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Die Grenzkontrollen bleiben

Die Grenzkontrollen bleiben

Die Grenzkontrollen bleiben

Peter Lassen
Peter Lassen Hauptredaktion
Pattburg/Apenrade
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Foto: dpa

Die EU will, dass Schengen ab November wieder voll gilt, aber danach sieht es nicht aus – und nicht nur an der deutsch-dänischen Grenze.

Laut EU-Kommission sollen die befristeten Grenzkontrollen, die unter anderem Deutschland und Dänemark im Zuge des Flüchtlingsstroms eingeführt haben, im November abgeschafft werden, weil die Lage sich normalisiert habe: Schengen müsse wieder gelten! Aber für die dänische Regierung hat insbesondere Ausländerministerin Inger Støjberg (Venstre) immer wieder knallhart erklärt, dass die dänischen Kontrollen an der deutsch-dänischen Grenze bleiben, so lange das nötig ist. Und das sei weiterhin nötig. Dafür gibt es im Folketing eine breite Mehrheit.

Eine Analyse in Berlingske stellt dies auch fest: Die Kontrollen, die am 4. Januar vergangenen Jahres  eingeführt wurden, sind gekommen, um – mit großer Wahrscheinlichkeit – noch eine ganze Weile zu bleiben. Als Argument dient auch, dass seit Januar vergangenen Jahres immerhin knapp mehr als 4.300 Personen an der Grenze abgewiesen wurden. Kriminelle und Menschenschmuggler wurden verhaftet – Waffen und Rauschgift beschlagnahmt. Im Wonnemonat Mai teilte die EU-Kommission Dänemark, Schweden, Norwegen, Österreich und Deutschland mit, dass die befristeten Kontrollen spätestens am 3. November abgeschafft werden sollen.

Berlingske sieht aber mehrere Gründe, wieso dies nicht passieren wird – zumindest nicht in Dänemark: Zum Beispiel weil sowohl Regierung als auch Dänische Volkspartei (DF) und Sozialdemokraten an den Kontrollen festhalten wollen über den November hinaus – egal, was die EU fordert. DF will gar permanente Grenzkontrollen – und  diese noch  intensivieren. Dabei kann man dann auf die aktuellen Zahlen der Polizei verweisen, dass die Kontrollen eine gewisse Wirkung haben. Auch wenn andere, wie die Radikalen, meinen, dass dort zu viele Polizei-Ressourcen verbraucht werden.

Kontrollen als etwas Ideologisches

DF sieht die Kontrollen auch als etwas Ideologisches: Grenzen seien entstanden, um zu markieren, wo ein vereintes Volk beginnt und endet, so DF-Sprecher Martin Henriksen in Jyllands-Posten.  Das sei eine Manifestation der politischen, völkischen und kulturellen Gemeinschaft der Dänen. Als weiteres Argument für einen Fortbestand der Grenzkontrollen sieht die Berlingske-Analyse den relativ geringen Erfolg der Schengen-Zusammenarbeit, der Dänemark schon 16 Jahre angehört. Die sei eher recht flexibel als effektiv gehandhabt worden. Obwohl Dänemark sich bei jeder Verlängerung der Kontrollen bisher auf die unkontrollierte Lage an  der Südgrenze der EU bezogen hat, gibt es auch die Möglichkeit, die Kontrollen zukünftig unter Hinweis auf die Terrorgefahr zu verlängern. Das würde weder grünes Licht von der EU erfordern  noch müsse eine solche Kontrolle gegen Terror befristet sein.

Berlingske meint unter Bezug auf zentrale Quellen, dass Dänemark sich darauf vorbereitet, dieses Argument für eine Verlängerung im November zu wählen.  Andererseits könnte die EU Länder verklagen, wenn sie der Ansicht sei, dass die eingeführten Maßnahmen nicht im Verhältnis zur tatsächlichen Bedrohungslage stehen  – oder wenn sie wirkungslos erscheinen würden. Das  hat die EU aber nicht bei Frankreich getan, wo die Kontrollen schon zwei Jahre dauern. Bei der aktuellen Terrorbedrohung sei es auch nur schwer vorstellbar, dass die EU den Weg gehen würde, so Berlingske. Vieles hänge aber davon ab, ob Dänemark allein gelassen werde in dieser Frage. Man geht davon aus, dass Deutschland seine Kontrollen an der Grenze zu Österreich mindestens bis ins neue Jahr verlängern wird. Frankreich denke auch nicht daran, seine Grenzkontrollen abzuschaffen. Schweden diskutiert noch – und Österreich hält bislang auch am Status quo fest.

Hoffnung, die Schengen-Regeln ändern zu können

Das dritte Argument für einen Fortbestand der Kontrollen an der deutsch-dänischen Grenze ist die Hoffnung Dänemarks, die Schengen-Regeln ändern zu können, sodass es zukünftig einfacher wird, Kontrollen durchzuführen. Staatsminister Lars Løkke Rasmussen (V) hat es deutlich gesagt:  „Es hat ja keinen Sinn, wenn man wegen Juristereien sagt, dass die Situation nun so ist,  dass man die Grenzkontrollen nicht aufrechterhalten kann.“ Laut Berlingske setzt Løkke darauf, dass Dänemark auf Deutschland und Frankreich bauen kann, wenn Schengen verändert werden soll. Ein Vorhaben, das die EU schon Anfang des Jahres ankündigte. Das Wie und Wann steht noch in den EU-Sternen …

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Apenrade/Aabenraa Künftig soll bei der Einführung von Kontrollen an den Binnengrenzen unter anderem die Verhältnismäßigkeit geprüft werden, doch dafür dürfen Grenzkontrollen in Zukunft von den Staaten im Schengenraum noch länger aufrechterhalten werden. Die Parteisekretärin der Schleswigschen Partei, Ruth Candussi, und die Grenzlandpolitiker Rasmus Andresen und Stefan Seidler sind deshalb enttäuscht von dem Beschluss.