Helios-Klinikum Schleswig schildert Gisela Klatte

Auch in der Pflege hätten sich unangenehme Vorfälle gehäuft, beklagt die Witwe. Ein Zimmernachbar habe sich bei Gisela Klatte beschwert, dass ihr Mann ins Bett gekotet hätte und lange Zeit in seinen Ausscheidungen habe liegen müssen. Von der Helios-Klinik heißt es dazu, dass die Pflegekräfte die Grundversorgung übernommen hätten. Der Patient habe oft eingestuhlt, sodass er häufig geduscht und Laken gewechselt werden mussten.

Auch habe Bernd-Dieter Klatte seiner Frau gegenüber gesagt, er wolle nicht nur liegen, sondern auch mal am Bettrand sitzen oder mit einem Rollstuhl an die frische Luft. Von der Pflegekraft habe es geheißen, ihr Mann könne nicht sitzen. Ausprobiert worden sei es – so Frau Klatte – jedoch nie. Laut dem Antwortschreiben von Helios hat Bernd-Dieter Klatte im Krankenhaus Physiotherapie bekommen. „Oftmals verweigerte der Patient aber auch die Therapie oder zeigte keine Eigenleistung.“

Mindestens zweimal habe das Essen zu weit weg von Bernd-Dieter Klatte gestanden, wenn seine Frau zu Besuch kam. Sie habe ihm dann beim Essen geholfen, da er selbst nicht in der Lage dazu gewesen sei. Von Helios heißt es dazu: „Laut Patientenakte verweigerte Herr Klatte oftmals das Anreichen beim Essen. Wenn Patienten keinen Appetit haben, dann akzeptieren wir diese Wünsche.“

Gisela Klatte aus Schleswig wendet sich mit Anwalt an Helios-Klinikum

Das alles und weitere Vorfälle hat Frau Klatte aufgeschrieben und sich damit an einen Anwalt gewandt. Auf dessen Schreiben an die Helios-Klinik vom November 2022 kam im Februar 2023 eine Antwort mit einem Gesprächsangebot. Das Gespräch wurde für Mai geplant. Davon erhoffe sich Gisela Klatte nicht viel, „nur dass die Missstände dort aufhören und es an die Öffentlichkeit gelangt. Ich kriege meinen Mann eh nicht wieder.“

Für Gisela Klatte waren die Monate vor dem Tod ihres Mannes belastend. Bis heute leide sie unter Schlafstörungen. „Ich bin fix und fertig, ich muss da einfach einen Abschluss finden. Ich will sagen können: Ich habe alles Menschenmögliche getan, um darauf aufmerksam zu machen.“ Nach einer kurzen Pause sagt sie leise: „Ich habe es meinem Mann versprochen.“

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