Leitartikel

„Das Gute und das Böse“

Das Gute und das Böse

Das Gute und das Böse

Kopenhagen/Nordschleswig
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Dänemark war drei Tage lang in Feierlaune. Die Tour de France bescherte dem Land ein einmaliges Spektakel. Doch die Feier bekam ein abruptes Ende, das einen Schatten über das Großereignis geworfen hat, schreibt Chefredakteur Gwyn Nissen.

Bestes Wetter, begeistertes Publikum, tolle Rahmenbedingungen. Kurz: Es war ein perfektes sportliches Spektakel, als die Tour de France für drei Tage in Dänemark und Nordschleswig gastierte. Bis Sonntagabend, 17.30 Uhr, wenige Minuten nach Ende des Tour-Finales am beschaulichen Alsensund.

Das Gute und das Böse – so nah beieinander.

Dänemark ging von Feierlaune direkt in die Trauer. Statt Bilder von einem herrlichen Nachmittag, an dem Tausende von lächelnden Menschen die Tourstrecke säumten, zeigte das Fernsehen live aus Kopenhagen den Horror in den Gesichtern der Geflüchteten, die sich aus dem Einkaufszentrum Fields retten konnten.

Ein 22-jähriger – wahrscheinlich psychisch kranker – Däne verwandelte den Festtag in einen Albtraum für Opfer und Angehörige. Etwa 18 Minuten lang schoss er im Shoppingcenter auf Amager gezielt auf Menschen – tötete dabei drei Personen und verletzte vier weitere schwer.

Die Freude an der Tour endete abrupt, und es wird für immer ein Schatten auf diesem Großereignis liegen. Das Einzelzeitfahren in den Straßen Kopenhagens, die Überquerung des Großen Belts, die Fahrt durch die schöne nordschleswigsche Heimat und das Finale im geschmückten Sonderburg – alles wird plötzlich zweitrangig, weil unschuldige Menschen an diesem Abend ihr Leben verloren haben.

Das Gute und das Böse – so nah beieinander.

Nicht nur in den USA kommen Menschen an Waffen heran. Potenzielle Amokläufer gibt es überall auf der Welt und nun eben auch in Dänemark. Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, so wie wir auch wissen, dass es wieder einen Terroranschlag geben kann. Oder wird – das ist die knallharte Realität.

Diese Furcht schieben wir zum Glück von uns weg, weil der ständige Gedanke an das Böse unseren Alltag unvorstellbar schwer machen würde.

Deshalb glauben wir an das Gute und daran, dass das Gute am Ende immer siegen wird. Das ist heute ein schwacher Trost für die Betroffenen im Fields, aber es gibt keine Alternative: Auch wenn das Gute und das Böse nah beieinander liegen, das Gute wird immer die Oberhand behalten – trotz grausamer Rückschläge wie am Sonntag, 3. Juli, um 17.30 Uhr.

 

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