EU-WAHL

Keine Jugendlichen: Podiumsdiskussion am DGN zieht nur Erwachsene an

Keine Jugendlichen: Podiumsdiskussion am DGN zieht nur Erwachsene an

EU-Podiumsdiskussion am DGN zieht nur Erwachsene an

Apenrade/Aabenraa
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Sofie Rebekka Schlüter Knauer (l.), Leon Bossen und Wencke Andresen waren eigentlich gekommen, um Jugendlichen die EU und die Europaparmentswahl näherzubringen. Foto: Karin Riggelsen

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Europawahl: Haben junge Leute noch Lust auf Politik? Eine Podiumsdiskussion mit und für junge Menschen sollte eigentlich EU-Politik auf Augenhöhe vermitteln – doch zu der Veranstaltung kam kein einziger Jugendlicher. Warum der Grund für das Fernbleiben nicht so eindeutig ist.

„Was wollen wir mit der EU?“ Diese Frage prangte auf dem Flyer der Veranstaltung, die vergangene Woche in der Aula des Deutschen Gymnasiums für Nordschleswig (DGN) stattfand. Ziel war es, die Schülerinnen und Schüler zum Austausch über die anstehende Europawahl im Juni zu motivieren. Der Verband Deutscher Büchereien Nordschleswig als Veranstalter hatte eine klare Vorstellung: „Es sollte ein Austausch auf Augenhöhe werden“, erklärt die Büchereidirektorin Claudia Knauer. 

Für diese Mission hatten die Veranstaltenden drei junge Gäste zur Podiumsdiskussion eingeladen: Sofie Rebekka Schlüter Knauer, Mitglied des Federal Committee der Jungen Europäischen Förderlisten (JEF) aus Kopenhagen, den Grünen-Fraktionsvorsitzender Leon Bossen aus Flensburg und Junge Spitzen-Vorsitzende Wencke Andresen.

Die Botschaft war klar: Die Bedeutung der EU-Wahl sollte vermittelt und politische Themen diskutiert werden.

Die Europawahl 2024

Die Europawahl 2024 findet vom 6. bis 9. Juni statt und bietet rund 400 Millionen EU-Bürgerinnen und -Bürgern die Möglichkeit, ihre Vertreterinnen und Vertreter im Europäischen Parlament zu wählen. Dieses Parlament, das aus 705 Abgeordneten besteht, spielt eine entscheidende Rolle in der europäischen Gesetzgebung und teilt die legislative Macht mit dem Ministerrat. Zu den wichtigsten Themen der Wahl zählen Klimaschutz, Digitalisierung sowie Wirtschafts- und Sozialpolitik. Gewählt wird nach dem Verhältniswahlrecht, wobei die Sperrklauseln in den einzelnen Mitgliedsländern variieren. Die Wahl findet alle fünf Jahre statt und beeinflusst maßgeblich die Richtung der EU-Politik. Quelle: Europäisches Parlament



 

Doch die Veranstaltung nahm kurzerhand eine unerwartete Wendung: Anstatt eines regen Austausches mit zahlreichen Schülerinnen und Schülern, fanden sich die engagierten Rednerinnen und Redner vor einem ganz anderen Publikum wieder. Aus der angestrebten Zielgruppe war niemand gekommen. „Es ist kein einziger Jugendlicher da gewesen, das macht einen traurig und nachdenklich. Wir haben es ihnen versucht, so leicht wie möglich zu machen, an der Veranstaltung teilzunehmen. Man fragt sich, ob sie keine Lust auf EU-Themen haben“, so Claudia Knauer.

Aber warum blieben die Jugendlichen weg? Ist es wirklich Politikverdrossenheit?

Veranstaltung zu kurzfristig angekündigt

Für Wencke Andresen, die selbst als Podiumsgast geladen war und das Deutsche Gymnasium für Nordschleswig besucht, ist die Antwort nicht ganz so einfach: „Für die Veranstaltung gab es eine späte Einladung. Viele meiner Freunde, die ich dann noch einmal persönlich eingeladen habe, hatten gar keine Zeit. Sie mussten etwa arbeiten oder waren anders verplant.“ 

Trotzdem kann sie bestätigen, dass das Interesse an der EU unter Jugendlichen nicht besonders groß sei. „Die EU-Wahl ist unter uns Jugendlichen kein Gesprächsthema. Wir haben es zwar in Gesellschaftskunde, aber manchmal scheint es mir, als ob das Interesse an der EU nicht allzu groß ist“, erklärt sie. Ein Grund dafür sei möglicherweise die geografische Distanz: „Das Parlament in Brüssel wirkt so weit weg von Nordschleswig.“

Das Parlament in Brüssel wirkt so weit weg von Nordschleswig

Wencke Andresen

Wencke Andresen betont die Bedeutung von Veranstaltungen wie dieser, besonders in Bezug auf Themen, die junge Menschen betreffen – etwa die Klimakrise. „Die EU-Wahl ist sehr wichtig. Viele von uns sind Erstwähler.“ Sie sieht jedoch auch die Medien und Schulen in der Pflicht: „Ich finde, man müsste das Thema mehr priorisieren. Für viele ist die EU irgendwie selbstverständlich, weil wir hier groß geworden sind.“

 Ich finde, man müsste das Thema mehr priorisieren. Für viele ist die EU irgendwie selbstverständlich, weil wir hier groß geworden sind.

Wencke Andresen

In der Vergangenheit hatten Besuche von Politikerinnen und Politikern an der Schule großes Interesse geweckt. Wäre die Podiumsdiskussion also besser als Pflichtveranstaltung angesetzt gewesen? Wencke Andresen ist skeptisch: „Es gibt da Vor- und Nachteile. Ich kann verstehen, dass man alle Jugendlichen erreichen möchte. Meine Sorge wäre dann aber, ob die Leute wirklich Lust hätten, sich an einer Diskussion zu beteiligen, oder nur ihre Zeit absitzen würden.“

 

Junge Spitzen- Vorsitzende Wencke Andresen hofft, dass mehr junge Menschen sich für die Europawahl interessieren und im Juni wählen gehen (Archivbild). Foto: Karin Riggelsen

Junge Stimmen für die EU wichtig 

Claudia Knauer hätte sich trotz allem mehr Resonanz gewünscht. Auf die Frage, ob die Veranstaltung zu kurzfristig angesetzt war, erklärt sie, dass die Veranstaltung schon länger in Planung gewesen sei, nur das finale „Go“ habe gefehlt. „Wir haben es den Schülerinnen und Schülern extra einfach gemacht: Die Veranstaltung fand in der Schule statt, kurz nach Schulschluss um 14.35 Uhr. Die Hemmschwelle hinzugehen war so gering wie möglich.“

Diese Erfahrung zeige, dass es weiterhin eine Herausforderung bleibt, junge Menschen für politische Themen zu begeistern und zu mobilisieren. Doch gerade in einer Zeit, in der die EU vor großen Herausforderungen steht, ist es wichtiger denn je, dass auch die junge Generation mitdiskutiert und ihre Stimme erhebt, so Knauer. 

Für Büchereidirektorin Claudia Knauer ist es wichtig, dass Jugendliche mehr über die Europawahl erfahren (Archivbild). Foto: Karin Riggelsen

Appell an die Erstwählerschaft 

Referentin Sofie Rebekka Schlüter Knauer wurde am Tag nach der Podiumsdiskussion erneut in die Schule eingeladen. Claudia Knauer betonte: „Es war uns wichtig, dass die Jugendlichen trotzdem einen Teil der Vorträge mitbekommen.“ 

Auch die Junge Spitzen und die Mutterpartei Schleswigsche Partei (SP) haben laut Wencke Andresen eine Kampagne zur Europawahl geplant. Die Vorsitzende der Jungen Spitzen hofft, auf diese Weise mehr junge Menschen zu erreichen: „Ich weiß, dass es manchmal hart ist und man wegen der ganzen Krisen teils keine Lust mehr auf die Zukunft hat. Aber ich hoffe, dass es ihnen trotzdem wichtig ist zu wählen. Für eine bessere Zukunft.“

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