Standpunkt

„Grenzüberschreitender Nahverkehr: Wer soll das bezahlen?“

Grenzüberschreitender Nahverkehr: Wer soll das bezahlen?

Grenzüberschreitender Nahverkehr: Wer soll das bezahlen?

Paul Sehstedt
Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Das Grenzland ist dünn besiedelt. Für Verkehrsunternehmen ist eine hohe Taktung nicht lukrativ, meint Paul Sehstedt in einem Standpunkt. Damit müsse man sich abfinden, und damit müsse man arbeiten. Denn der ÖPNV ist und bleibt eine Art Sozialhilfe aus öffentlicher Hand.

Zwischen Politik und Realität klaffen oft Widersprüche, denn was die Politikerinnen und Politiker wünschen, muss natürlich auch bezahlbar sein. Der grenzüberschreitende öffentliche Personen-Nahverkehr (ÖPNV) ist ein solcher Fall.

Besonders im Bereich Bahn werden Schreckensszenarien in den Raum gestellt, die sich mit den wirklichen Gegenseiten nicht verbinden lassen, außer die Politik ist gewillt, Millionen an Fördergeldern (Steuergeldern) in den Sand zu setzen.

Bis zur Fertigstellung des Fehmarnbelttunnels und der Wiederaufnahme des Schienenverkehrs auf der Vogelfluglinie Hamburg-Kopenhagen, voraussichtlich 2029, fahren die Züge durch Nordschleswig. Im Zwei-Stunden-Takt ist Flensburg jetzt noch von morgens bis abends so mit Dänemark verbunden, doch das ändert sich logischerweise ab 2029.

Mehr Grenzland-Anbindung lohnt sich einfach nicht

Die dänischen Staatsbahnen DSB haben aus wirtschaftlichen Gründen kein Interesse an einer direkten Verbindung von Flensburg nach Dänemark, weil die Fahrgastgrundlage zu schwach ist. Sonderburg soll Endstation für die Verbindung von Nordschleswig nach Kopenhagen sein. Das ergibt Sinn, doch diese dänische Logik wollen sich Politikerinnen und Politiker aus Schleswig-Holstein nicht zu eigen machen. Der Fahrgastverband Pro Schiene spricht sogar davon, dass zwischen Flensburg und Sonderburg eine Direktverbindung via Tingleff eingerichtet werden kann.

Aus der internen DSB-Gerüchteküche ist zu vernehmen, dass nach 2029 lediglich zwei tägliche Direktverbindungen zwischen Aarhus und Hamburg vorgesehen sind. Fahrgäste von Fünen sollen in Kolding zusteigen können. Dieses Arrangement soll den Wunsch der Politik erfüllen, dass DSB über den Jütland-Korridor weiterhin Hamburg bedient.

Der Vertrag zwischen der schleswig-holsteinischen Nahverkehrsgesellschaft NAH.SH sowie DSB läuft 2028 aus, und daran wird nicht gerüttelt. Ich vermute, dass der Vertrag bis zur Tunneleröffnung verlängert wird/werden kann, um kein Loch im Planverkehr zwischen Hamburg und Kopenhagen zu schaffen. 

Alternative „Nord-Ostsee-Bahn“?

Bahnfreunde und Pro Schiene könnten eine Machbarkeitsstudie für folgenden Vorschlag in Auftrag geben: Dagebüll-Niebüll-Tondern-Ertüchtigung der Strecke bis Tingleff und dann nach Flensburg. Die Nord-Ostsee-Grenzlandbahn wäre geboren.

In unserer schwach besiedelten Grenzregion ist der ÖPNV ein Zusatzgeschäft, also eine Art Sozialhilfe aus öffentlicher Hand. Selbst die Busse der Sydtrafiklinie 110 zwischen Sonderburg und Flensburg erwirtschaften keinen Überschuss. Ein Ausbau des Fahrplantaktes würde da auch keine Abhilfe schaffen. Der ÖPNV im Grenzland muss sich damit begnügen, was die öffentlichen Kassen an Zuschüssen vertretbar ausgeben können.

Mehr lesen

Kulturkommentar

Meinung
Erik Becker
„Haie und Reißverschlüsse: Auf Dänemarks Straßen“