Gesundheit

Immer mehr junge Menschen in Apenrade plagen Sorgen

Immer mehr junge Menschen in Apenrade plagen Sorgen

Immer mehr junge Menschen in Apenrade plagen Sorgen

Apenrade/Aabenraa
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Jugendliche suchen bei Problemen oft die Einsamkeit (Symbolfoto). Foto: Zi Nguyen/Unsplash

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Der Druck auf Kinder und Jugendliche steigt. Das belegen nationale Zahlen, und auch das Apenrader „Headspace“ beobachtet diesen Trend. Welche Probleme die jungen Leute vor allem haben und was Eltern machen können, erklärt der Centerleiter.

Greta spaziert durch den Wald. Der Blick ist auf den Boden gerichtet, in ihren Ohren stecken Kopfhörer. Sie geht langsam, und in ihrem Gesicht ist zu lesen, wie angestrengt sie nachdenkt. Wieder ist sie nicht zufrieden. Nicht zufrieden mit ihrem Aussehen, nicht zufrieden mit ihren Leistungen in der Schule und Streit mit der besten Freundin. Die Gefühle überwältigen die 15-Jährige. Leise rollen die Tränen über ihre Wangen.

Jedes dritte Mädchen und jeder fünfte Junge betroffen

Auch wenn Greta hier eine fiktive Gestalt ist, gibt es doch viele Jungen und Mädchen, die mit ähnlichen Problemen und Sorgen kämpfen – und es werden immer mehr. Das zeigen Zahlen unter anderem aus einer Untersuchung der Gesundheitsbehörde (Sundhedsstyrelsen). Jedes dritte Mädchen, jede dritte junge Frau und jeder fünfte Junge oder junge Mann ist davon betroffen. Manche von ihnen so sehr, dass sie psychiatrisch behandelt werden müssen.

Zunehmende Hilfe auch in Apenrade in Anspruch genommen

Jüngst hat auch das Apenrader Beratungscenter „Headspace“ seinen jährlichen Bericht herausgegeben, aus dem Ähnliches hervorgeht. 1.185-mal sind dort im vergangenen Jahr junge Menschen in Gesprächen beraten worden. Im Jahr 2021 waren es noch 774 und im Jahr davor 418. Auffallend ist, dass etwa zwei Drittel Mädchen und junge Frauen sind, die sich an die psychologische Hilfe von „Headspace“ wenden.

Perfektioniert und optimiert

Doch woher kommt diese Entwicklung? Der dänische Psychologenverband „Dansk Psykolog Forening“ hat dazu kürzlich einen Artikel veröffentlicht. Darin heißt es, dass die sozialen Medien eine Rolle spielten. Das seien „neue“ Phänomene, die Jagd nach dem Perfektionismus, den allerdings niemand erfüllen kann. Ein Teil der Entwicklung wird auch der Corona-Pandemie zugeschrieben, die „den Alltag der Menschen auf den Kopf gestellt hat“, heißt es dort.

Das sei nicht alles. Es ist komplexer. Schon vorher gab es nämlich Veränderungen. Die Volksschulreform wurde eingeführt, das Gymnasium wurde reformiert, das Gesundheitswesen wurde reformiert – und alles, um die Gesellschaft für die Zukunft zu rüsten. „Aber wir haben nicht aufgepasst, dass es Schattenseiten gibt. In unserem Eifer, die beste Version dieses Landes zu schaffen, haben wir den massiven Druck übersehen, den wir damit schaffen“, summiert die Vorsitzende Dea Seidenfaden.

Noch eine Empfehlung

Jetzt gibt es eine erneute Empfehlung von der Gesundheitsbehörde: Krafttraining soll in den Tagesablauf von Kindern und Jugendlichen eingebaut werden, so der Rat. 60 Minuten sollen Kinder und Jugendliche im Alter von 5 bis 17 Jahren täglich körperlich aktiv sein und dreimal wöchentlich Krafttraining machen. Das berichtete dr.dk. Die Anforderungen nehmen zu. Schule, Freizeit und Familie füllen enorm viel.

Und dies sind auch die größten Herausforderungen, mit denen die Apenrader Jugendlichen hauptsächlich kämpfen. „Wie schaffe ich den Alltag“, ist bei 40 Prozent der „Headspace“-Gespräche das Kernthema. Die Beziehungen zu Familie und Freunden ist das zweithäufigste Thema und Identität sowie Selbstwert folgen.

„Headspace“ hilft den jungen Leuten, die Probleme und Sorgen anzugehen und – wenn notwendig – auch zu psychologischer Hilfe zu raten.

Mädchen reagieren anders

Warum es mehr Mädchen sind, die sich um Hilfe bemühen, weiß auch Kim Callesen, der Leiter des Apenrader „Headspace“ nicht. Er kann nur vermuten. „Mädchen gehen wohl anders mit ihren Sorgen um. Sie versuchen, mit jemandem darüber zu reden. Jungs sind da vermutlich anders und wollen allein damit klarkommen. Genau sagen können wir das allerdings nicht.“ „Headspace“ hat mit verschiedenen Maßnahmen versucht, auch Jungen und junge Männer auf das Angebot aufmerksam zu machen, wie Callesen berichtet, denn „auch junge Männer haben Sorgen“.

Der Rat für Eltern

Kim Callesen hat einen wichtigen Rat für Eltern, damit sie ihren Kindern helfen können: „Zuhören. Hört, was die Kinder zu sagen haben. Hört, wenn sie von ihren Problemen sprechen, mögen sie auf uns auch nur unscheinbar wirken“, sagt er. „Wir haben einen so großen Fokus darauf, die Probleme unserer Kinder zu lösen. Darum geht es aber nicht. Die Kinder wissen, was sie machen müssen. Es hilft jedoch, einfach mal laut auszusprechen, was einen belastet“, erklärt der Center-Leiter. „Es ist wichtig, sich Zeit zum Zuhören zu nehmen“, rät der Callesen.

 

 

 

„Headspace“

„Headspace“ ist ein landesweites Beratungsangebot für Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 25 Jahren und wird unter anderem aus dem Staatshaushalt finanziert. Auch die Kommunen Apenrade (Aabenraa) und Hadersleben (Haderslev) sowie die Region Süddänemark beteiligen sich am Betrieb des Beratungszentrums und stellen darüber hinaus Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verfügung.

Die ersten Zentren sind 2013 entstanden. Heute zählt die Organisation etwa 30 Zentren in ganz Dänemark. Der frühere Staatsminister Poul Nyrup Rasmussen ist Gründer und Schirmherr des Vereins „Det Sociale Netværk/headspace Danmark“.

https://headspace.dk/afdelinger/headspace-aabenraa/
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