Generalversammlung

„Zu einer Bücherei gehören weit mehr als Regale mit Büchern“

„Zu einer Bücherei gehören weit mehr als Regale mit Büchern“

„Zu einer Bücherei gehören weit mehr als Regale mit Büchern“

Hadersleben/Haderslev
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Rund 30 Personen waren zur Generalversammlung des Büchereiverbandes in die Bücherei nach Hadersleben gekommen. Foto: Nils Baum

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Auf der Generalversammlung des Büchereiverbandes betonte Direktorin Claudia Knauer die Bedeutung der Büchereien als Treffpunkt und Begegnungsstätte vor Ort. In diesem Jahr soll ein besonderer Fokus auf der Medienkompetenz junger Menschen liegen, da die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz und damit einhergehenden Fake-News zügig voranschreite.

„Es geht um Atmosphäre, Kreativität, Lernen und Lachen“, so Büchereidirektorin Claudia Knauer über wesentliche Eigenschaften einer gelungenen Bücherei.

Und die Atmosphäre war gut auf der Generalversammlung des Verbandes Deutscher Büchereien Nordschleswig, die am Mittwochabend in der Filiale in Hadersleben stattfand.

Wichtig ist, dass wir ein Ort für den Austausch im Rahmen des demokratischen Diskurses sind.

Asmus Peter Asmussen, Vorsitzender des Büchereiverbandes

Zunächst begrüßte der Vorsitzende des Verbandes, Asmus Peter Asmussen, die aus rund 30 Personen bestehende Versammlung und bedankte sich bei der Leitung und den Mitarbeitenden für ihr Engagement und ihren Erfindungsreichtum – besonders während der Corona-Zeit. Und zählte dazu auch die seitdem zur Routine gewordene Möglichkeit, online an Sitzungen und Lesungen teilnehmen zu können.

Der Vorsitzende des Büchereiverbandes, Asmus Peter Asmussen (mittig), begrüßte die Anwesenden und betonte, dass es für den Büchereiverband wichtig sei, aktuelle Themen aufzugreifen. Er war eingerahmt von Vorstandsmitglied Dr. Jens Knoke und Büchereidirektorin Claudia Knauer. Foto: Nils Baum

Büchereien als Kulturvermittler

„Das vergangene Jahr brachte mit dem Krieg in der Ukraine eine Zeitenwende. Wichtig ist, dass wir als Kulturvermittler solche Themen aufgreifen und als Bücherei ein Ort für den Austausch im Rahmen des demokratischen Diskurses sind“, sagte Asmus Peter Asmussen. Auch hier habe sich die Nutzung der Technik als hilfreich erwiesen. Beispielsweise wurde die Veranstaltung mit Jens Alstrup zum Krieg in der Ukraine im November von rund 9.500 Menschen live oder nachträglich über Facebook angeschaut.

Ohnehin stehe die Frage, wie die Büchereien weiterentwickelt werden können, im Zentrum der Vorstandsarbeit. Besonders stolz sei man über die CSR-Zertifizierung durch die Kommune Apenrade (Aabenraa). Die Abkürzung steht für „Corporate Social Responsibility“ und zeichnet Unternehmen und Institutionen für ihre gesellschaftliche Verantwortung aus. Der Büchereiverband hatte das Siegel im Februar dieses Jahres erhalten.

Sichtbarkeit der Bücherei Hadersleben

Er ging auch auf den Standort der Büchereifiliale in Hadersleben ein, der aufgrund seiner Lage in einem Villenviertel nicht so stark frequentiert ist, wie dies beispielsweise in Sonderburg (Sønderborg) der Fall sei. Dort habe man mit dem Multikulturhaus eine sichtbare Stellung erlangt. „Im Haderslebener Raum werden nun ähnliche Überlegungen angestellt, vonseiten der Kommune Hadersleben besteht ein deutliches Interesse an der deutschen Bücherei.“ Nun sei es Aufgabe des Vorstandes, Chancen und Möglichkeiten gemeinsam mit dem Bund Deutscher Nordschleswiger zu erörtern, um eine bestmögliche Lösung zu finden, sagte Asmus Peter Asmussen.

Bedarf für Veränderungen gebe es auch beim mobilen Büchereiangebot. „Hier ist eine Neuaufstellung dringend erforderlich, da die Fahrzeuge in die Jahre gekommen sind. Die Hoffnung ist nun, im kommenden Jahr neue Initiativen in diesem Bereich präsentieren zu können“, so der Vorsitzende.

Büchereidirektorin Claudia Knauer konnte sich nach Ende der Corona-Krise über wieder steigende Nutzerzahlen in den Bibliotheken freuen. Foto: Nils Baum

Gestiegene Präsenzausleihe

Anschließend präsentierte Büchereidirektorin Claudia Knauer einige Zahlen aus ihrem Bericht für das vergangene Jahr. So haben wieder wesentlich mehr Menschen nach Ablauf der Corona-Restriktionen Bücher und andere Medien ausgeliehen. 2022 wurden insgesamt 203.706 Entleihungen gezählt, was einer Steigerung von mehr als 20 Prozent gegenüber 2021 entspricht.

Es geht um einen Raum, in dem sich Menschen sicher und angenommen fühlen, in dem sie alle Fragen stellen können und belastbare Antworten finden.

Claudia Knauer, Büchereidirektorin

Auch die digitalen Angebote würden hervorragend funktionieren, so Knauer. Insbesondere seien die Munzinger Datenbanken mit ihren Angeboten „Duden“, „Süddeutsche Zeitung“, „FAZ“ und „Spiegel“ sehr nachgefragt. Zudem konnte der Büchereiverband über Facebook und Instagram 102.066 Personen erreichen, und das, ohne über eigens für die sozialen Medien angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verfügen.

Ort des Austausches

Doch aus Sicht von Claudia Knauer muss eine Bücherei heutzutage vor allem auch ein Ort der Begegnung sein.

„Zu einer Bücherei gehören weit mehr als Regale mit Büchern. Es geht um einen Raum, in dem sich Menschen sicher und angenommen fühlen, in dem sie alle Fragen stellen können und belastbare Antworten finden“, so die Büchereidirektorin.

Gegenwärtig sei es besonders wichtig, ein wachsames Auge auf die Entwicklung künstlicher Intelligenz zu haben, die sich in diesen Wochen im Chatbot „ChatGPT“ widerspiegele. Eine Entwicklung, die alle sehr fordern werde, war sich Claudia Knauer sicher.

Papier kann auch in digitalen Zeiten noch etwas: Die gedruckte Fassung des Jahresberichts 2022 von Büchereidirektorin Claudia Knauer bot den Anwesenden zusätzliche Orientierung. Foto: Nils Baum

Künstliche Intelligenz fordert Bildungsauftrag heraus

„Wir können hier gar nicht wachsam genug sein. Die Künstliche Intelligenz ist in vielen Bereichen ganz wichtig. Aber wir brauchen noch mehr Bildung, um mit dem klarzukommen, was damit geliefert wird“, sagte sie. Und warnte davor, dass die Künstliche Intelligenz derzeit auf den Daten einiger großer US-amerikanischer und chinesischer Firmen basieren würde. „Wenn wir das alles kritiklos aufnehmen und annehmen, haben wir irgendwann ein großes Problem“, sagte Knauer.

Wir haben auch ein Anrecht auf eine analoge Welt.

Claudia Knauer, Büchereidirektorin

Denn gegenwärtig sei es nicht möglich, nachzuvollziehen, aus welchen Quellen „ChatGPT“ sein vermeintliches Wissen bezieht. Vor diesem Hintergrund sei es wichtig, dass die Büchereien den Bildungsauftrag maßgeblich unterstützen. Dies solle künftig auch durch ein nordisches Zentrum für Technik und Demokratie geschehen, mit dem Desinformation aufgrund Künstlicher Intelligenz entgegengewirkt werden solle.

Genügend Arbeit

Doch sei es aller digitalen Entwicklungen zum Trotz wichtig, auch die analoge Welt nicht aus dem Blickfeld zu verlieren. „Wir werden unsere Angebote nicht auf TikTok tanzen, auch wenn wir Potenzial unter den Kolleginnen und Kollegen haben. Wir haben auch ein Anrecht auf eine analoge Welt“, so Knauer.  

Deswegen möchte der Büchereiverband mit seinem analogen Angebot zu Demokratiekompetenz und der Fähigkeit, sich konstruktiv über Uneinigkeiten austauschen zu können, beitragen. Denn nur so könne das, was wir sehen, auch nachvollzogen und bewertet werden. „Da geht uns die Arbeit nicht aus“, war sich Claudia Knauer sicher.

Peter Iver Johansen war zum Versammlungsleiter gewählt worden und sicherte einen stringenten Ablauf der Generalversammlung. Foto: Nils Baum

AG Zukunft

Zur Sprache kamen auch die Vorschläge der vom Hauptvorstand des Bundes Deutscher Nordschleswiger ins Leben gerufenen „AG Zukunft“. Sie hatte im Februar Ideen zum Umbau der Minderheit gemacht und unter anderem eine neue Struktur vorgeschlagen.

Unter den Anwesenden gab es unterschiedliche Meinungen zu den Vorschlägen. So bemerkte Jens Knoke, dass auch die Vorschläge für eine neue Struktur nicht einfach zu verstehen seien. Es sei deshalb wichtig zu wissen, was genau gemeint ist in Bezug auf die Bücherei. Claudia Knauer äußerte die Sorge, dass Dinge zusammengeführt werden, die nichts miteinander zu tun haben. Der Trend gehe allgemein eher in Richtung einer breiten Basis statt einer Zentralisierung.

Wir werden unsere Angebote nicht auf TikTok tanzen, auch wenn wir Potenzial unter den Kolleginnen und Kollegen haben.

Claudia Knauer, Büchereidirektorin

Generalsekretär Uwe Jessen sagte, dass der Hauptvorstand beschlossen habe, in der zweiten Augustwoche ein Seminar durchzuführen, bei dem alle Vorschläge aus dem Inspirationspapier der „AG Zukunft“ durchgegangen werden sollen. Ohnehin würde eine solche Debatte längere Zeit in Anspruch nehmen.

Ein Kurzfilm zum Abschluss

Claudia Knauer bemerkte abschließend, dass dies eine spannende Diskussion werde. Und stimmte die Teilnehmenden dann zum Abschluss auf einen kurzen Film ein, den die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mithilfe von Paul Krauskopf, seines Zeichens Social Media Manager beim Bund Deutscher Nordschleswiger, erstellt haben. Denn in der Zentralbücherei in Apenrade wurde umgeräumt.

„Ihr findet die Bücher nicht mehr dort, wo sie bisher waren“, sagte Claudia Knauer mit einem Lächeln und fügte noch hinzu „aber wir können und wollen euch natürlich immer helfen.“ Der Film berichtet von den Umbauarbeiten.

Zu den gelungenen Eigenschaften einer Bücherei zählen neben einer guten Atmosphäre eben auch Kreativität, Lernen und Lachen.

Die Deutsche Bücherei ist in Hadersleben derzeit am Aastrupvej untergebracht. Foto: Nils Baum
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