Morten Henriksen

„Ich habe mir selbst erlaubt, wahnsinnig stolz zu sein“

„Ich habe mir selbst erlaubt, wahnsinnig stolz zu sein“

„Ich habe mir selbst erlaubt, wahnsinnig stolz zu sein“

Sonderburg/Sønderborg
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Morten Henriksen
Morten Henriksen in Sonderburg. Foto: Karin Riggelsen

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Erst wollte er gar nicht hin. Doch ein Anruf änderte alles. Morten Henriksen blieb für 13 Jahre. Nordschleswig und der nordschleswigsche Handball sind ihm ans Herz gewachsen. Der Abschied fällt dem neuen Sportchef von Dansk Håndbold Forbund schwer, aber er blickt auf eine fantastische Reise mit SønderjyskE zurück.

„Jetzt zum Ende hin, wo ich mir die Zeit genommen habe, über alles noch einmal nachzudenken, habe ich mir selbst erlaubt, wahnsinnig stolz zu sein. Stolz auf die lange Zeit, auf das Projekt, das wir angefangen und angekurbelt haben. Ich weiß, dass ich da eine tragende Rolle gespielt habe. Es ist keineswegs Mortens Projekt gewesen, aber vieles hat auf den Schultern von Simon Lindhardt und mir gelegen, und das ist auch das Spannende gewesen“, sagt Morten Henriksen im Interview mit dem Nordschleswiger.

Das Gastspiel in Nordschleswig hätte nur ein paar Jahre dauern sollen.

„Alles fing mit einem Anruf von Benny Nielsen an, dem alten Hallenwart der Tondernhallen. Dan Jürgensen, den ich bei einem Trainerkurs kennen lernte, hatte mich empfohlen, aber ich hatte ehrlich gesagt keine Lust, wegen eines Jobs als U16-Trainer von Aalborg nach Tondern umzuziehen. Es änderte sich aber an dem Tag, als René anrief. Hallo, das war René Boeriths, der Nationalspieler, der am Telefon war. Da war ich beeindruckt. SønderjyskE hatte große Ambitionen, wollte mit dem Standort Tondern in die Liga und mit der Talentschmiede HH Sønderjylland in die 1. Division. Diese Strategie hat mich überzeugt, und ich hatte dann schon vor, ein paar Jahre zu bleiben“, so der aus Sindal stammende Nordjüte, der die Rolle als Trainer der Handballer von HH Sønderjylland mit dem Assistenztrainerjob der Frauen-Liga-Mannschaft von SønderjyskE austauschte.

„Die Zeit als Assistent von Thomas Sørensen war hart, denn wir haben ständig verloren, aber das war ein guter Ort für mich. Ich konnte in aller Ruhe die Dinge mitprägen, auch nach dem Wechsel zurück zu den Männern. Zu dem Zeitpunkt konnte ich mir vorstellen, viele Jahre bei SønderjyskE zu bleiben, aber als ich Cheftrainer wurde, habe ich mir gesagt, dass es nicht so lange sein würde, denn Cheftrainer bleiben nicht so lange – es sind dann auch nur zehn Jahre geworden…“, lacht Morten Henriksen, der erst 28 Jahre alt war, als er im Oktober 2007 den zum damaligen Liga-Klub Fredericia HK wechselnden René Hamann-Boeriths ablöste: „Ich bin René einen Dank schuldig, dass er mich wärmstens empfohlen hat, und SønderjyskE, dass sie den Mut hatten, einem so jungen Trainer das Vertrauen auszusprechen. Ich habe in der 2. Division begonnen, weit weg vom großen Fokus. Das hat mir geholfen. Ich hatte danach drei Jahre in der 1. Division, wo ich in vielen Belangen gereift bin. Ich hatte anfangs viele Überlegungen, wie ich mich wegen meines jungen Alters den Spielern gegenüber verhalte, aber ich habe mich mit dem Klub und der Klub hat sich mit mir entwickelt.“

Morten Henriksen
Morten Henriksen. Foto: Karin Riggelsen

Die Reise von der 2. Division in die Liga und bis in den Europapokal ist mit Höhepunkten gespickt gewesen.

„Es sind Aufstiege und andere Erfolge dabei gewesen, aber was mir vielleicht noch größere Freude bereitet, ist die tägliche Arbeit mit den Spielern, die ich am allermeisten vermissen werde, und die kleinen Erfolge. Wie beispielsweise in dieser Saison, als es uns gelang, uns nach der Pleite in Randers wieder aufzurichten und eine Woche später zu gewinnen. Klar, an die Aufstiege denkt man gerne zurück. Erst von der 2. in die 1. Division, als wir nur einen Punkt abgegeben haben, und dann der Liga-Aufstieg in Frederikshavn. Ich habe aber auch ganz klare Bilder im Kopf vom Heimspiel gegen AG, früh in unserer ersten Liga-Saison. Kurz vor Schluss stand es 30:30, und alle wussten, dass Mikkel Hansen hochsteigen und auch treffen würde, aber ich sehe immer noch vor mir, wie René Villadsen links unten pariert und das sensationelle Unentschieden festhält. Dieses Gefühl war fantastisch“, erinnert sich Henriksen gerne an jenen Oktober-Tag im Jahre 2011 zurück und fügt hinzu, dass SønderjyskE in der ersten Liga-Saison auch Mannschaften wie Aalborg und Skjern schlagen konnte: „An einzelne Spiele erinnert man sich gerne zurück, auch an unseren ersten Sieg in der 2. Division gegen Skovbakken, aber das beste Saisonergebnis, das wir erreicht haben, ist sicherlich der fünfte Platz 2014. Wir waren wahnsinnig enttäuscht, dass wir gleich im ersten Spiel des EHF-Cups gegen Eskilstuna ausgeschieden sind. Ich weiß, dass die später ins Achtelfinale einzogen, aber wir hatten das Gefühl, dass wir die bessere Mannschaft waren.“

SønderjyskE hatte 2014 mit dem fünften Tabellenplatz und dem Einzug in den Europapokal sportlich einen Riesensprung nach vorne gemacht, obwohl man gemessen an finanziellen Mitteln dort gar hingehört. Die Hellblauen waren über sich hinaus gewachsen, und es war schwer zu sehen, wie man dies noch steigern könnte.

„Das war auch die Kulmination meiner Trainerkarriere. Ich hatte eine Vertragsverlängerung für die nächste Saison schon unterschrieben und hatte weiter das Gefühl, dass wir SønderjyskE weiter in die richtige Richtung bewegen konnten, aber wäre ich egoistischer gewesen, hätte ich zu dem Zeitpunkt aufhören müssen und aggressiver die Möglichkeiten verfolgen müssen, die mir damals vorlagen, so viele wie nie zuvor und auch danach nicht mehr. Überall, wo es einen leeren Trainerstuhl gab, wurde mein Name ins Spiel gebracht. Das ist in diesem Jahr anders gewesen. Ich bin gespannt, wo ich dann in meiner Trainerkarriere gestanden hätte, fragt sich Henriksen, der in Sonderburg blieb und seinen Vertrag bei SønderjyskE erfüllte.

Es folgte eine Saison, die unter den Folgen des Verstoßes gegen die Spielmanipulationsregularien litt und mit einem überaus enttäuschenden elften Tabellenplatz endete, aber bereut hat er es nicht, dass er nicht versucht hat, aus dem Vertrag mit SønderjyskE rauszukommen.

„Ich hatte weiterhin Spaß an meiner Arbeit hier, habe es jeden Tag genossen, zum Training zu gehen. Ich war auch diesmal bereit, meinen Vertrag zu verlängern“, sagt Henriksen, der nach zehn Jahren als Cheftrainer von SønderjyskE nicht das Gefühl hat, dass die Trennung zwischen ihm und seinem Arbeitgeber zu spät kommt: „Das war der einzige Zeitpunkt, wo mir Gedanke gekommen ist, dass wir vielleicht getrennte Wege gehen sollten. Es ärgert mich natürlich unheimlich, dass es mit einer verpassten Endrunde zu Ende geht. Ich habe genug Selbstkritik und weiß, dass ich die Verantwortung dafür trage, dass wir uns mit dieser fantastischen Mannschaft den Traum nicht erfüllen konnten, in die Endrunde einzuziehen. Wir wussten, dass der Konkurrenzkampf in diesem Jahr groß sein würde, aber dennoch liegt die Schuld bei mir. Ich habe die Spieler eingekauft, die Taktik gelegt und die Auswechslungen vorgenommen. Von dieser Perspektive aus gesehen, muss ein Trainerwechsel vorgenommen werden. Ich kann nicht beurteilen, ob der Trainerwechsel zu spät erfolgt ist, aber ich kann versichern, dass es an Energie und Engagement nicht gefehlt hat.“

Morten Henriksen
Morten Henriksen. Foto: Karin Riggelsen

"SønderjyskE ist auf einem breiten Fundament gebaut"

Der künftige DHF-Sportchef sieht keinen Grund, weshalb seine Nachfolger Kasper Christensen und Lars Krogh Jeppesen die SønderjyskE-Mannschaft nicht zurück in die Endrunden führen können sollten.

„Es ist eine gute Frage, was SønderjyskE in den nächsten Jahren erreichen kann, denn das hängt auch sehr von der Konkurrenz ab. Wir sehen Klubs wie Ribe-Esbjerg oder HC Midtjylland, die mit einem dominierenden Hauptsponsor SønderjyskE finanziell überholt haben. Was passiert hier und was passiert mit einem Klub wie KIF? SønderjyskE ist auf einem breiten Fundament gebaut. Man darf sich hier nicht mitreißen lassen, sondern muss sich weiter in Ruhe entwickeln, dann kann man auch in Zukunft vorne auftauchen. Wenn es in Skjern möglich ist, dann auch in Sonderburg“, meint Morten Henriksen.

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