Bildung

Abschaffung der 10. Klasse: Kopfschütteln bei Tingleffs Nachschulleiter

Keine 10. Klasse mehr: Kopfschütteln beim Nachschulleiter

Keine 10. Klasse mehr: Kopfschütteln beim Nachschulleiter

Tingleff/Tinglev
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Jørn Warm leitet seit mehr als 2006 die Deutsche Nachschule Tingleff (Archivfoto). Foto: Karin Riggelsen

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Jørn Warm, Leiter der Deutschen Nachschule Tingleff, ist auf eine Empfehlung einer Expertenkommission zur künftigen Ausbildungsstruktur nicht gut zu sprechen. Dass die 10. Klasse wegfallen soll, hält er gar für grob fahrlässig.

Die 10. Klasse sollte in bisheriger Form wegfallen. Das ist einer von mehreren Ansätzen, die eine Reformkommission zum künftigen Schulsystem in Dänemark vorgelegt hat. Hintergrund ist die politische Zielsetzung, mehr junge Menschen in eine Berufsausbildung zu bringen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.  

Eine zweijährige schulische Ausbildung (hpx – „højere praktisk eksamen“) mit einer Kombination aus klassischem Unterricht und praktischen Fächern ist als Alternative ins Spiel gebracht worden.

Die Überlegungen der Kommission betreffen auch die Nachschulen.

Am Strukturentwurf lässt Jørn Warm, Leiter der Deutschen Nachschule Tingleff, kein gutes Haar. Die Belange und Bedürfnisse der Jugendlichen werden ihm zufolge links liegen gelassen. Er könne nicht verstehen, dass der Fokus auch auf den Nachschulen liegt.

„Wir sind die Lösung und nicht das Problem, wenn es darum geht, Jugendliche zu unterrichten und für den weiteren Weg vorzubereiten“, so Warm.

„Ich kann nicht verstehen, dass man etwas abschaffen will, was sehr gut funktioniert“, wettert der Nachschulleiter und bezeichnet die Kommissionsempfehlung als übereilten Aktionismus.

Die ins Spiel gebrachte zweijährige hpx-Ausbildung erfordere eine enorme Anpassung. Der Prozess würde es in sich haben.  „Lehrkräfte müssen dafür ausgebildet werden, es muss Unterrichtsmaterial her und auch Unterrichtsräume müssen gefunden werden. Das geht mit Sicherheit nicht von heute auf morgen“, ergänzt Jørn Warm.

Reifeprozess

Die 10. Klasse, insbesondere an einer Nachschule, sei für viele Jugendlichen neben der schulischen Ausbildung ein wichtiger Entwicklungsschritt. „Hier wird die Persönlichkeit gestärkt, und es werden soziale Kompetenzen vermittelt“, so Warm zu den Besonderheiten eines Nachschulbetriebes, die viele Jugendliche ganz bewusst eine Nachschule wählen lassen – vor allem auch in der 10. Klasse.

Wir sind die Lösung und nicht das Problem, wenn es darum geht, Jugendliche zu unterrichten und für den weiteren Weg vorzubereiten.

Jørn Warm

Sollte es in absehbarer Zeit tatsächlich zu einer Abschaffung der 10. Klasse kommen – angedacht ist an Nachschulen lediglich eine 10. Klasse nach dänischem Hochschulprinzip ohne Zensuren, Examen und ohne vorgegebenen Lehrplan – dann würde das insbesondere Auswirkungen auf die Tingleffer Nachschule haben.

Deutscher Schulabschluss in der Schwebe

Die Einrichtung besuchen seit vielen Jahren auch Schülerinnen und Schüler aus Deutschland, die in Tingleff neben dem dänischen auch den deutschen 10. Klassen-Abschluss (bekannt als Realschulabschluss) machen können.

Viele von ihnen wechseln danach zudem an das Deutsche Gymnasium für Nordschleswig in Apenrade (Aabenraa). Das alles könnte wegbrechen, „sollten wir keinen Sonderstatus erhalten“, so Warm für den Fall, dass es tatsächlich zu einer Abschaffung der bisherigen 10. Klasse kommt.

Für ihn sei der Reformansatz ein nicht zu Ende gedachter Schnellschuss in die falsche Richtung. Er könne sich nicht vorstellen, dass der Kommissionsentwurf, so wie er vorgelegt wurde, umgesetzt wird, sagt der Schulleiter.

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