Ländliche Räume

Der Dorfladen kehrt zurück – im Container

Der Dorfladen kehrt zurück – im Container

Der Dorfladen kehrt zurück – im Container

Apenrade/Aabenraa
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Dagrofa
Einkaufen im Container: Das Konzept breitet sich in Dänemark aus. Foto: Dagrofa

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Milch, Eier oder Gemüse kaufen – das ist bei vielen mit längeren Touren ins nächste Gewerbegebiet verbunden. Der Laden um die Ecke ist auch in Nordschleswig vielerorts längst Geschichte. Manche Dörfer helfen sich selbst und gründen Märkte – für andere könnte ein neues System Licht am Ende des Tunnels bedeuten: der unbesetzte Selbstbedienungsladen.

Dänemarks Landdistrikte haben viele Probleme – eines davon sind mangelnde Einkaufsmöglichkeiten. Einen Supermarkt zu betreiben, der ausreichend Gewinne abwirft, ist für die kommerziellen Ketten auf dem Dorf oft keine Option. Zu wenig Kundschaft – weil sie abgewandert ist und weil sie oftmals lieber ins Auto steigt und die großen Märkte andernorts ansteuert, etwa auf dem Heimweg von der Arbeit in der Stadt.

Eine auch in Nordschleswig verbreitete Lösung ist es, dass sich Vereine oder Kooperativen gründen, um lokale Supermärkte zu retten oder neu zu gründen – nicht des Profits wegen, sondern um das Dorf am Leben zu halten. Nicht überall klappt das, zumal Inflation und Energiekosten vielen oft am Limit wirtschaftenden Dorfläden schwer zu schaffen gemacht haben.

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Die Container, die für die Supermärkte genutzt werden, können Läden aller Art beherbergen und werden auch in der Landwirtschaft beim Anbau eingesetzt. Foto: Dagrofa

Speziell entwickelte Container erlauben Zutritt mit digitalem Ausweis

Aus den Resten von den landesweiten Ketten verlassener Supermärkte ist inzwischen ein weiteres Ladenkonzept entstanden, das sich derzeit Monat für Monat in ganz Dänemark immer weiter ausbreitet: die unbesetzten Läden. Manchmal gar in einem Container.

Viele Ketten sehen es als eine relativ günstige Möglichkeit, einen Laden mit geringen Betriebskosten auf eine sehr einfache Weise zu eröffnen.

Mads Lynge Lausen

Die Firma Retail360 Box Solution zum Beispiel bietet eine komplette Ladenlösung mit Eingangssystem, Überwachung, Alarm, Kassensystem usw. – und das ganze komplett ohne Verkaufspersonal und die damit verbundenen Kosten.

Zehn neue solcher unbemannter Läden schießen jeden Monat aus dem Boden. Mitgründer und Geschäftsführer Mads Lynge Laursen sagt, dass die Lösung besonders beliebt ist, weil es eine kostengünstige Möglichkeit ist, ein Geschäft zu betreiben.

„Es gibt leere Räume in Dörfern und ähnlichen Orten, wo das Umsatzpotenzial groß ist, aber wo es zu teuer war, einen Laden zu betreiben“, sagt er der Nachrichtenagentur „Ritzau“.

„Viele Ketten sehen es als eine relativ günstige Möglichkeit, einen Laden mit geringen Betriebskosten auf eine sehr einfache Weise zu eröffnen, weil sie Personalkosten sparen, wenn eine Kauffrau oder ein Kaufmann in einer benachbarten Stadt den Laden im Auge behält“, sagt er.

„Das System funktioniert“

In Städten mit 40.000 oder weniger Einwohnern ist jedes fünfte Lebensmittelgeschäft in den vergangenen zehn Jahren verschwunden, wie Zahlen der Einzelhandels-Beraterfirma Retail Institute zeigen. Deshalb haben mehrere große dänische Ketten mit den unbemannten Läden experimentiert.

Coop eröffnete bereits im Oktober 2021 einen Laden in Sengeløse zwischen Kopenhagen und Roskilde, wo Mitglieder zu Randzeiten selbst einkaufen gehen können – wenn sie ihre Identität am Eingang digital nachweisen.

Nach Angaben von Coop-Pressesprecher Jens Juul Nielsen sind die Erfahrungen gut und „das System funktioniert“. Doch Pläne, an anderen Orten zu eröffnen, gebe es seitens des Unternehmens, das seine Märkte derzeit massiv umstrukturiert und zahlreiche Filialen schließt, nicht.

 

Einkaufen mit Bedienung bei Let-Køb in Rapstedt (Ravsted, Archivfoto). Foto: Karin Riggelsen

Dagrofa: Container als Ergänzung

Auch Dagrofa, das unter anderem Meny, Let-Køb und Min Købmand betreibt und sich besonders auf die ländlichen Räume fokussiert, verzeichnet steigendes Interesse an den unbesetzten Läden.

„Wir haben einige eröffnet und können übergeordnet festhalten, dass es richtig gut läuft“, sagt Let-Køb-Chef Kasper Qvist Rasmussen zu „Ritzau“. „Das Konzept bietet viele neue Möglichkeiten und unsere unbesetzten Läden werden von der Kundschaft richtig gut angenommen“, sagt er – nennt die Läden allerdings einschränkend eine „smarte und schnelle Lösung als Ergänzung zu den besetzten Märkten“.

Let-Køb betreibt derzeit vier unbesetzte Läden. Dabei handelt es sich um Retail360-Boxen, zu denen Kundinnen und Kunden per digitalem Identitätsnachweis MitID Zugang bekommen.

Dagrofa sieht insgesamt großes Potenzial, mit der Lösung vermehrt dafür zu sorgen, dass in Randgebieten auch künftig Waren des täglichen Bedarfs angeboten werden. „Wir glauben weiterhin vollkommen an Service und Nähe. Aber da, wo ein gewöhnlicher Laden einfach nicht laufen kann, funktioniert dies hier als ein verlängerter Arm der bereits bestehenden Märkte hervorragend“, sagt Qvist Rasmussen.

Die unbesetzten Läden werden von einem Supermarkt in der näheren Umgebung mitbetrieben. Der sorgt dafür, dass die Regale stets gefüllt sind.

Das Schild am Eingang macht viele stutzig: Von 6 bis 22 Uhr ist das Geschäft vom Roten Kreuz in Apenrade geöffnet (Archivfoto). Foto: Jan Peters

Beispiel Apenrade

Und nicht nur Supermärkte experimentieren mit Läden ohne Verkaufspersonal. In Apenrades Fußgängerzone betreibt das Rote Kreuz etwa eine automatisierte Filiale seiner Second-Hand-Läden.

Kundinnen und Kunden können zwischen 6 und 22 Uhr einkaufen und mit MobilePay bezahlen. 

In den öffentlichen Büchereien in Dänemark funktioniert dieses System außerhalb der Öffnungszeiten schon lange – auch in der Deutschen Zentralbücherei in Apenrade.

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