Deutsche Minderheit

Hinrich Jürgensen will Sachlichkeit in Ortsschild-Debatte bringen

Hinrich Jürgensen will Sachlichkeit in Ortsschild-Debatte bringen

Jürgensen will Sachlichkeit in Ortsschild-Debatte bringen

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Apenrade/Aabenraa
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Hinrich Jürgensen (Archivbild) Foto: Cornelius von Tiedemann

Der Chef des Bundes Deutscher Nordschleswiger zeigt Verständnis für Emotionen – und nennt den Wunsch nach öffentlicher Mehrsprachigkeit selbstbewusst „Symbolpolitik“.

In einem Standpunkt-Schreiben an dänische Medien unternimmt der Hauptvorsitzende des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), Hinrich Jürgensen, am Mittwoch den Versuch, die derzeit geführte Debatte um mehrsprachige Ortsschilder in Nordschleswig um Fakten zu bereichern.

„Es war nicht die deutsche Minderheit, die die Diskussion jetzt im Jubiläumsjahr losgetreten hat“, unterstreicht er. Dies sei geschehen, nachdem der Europarat Ende Januar einen viel zitierten Bericht vorgelegt hatte, aus dem hervorgeht, dass Dänemark einigen Verpflichtungen in Bezug auf die deutsche Minderheit nicht oder nicht ausreichend nachkommt.

„Kurz gesagt legen die Konventionen fest, dass die deutsche Sprache in Nordschleswig nicht als Fremdsprache betrachtet werden kann“, so Jürgensen.

Jürgensen: Wunsch nach Ortsschildern mit Basis abgesprochen

Bereits im Jahr 2004 hatten, so Jürgensen, der damalige Leiter des Sekretariats der deutschen Volksgruppe in Kopenhagen, Siegfried Matlok, und der damalige Hauptvorsitzende des BDN, Hans Heinrich Hansen, darauf aufmerksam gemacht, dass Dänemark sich nicht an die Konventionen halte und  man sich zweisprachige Ortsschilder wünsche. Dies habe damals die erste „heftige Diskussion“ ausgelöst.

Seither sei das Thema immer wieder aufgetaucht, entweder, wenn der Europarat seine Berichte vorlegt – oder wenn die Minderheit über ihre Richtung in der Sprachpolitik entscheidet.

„Der Inhalt dieser Sprachpolitik wurde zuvor in einer langen Reihe örtlicher Vorstände und auf Mitgliederversammlungen besprochen und dann auf der Delegiertenversammlung der Minderheit einstimmig verabschiedet“, so Jürgensen.

„Die Schilder waren und sind einer der politischen Wünsche, die wir haben. Seit Dänemark die Konventionen unterzeichnet hat, sind 25 Jahre vergangen. Ich denke, dass die Minderheit in ihren Forderungen sehr moderat war“, sagt der 60-Jährige.

„Gemeinsames Kulturerbe“ soll hervorgehoben werden

Er zeigt sich erfreut darüber, dass es in der Debatte um die Ortsschilder inzwischen einen Stimmungswechsel hin zu einer positiveren Einstellung gegeben habe. Und positive Betrachtungsweisen gebe es genug. So nennt er das „gemeinsame Kulturerbe“ Nordschleswigs (bzw. „Sønderjyllands“) als etwas, das sich gut vermarkten lasse. Sowohl die Touristikbranche als auch die Wirtschaft ständen dementsprechend hinter der Idee mehrsprachiger Ortsschilder.

In Europa gebe es, mit Ausnahme von Dänemark und Litauen, überall dort, wo es anerkannte Minderheiten gibt, auch zweisprachige Ortsschilder. „Sogar auf dem Balkan, wo in den 90ern Krieg herrschte, gibt es die Schilder als Zeichen der Versöhnung“, so Jürgensen.

Emotionen für BDN-Chef nachvollziehbar

Er hält das Jahr 2020 für ein geeignetes Jahr, weil Deutschland und Dänemark dieses Jahr ihr „kulturelles Freundschaftsjahr“ feiern und gemeinsam einen Antrag auf Anerkennung als Unesco-Kulturerbe für das Zusammenleben im Grenzland einreichen.

„Ich kann verstehen, dass hier viele Emotionen im Spiel sind, das gilt für die Minderheit ja auch. Wir waren immer ein Teil dieser Region. Ich würde gerne dazu aufrufen, dass man gerade dieses Jahr, wo 75 Jahre seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges vergangen sind, die Gelegenheit nutzt, weiterzukommen“, so Jürgensen.

Deutsche Ortsnamen älter als 1864

„Und nein, die deutschen Namen gibt es nicht erst seit 1864, blickt mal auf alte Karten oder fahrt zum Sonderburger Schloss oder ins Apenrader Seeschifffahrtsmuseum“, so Jürgensen, der ebenfalls unterstreicht, auch ohne deutsche Ortsangaben nach Hause finden zu können. „Apenrade soll künftig nicht Apenrade heißen, sondern Aabenraa. Aber es sollte doch gerne durch zweisprachige Ortsschilder sein gemeinsames Kulturerbe vermarkten.“

Für ihn sei die Forderung nach zweisprachigen Ortsschildern durchaus Symbolpolitik – im positiven Sinne. Die Schilder wären für ihn „ein Symbol für Offenheit und Toleranz und Respekt und Anerkennung unseres gemeinsamen Kulturerbes“.

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