Leitartikel

„Grüner Staatshaushalt “

Grüner Staatshaushalt

Grüner Staatshaushalt

Apenrade/Aabenraa
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Vor der Verabschiedung des Staatshaushaltes 2021 haben sich die Regierung und ihre Unterstützerparteien auf eine Reihe von grünen Initiativen verständigt. Für die Landwirtschaft ist das mit Herausforderungen verbunden, meint „Nordschleswiger“-Redakteur Volker Heesch.

Während der vergangenen Tage gab es eine wahre Flut von Meldungen über Natur- und Artenschutzprogramme sowie Gelder aus dem dänischen Staatshaushalt für die Wiedervernässung von ehemaligen Feuchtgebieten, Entsorgung von Giftaltlasten, Energiegewinnung aus Gülle und mehr Ökolandwirtschaft, worauf sich die sozialdemokratische Regierung mit ihren roten Unterstützerparteien plus Alternativen verständigt hat.

Der Naturschutzverband Danmarks Naturfredningsforening (DN) jubelt über einen historischen grünen Staatshaushalt und illustriert seine Pressemitteilung mit einer Fotomontage, die den ehrwürdigen Folketingssaal als Dschungel zeigt, in dem Schlingpflanzen und Bäumchen die Sitzreihen überwuchern.

Auffallend ist, dass bei den Landwirtschaftsorganisationen nicht nur von den Ökolandwirten Beifall kommt. Auch der frühere Vorsitzende des Agrardachverbandes Landbrug & Fødevarer, Martin Merrild, lobt die Initiative, Agrarflächen, vor allem in Niederungen, aus der Produktion herauszunehmen, um den Austritt von Treibhausgasen im Bereich der Landwirtschaft bei der Zersetzung von Torf und Humus unter trocken gelegten Flächen zu stoppen. Merrild spricht von einer gesellschaftlichen Aufgabe, die grüne Umstellung zu meistern. Er denkt dabei sicher auch an den Umstand, dass aus der Staatskasse im Rahmen des Programms zur Senkung des Kohlendioxidausstoßes in den kommenden Jahren Entschädigungen an Landwirte gezahlt werden, die auf Nutzflächen verzichten, die sie bisher zur Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz nutzen konnten. Dazu zählen auch Mittel, um Ersatzflächen im Rahmen von Flurbereinigungen aufkaufen zu können.

Auffallend an den dänischen Ankündigungen für grüne Initiativen in der Landwirtschaft ist, dass mit keinem Wort erwähnt wird, dass sich viele der nationalen Neuerungen unter dem Dach der gemeinsamen EU-Agrarpolitik abspielen werden, auf deren Ausrichtung sich Kommission, Ministerrat und EU-Parlament im Oktober verständigt haben. Die Direktzahlungen an die Landwirte, auch für die Bauern in Dänemark, werden künftig an Ökoregelungen geknüpft. Was in Dänemark als Durchbruch für eine grünere Landwirtschaft gefeiert wird, ist im Prinzip eine Konsequenz der Weichenstellung, auf die sich alle 27 EU-Staaten unter Beteiligung der dänischen Regierung und der dänischen EU-Parlamentsmitglieder verständigt haben.  

Sieht man sich die Mitteilungen zu der neuen grünen Offensive in der dänischen Politik an, werden dort Zahlen wie künftig 75.000 Hektar zusätzlicher Urwald, 5.000 Hektar wiederherzustellende Moore und Feuchtwiesen – und vor allem die Zielsetzung genannt, bis 2030 den Ausstoß von Treibhausgasen in Dänemark um 70 Prozent zu senken. 

Es bleibt zu hoffen, dass durch die Maßnahmen in der Natur und in der dänischen Landwirtschaft der Klimaschutz gelingt, nachdem doch erkennbar wurde, dass das Erreichen der Ziele im Bereich Verkehr, einem bedeutenden Klimasünder in Dänemark, nicht erkennbar ist. Denn dann müssten bis 2030 deutlich weniger Verbrennungsgase aus Autos und Flugzeugen freigesetzt werden.  

Angesichts der begrenzten Landesfläche Dänemarks, von der aktuell über 60 Prozent landwirtschaftlich genutzt werden, kommen Zweifel auf, ob über Flächenstilllegungen die Klimaziele erreichbar sind, neben dem ebenfalls hochaktuellen Ziel, die Artenvielfalt in unserer Umwelt zu erhalten. Viele Arten, die hierzulande vom Aussterben bedroht sind, leben nicht in Urwäldern. Sie sind auf offene Landschaften wie Heiden, Wiesen und auch Ackerflächen angewiesen, die gezielter Pflege bedürfen, um nicht zu verbuschen und damit für Lerche, Kiebitz oder Schafstelze ebenso unwirtlich zu werden, wie hochintensiv genutzte Agrarflächen. Nicht außer Acht zu lassen sind Unwägbarkeiten, wie Flächenverluste durch Meeresspiegelanstieg, steigende Grundwasserspiegel und Reaktion von Nutz- wie Naturflächen auf Dürren oder steigende Niederschlagsmengen. 

Erforderlich ist, dass die Landschaft überall Hecken, kleine Wasserflächen und sonstige Naturoasen behält. Und es ist nötig, dass in unserem kleinen Land die exzessive Bebauung von Flächen mit immer neuen Gewerbe- und Wohngebieten oder auch Verkehrswegen gebremst wird, nicht nur in florierenden Ballungsgebieten, sondern auch in Kleinstädten, wo inzwischen an vielen Umgehungsstraßen der Landfraß fortgeschritten ist, während die Zentren oft verödet zurückgeblieben sind. Nicht zu vergessen, dass auch Grünzonen in unseren Siedlungen, Alleen an den Straßen ebenso wie Gärten am eigenen Haus Beiträge zum Klimaschutz liefern. 

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