Folketingswahl

So steht es um die Stimme der Minderheit auf nationaler Ebene

So steht es um die Stimme der Minderheit auf nationaler Ebene

So steht es um die Minderheit auf nationaler Ebene

Kilian Neugebauer
Kilian Neugebauer
Kopenhagen
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Kontaktausschuss
Die Stimme der Minderheit in Kopenhagen: Der Kontaktausschuss für die deutsche Minderheit traf sich im Dezember 2021 zum Gespräch. Foto: BDN

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Die angekündigten Neuwahlen im November wirken sich auch auf die deutsche Minderheit in Dänemark aus. Mit dem Ausscheiden von Politikerinnen und Politikern wie Ellen Trane Nørby und Christian Juhl, die maßgeblich am Austausch zwischen Kopenhagen und Nordschleswig beteiligt waren, stehen für die deutsche Minderheit neue Herausforderungen an.

„Statt über die Minderheit zu diskutieren, möchte ich mit der Minderheit über ihre Anliegen diskutieren“, erklärt Christian Juhl im Gespräch.

Die Anliegen der Minderheit noch stärker in die nationalen Entscheidungen einzubinden, ist ein Mitverdienst von Christian Juhl (Einheitsliste) und Ellen Trane Nørby (Venstre), die nach dieser Wahlperiode neue Wege gehen werden. Engagiert setzten sich die beiden Parlamentarier für die Modernisierung des Kontaktausschusses ein, der sich mit den Problemen und Wünschen der deutschen Minderheit auseinandersetzt. Für Trane Nørby und Juhl ist es die letzte Amtsperiode im Folketing. Somit verlassen eine Ansprechpartnerin und ein Ansprechpartner der deutschen Minderheit die nationale Politik.

Einer der Meilensteine in der Zusammenarbeit der beiden Parlamentarier ist die Angleichung der finanziellen Zuwendungen für die Schulen der deutschen Minderheit. Seit circa zehn Jahren werden diese auf einem gleichen Niveau wie dänische Schulen vom Staat unterstützt.

Politisch getrennt, durch die Minderheit vereint

Trane Nørby und Juhl, deren Parteien politisch unterschiedliche Grundwerte vertreten, wurden durch die Arbeit an der Minderheit vereint. Erst im letzten Jahr teilten sich die beiden Abgeordneten anlässlich des Deutschen Tags in Tingleff (Tinglev) die Bühne und hielten gemeinsam eine Rede, die Forderungen der Modernisierung des Kontaktausschusses an die dänische Politik formulierte. Das Duett diente als Symbol der Verbundenheit zwischen der Politik in Kopenhagen und der deutschen Minderheit in Nordschleswig, die nicht an eine Partei oder politische Meinung gebunden ist.

Was ist der Kontaktausschuss?

Der Kontaktausschuss für die deutsche Minderheit in Nordschleswig ist ein beratender Ausschuss des Kultusministeriums, der den Kontakt zwischen der deutschen Minderheit in Nordschleswig, der Regierung und dem Parlament sicherstellt.

Der Kontaktausschuss, der mindestens einmal im Jahr zusammentrifft, hat die Aufgabe, politische und kulturelle Angelegenheiten zu verhandeln, die für die Minderheit von Interesse sind.

Die Minderheitenpolitik zählt zu den ganz wenigen Themen, bei denen sich Ellen Trane Nørby und Christian Juhl einig sind Foto: Karin Riggelsen

Den Verdienst von Trane Nørby und Juhl könne man gar nicht positiv genug sehen, so Harro Hallmann – Sekretariatsleiter der deutschen Minderheit in Kopenhagen. „Die beiden werden nicht leicht zu ersetzen sein, denn sie kennen die Minderheit genau und konnten als Sprachrohr für die deutsche Minderheit pragmatische und konkrete Lösungsvorschläge liefern. Das Ausscheiden der beiden aus dem Folketing ist ein herber Verlust für uns“, erklärt Hallmann im Gespräch.

Die Beiden werden nicht leicht zu ersetzen sein, denn sie kennen die Minderheit genau und konnten als Sprachrohr für die deutsche Minderheit pragmatische und konkrete Lösungsvorschläge liefern.

Harro Hallmann, Sekretariatsleiter der deutschen Minderheit in Kopenhagen

Während sich Trane Nørby künftig auf die kommunale Politik in Sonderburg (Sønderborg) konzentrieren wird und erneut das Ziel verfolgt, als Kandidatin für das Amt der Bürgermeisterin im Jahr 2025 zu kandidieren, verabschiedet sich Christian Juhl gänzlich aus der aktiven Politik.

So steht es um die Zukunft der deutschen Minderheit in Kopenhagen

Die angekündigten Neuwahlen durch Staatsministerin Mette Frederiksen, Regierungschefin Dänemarks, stellen auch die deutsche Minderheit vor neue parlamentarische Verhältnisse und eine Neugestaltung des Kontaktausschusses.

Juhl ist von einer positiven Zukunft des Austausches zwischen Kopenhagen und Nordschleswig überzeugt. „In den vergangenen Jahren konnte ich den Kolleginnen und Kollegen meiner Partei viele Anstöße geben – viel von meinen Erfahrungen mit der Minderheit berichten – das hat ein Interesse unter den anderen, jüngeren Abgeordneten geweckt“, berichtet Juhl im Gespräch.

An die Erfolge der Kooperation könne man nun mit neuen, jüngeren Abgeordneten anknüpfen. Die Weichen für die Zukunft seien durch die Institutionalisierung des Kontaktausschusses der deutschen Minderheit, der immer sichtbarer und politisch bedeutender wird, gestellt, so Juhl.

In den vergangenen Jahren konnte ich den Kolleginnen und Kollegen meiner Partei viele Anstöße geben – viel von meinen Erfahrungen mit der Minderheit berichten – das hat ein Interesse unter den anderen, jüngeren Abgeordneten geweckt.

Christian Juhl, Politiker

Trotz des Abschieds aus der Politik im Folketing kann sich Juhl vorstellen, der deutschen und dänischen Minderheit als Vermittler erhalten zu bleiben. „Ich werde meiner Partei anbieten, weiterhin im Kontaktausschuss zu agieren. Wenn Interesse besteht, stelle ich mich gerne zur Verfügung“, erklärt Juhl.

Die 17 Mitglieder des Kontaktausschusses bis zur Neuwahl

  • Vorsitzende: Ane Halsboe-Jørgensen (Soz., Kulturministerin)
  • Vize-Vorsitzender: Kaare Dybvad Bek (Soz., Innenminister)
  • Mitglieder aus dem Folketing: Ellen Trane Nørby (Venstre), Henrik Dahl (Liberale Allianz), Birgitte Vind (Soz.), Lotte Rod (Radikale Venstre), Rasmus Nordqvist (SF), Pernille Vermund (Neue Bürgerliche), Christian Juhl (Einheitsliste), Marie Krarup (DF), Karina Lorenzen Dehnhardt (SF), Niels Flemming Hansen (Kons.)
  • Mitglieder aus der deutschen Minderheit: Hinrich Jürgensen (Hauptvorsitzender Bund Deutscher Nordschleswiger), Anke Tästesen (Deutscher Schul- und Sprachverein), Carsten Leth Schmidt (Vorsitzender Schleswigsche Partei), Uwe Jessen (Generalsekretär Bund Deutscher Nordschleswiger), Harro Hallmann (Kommunikationschef und Leiter des Sekretariats der deutschen Minderheit in Kopenhagen)
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Leitartikel

Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
„Wenn Minderheiten als Gefahr für andere dargestellt werden“