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15 Millionen Euro vom Land SH für dänischen Lückenschluss

15 Millionen Euro vom Land SH für dänischen Lückenschluss

15 Millionen Euro vom Land SH für dänischen Lückenschluss

Carlo Jolly
Nordschleswig/Schleswig-Holstein
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Für den grenzüberschreitenden Bahnverkehr nicht geeignet: Bei den für den innerdänischen Verkehr bestellten neuen Alstom-Zügen ist in Tingleff Endstation. Foto: DSB

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Kiel zahlt für neue und umgerüstete Züge für den Betrieb nördlich der Grenze - ob das notwendig war?

Dänemark hat sich längst entschieden: Ab Ende 2027 bietet das Königreich keinen grenzüberschreitenden regionalen Bahnverkehr mehr von Frederica über die deutsch-dänische Grenze nach Flensburg an. Die Dänen möchten stattdessen lieber den Takt nach Sonderborg verstärken. Damit entsteht eine Lücke im grenzüberschreitenden Bahnverkehr auf dänischem Gebiet. Die dänischen IC-Züge fahren nicht mehr bis Flensburg, sondern nur noch bis Tingleff.

Damit diese Lücke von deutscher Seite geschlossen wird, sind die Beschaffung von zwei zusätzlichen Zügen und die Ausstattung von allen dann 23 Zügen des schleswig-holsteinischen „Netzes Mitte“ für das dänische Bahnstromsystem und die dänische Leit- und Sicherungstechnik nötig. Durch diese sogenannte „Dänemark-Option“ entstehen dem Land Schleswig-Holstein für den Kauf der bereits bestellten Züge Mehrkosten in zweistelliger Millionenhöhe. Dieses Geld wird ausschließlich für den Betrieb der Züge in Dänemark benötigt.

Schleswig-Holstein übernimmt 41 Prozent der Kosten

Aus einem Brief aus dem dänischen Transportministerium an den Finanzausschuss des Folketing geht hervor, dass die dänische Seite maximal 59 Prozent von rund 270 Millionen Kronen bezahlt, die das Projekt über 30 Jahre kostet. Damit bleiben 41 Prozent dieser umgerechnet rund 37 Millionen Euro, also rund 15 Millionen Euro, die das Land Schleswig-Holstein bezahlt.

Um weiter einen grenzüberschreitenden Verkehr zu ermöglichen, seien zwei zusätzliche und alle anderen 21 Züge für das Netz Mitte dänemarktauglich bestellt worden, erklärt Verkehrsministeriumssprecher Harald Haase. Schleswig-Holstein beteilige sich entsprechend der territorialen Anteile an der Strecke für die fahrzeugbezogenen Kosten für einen Zeitraum über 30 Jahre.

Ob mit der Verlängerung des Regionalexpress RE7 Hamburg–Flensburg im Zweistundentakt und Umstieg im dänischen Tingleff die Qualität der grenzüberschreitenden Anbindung sich nicht verschlechtere? Zwischen Hamburg und Jütland werde der Umstieg von bislang Flensburg eben nach Tingleff verschoben. Für durchfahrende Reisende entstehe damit keine Verschlechterung: „Anders sieht die Situation für Reisende von Flensburg aus“, räumt der Sprecher ein. Von dort entsteht für Reisende in Tingleff ein Umstieg extra.

Doch welcher Zusatznutzen für Bahnreisende aus Deutschland rechtfertigt eine Millionenbeteiligung des Steuerzahlers in Schleswig-Holstein? Ein zusätzlicher Nutzen gegenüber dem Status quo entstehe nicht, so Haase: „Ohne die Beteiligung Schleswig-Holsteins müsste jedoch eine noch deutlichere Verschlechterung im grenzüberschreitenden Verkehr hingenommen werden, da die Entscheidung Dänemarks in Zukunft alle Regionalzüge der Jütland-Achse nach Sonderburg zu fahren, außerhalb des Einflussbereichs Schleswig-Holsteins liegt und andernfalls zu befürchten stand, dass zukünftig gar kein grenzüberschreitender Regionalverkehr mehr angeboten wird.“

Die zusätzlichen bestellten Züge würden nicht ausschließlich auf der Strecke Flensburg-Tingleff eingesetzt, sondern in der Umlaufplanung des ganzen Netzes: „Die Kosten alleinig Dänemark zuzuweisen wäre nicht im Sinne einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit.“

SSW vermisst Mehrwert für Menschen im Norden

Das sieht der SSW-Bundestagsabgeordnete Stefan Seidler anders: „Was jetzt bekannt geworden ist, ist schon sehr merkwürdig“, erklärt der Flensburger auf Anfrage: „Wo ist der Mehrwert für die Menschen im Grenzland?“ Besonders Bahnkunden aus Flensburg und der Grenzregion stünden in Zukunft schlechter da. „Mir erschließt sich einfach nicht, warum die Schleswig-Holsteiner schlechten grenzüberschreitenden Bahnverkehr und die Notlösung Tingleff auch noch mit Millionen Euro ihrer knappen Steuergelder bezahlen sollen.“ Offen bleibt, ob Dänemark ohne das finanzielle Engagement aus Kiel die kompletten Mehrkosten nicht allein übernommen hätte.

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