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Nigel Ray Beck: „Bin ich weg, sind meine Lieder noch da“

Nigel Ray Beck: „Bin ich weg, sind meine Lieder noch da“

Nigel Ray Beck: „Bin ich weg, sind meine Lieder noch da“

Düppel/Dybbøl
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Nigel Ray Beck macht sich viele Gedanken. Foto: Karin Riggelsen

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Der Musiker von Düppel veröffentlicht sein zweites Album „Seven Sisters“. Warum hält ihn die Musik in Gang? Das erfuhr „Der Nordschleswiger“ bei einem Gespräch.

Ob Tiger Woods, ein Besuch in einem gemütlichen Tea-Shop in London, eine verschwenderische Ehefrau, Sharleen, Kriege, Botox oder der Schleudersitz von James Bond – der Musiker Nigel Ray Beck führt in seinem neuen Album „Seven Sisters“ seine Zuhörerinnen und Zuhörer in die unterschiedlichsten Situationen und stellt sehr verschiedene Menschen vor.

Ein Beobachter

Der seit einigen Jahren in Düppel lebende Beck schreibt über all das, was ihm auffällt und beschäftigt. „Ich bin ein Beobachter – ein Observer“, stellte er zu Beginn einer sehr stimmungsvollen und urgemütlichen Talkshow an einem Dienstagabend im April fest, als er sein neues Album präsentierte. Der Moderator Jesper Henning Pedersen stellte dem gebürtigen Engländer Fragen zu den 14 Liedern des neuen Albums.

Jesper Henning Pedersen (l.) und Nigel Ray Beck auf dem Chesterfield Sofa Foto: Ilse Marie Jacobsen

40 geladene Männer und Frauen erhielten in der rustikalen hohen Scheune hinter „MyFilm“ in der Dybbøl Bygade eine Erklärung dafür, wie Beck gerade auf den nächsten Song gekommen war und was er mit dieser Komposition beschreiben wollte.

Eine fetzige Note

Pedersen und Beck unterhielten sich ganz gelassen auf dem braunen Chesterfield-Sofa. Die Konversation verlief auf Englisch. Die einzelnen Lieder erhielt das Publikum anschließend live von Nigel Ray Beck und dem handverlesenen und sehr gut vorbereiteten Orchester.

Der Gitarrist Tommy Wortmann (l.), Mads Brændegaard Pedersen am Piano und Nigel Ray Beck gaben Gas. Foto: Ilse Marie Jacobsen

Die vier Musiker und die beiden Sängerinnen Julie Rubeck Brudvig Thysen und Lotte Simonsen verliehen Nigel Ray Becks Kompositionen eine fetzige Note. Nicht zuletzt für die imposanten Solopassagen dankte das Publikum den Musikern mit einem tosenden Beifall. Sieben Songs wurden via Anlage und Lautsprecher gespielt.

Nichts darf verschwiegen werden

Bei der Talkshow wurde vieles angesprochen. „Liebeslieder sind ja eigentlich nicht mein Ding. Sie sind einfach zu lieb“, stellte Nigel Ray Beck unter anderem fest.

Nigel Ray Beck Foto: Karin Riggelsen

Er singt über das, was in einer guten Gesellschaft schiefläuft, wo es hapert und wo es manchmal sehr wehtut. Er spricht aus, worüber andere vielleicht lieber schweigen. Aber er weiß, dass Menschen mit einem Schweigen keine Probleme lösen können.

Er macht alles auf seine Art

Vielleicht begann Nigel Ray Becks Art der Stellungnahme schon in der Kindheit. Als Kind hat er die Schule gehasst, und seine Eltern waren für ihn eine Nummer zu religiös.

„Ich wollte die Person sein, die ich war – und nicht so, wie meine Mutter mich haben wollte“, meinte er beim Smalltalk. Vielleicht ist er deshalb in den 1980er-Jahren ein „angry man“, ein wütender Mann, geworden. So wurde der Song „Red wine & roses“ eingeleitet: das Lied über eine Vergewaltigung in einem Park.

Nigel Ray Beck auf der Terrasse des Restaurants Torve-Hallen Foto: Karin Riggelsen

Und was steckt eigentlich hinter dem Titel „Seven Sisters“? Das ist keine Story über die Liebe zu sieben Schwestern oder Frauen, wie einige vielleicht vermutet hatten. Seven Sisters ist eine Zugstation nördlich von London.

Ein geordnetes Dasein

Er liebt Amerika, und mit seinen vielen Tätowierungen, den Ohrringen und der saloppen Kleidung kommt der Engländer mit der rauen Stimme modern und cool rüber.

Ich wollte die Person sein, die ich war – und nicht so, wie meine Mutter mich haben wollte.

Nigel Ray Beck, Songwriter
Nigel Ray Beck im Restaurant Torve-Hallen Foto: Karin Riggelsen

In der Corona-Pandemie gehörte Beck anderthalb Jahre lang zum festen Testteam im Sonderburger Krankenhaus. Er ist außerdem ein professionell ausgebildeter Lebensretter. Vor einigen Jahren zog er am Gravensteiner Hafen eine ohnmächtige Frau aus dem Wasser. Mit seiner professionellen und schnellen Hilfe überlebte die Frau. 

Er liebt die Musik

Nigel Ray Beck schätzt, dass er in den vergangenen Jahrzehnten um die 3.000 Lieder geschrieben hat.

Seine kreative Karriere begann für den Schuljungen aus Weymouth in Portland nicht mit Musik, sondern mit Gedichten. Sie sollten für ihn aber der Einstieg in die Welt der rockigen Musik werden. Mit damaligen Idolen wie Neil Young und Bob Dylan kaufte er sich im jungen Alter von 17 Jahren seine erste eigene Gitarre.

Der Frühaufsteher

Die Ideen für neue Lieder kommen Beck oft am frühen Morgen: „Ich bin nun mal ein A-Mensch. Manche der Kompositionen kommen schnell. Bei anderen geht es etwas langsamer. Es ist für mich wie ein Puzzle-Spiel. Einiges ist sofort perfekt. Bei anderen fühle ich, dass sie noch nicht ganz gelungen sind. Die spiele ich manchmal aber auch bei Konzerten, und dort merke ich, wenn die Nuancen noch nicht ganz stimmen.“  

Einige der Lieder des neuen Albums sind ältere Kompositionen oder Lieder, die er neu überarbeitet hat.

Alles wurde größer als geplant

Die Talkshow in MyFilm in Düppel war eigentlich nur als Event mit ihm und seiner Gitarre sowie mit Mads Brændegaard Pedersen am Piano geplant. Beck wollte lediglich 20 Personen einladen. Aber nach anderthalb Stunden waren alle Plätze schon vergeben. Dann wuchs das Projekt. Es wurde bei den verschiedenen Musikern angeläutet – und alle hatten Zeit für eine Reise nach Düppel. „Alles wurde größer – und noch viel besser, wie mir viele nachher bestätigt haben“, so der Musiker sehr zufrieden.

Nigel Ray Beck wird ein drittes Album veröffentlichen. Foto: Karin Riggelsen

Das dritte Album ist unterwegs

Nigel Ray Beck spielt schon seit 30 Jahren beim Tønder Festival. Er liebt es, vor dem Publikum zu performen: „Aber ich genieße die Arbeit im Studio genauso.“ Wie schon als Junge will Beck immer noch sein eigenes Ding machen. So hat er in den 1990er-Jahren sogar einen Plattenvertrag abgelehnt. „Dann wollen andere bestimmen, was man spielen soll“, meint er.

Nigel Ray Beck vermarktet seine Musik über die verschiedenen Streaming-Kanäle. Seine Plattengesellschaft ist „recordJet“ in Berlin. Sein neues Album „Seven Sisters“ wird am Freitag, 28. April, veröffentlicht. Das dritte Album ist auch schon unterwegs. Das wird Ende dieses oder Anfang kommenden Jahres in den Handel kommen, verspricht er.

Der Songwriter ist noch lange nicht fertig. Aber was hält den 66-Jährigen in Gang? „Bin ich mal weg, sind meine Lieder noch da. Das ist doch eine coole Sache, dass sie mich überleben“, meint er augenzwinkernd.

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