Rudersport

„Ich will den Titel ja nicht geschenkt“

„Ich will den Titel ja nicht geschenkt“

„Ich will den Titel ja nicht geschenkt“

Apenrade/Aabenraa
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Frauke Candussi ist mit ihren 83 Jahren die älteste Teilnehmerin bei den jütischen Meisterschaften im Ergometerrudern. Foto: Karin Riggelsen

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Die 83-jährige Frauke Candussi vom Apenrader Ruderverein holte Gold bei den diesjährigen Jütischen Meisterschaften im Ergometerrudern. Allerdings war dies auch kein Wunder.

Der Apenrader Ruderverein (ARV) hat seit Sonnabendmittag eine jütische Meisterin im Ergometerrudern in seinen Reihen. Die 83-jährige Frauke Candussi wurde Erste in der Altersgruppe 80+.

Allerdings war ihr der Sieg schon im Voraus gewiss. „Ich bin die einzige Starterin in meiner Altersgruppe und muss eigentlich nur ins Ziel kommen“, verrät sie lachend.

Das bedeutet aber nicht, dass die 83-jährige aus Hoptrup – zwischen Apenrade und Hadersleben (Haderslev) – deshalb die Zügel schleifen lässt. „Ich will den Titel ja nicht geschenkt. Ich will mir die Medaille schon verdienen“, sagte sie bereits im Vorfeld der Veranstaltung, die am Sonnabend im Klubhaus des Apenrader Rudervereins – virtuell – durchgeführt wurde.

Bis zu vier Teilnehmer konnten in Apenrade gleichzeitig rudern. Foto: Karin Riggelsen

Aus aller Welt

Insgesamt 258 Ruderinnen und Ruderer nahmen an den Meisterschaften teil. Viele trafen sich – wie die Mitglieder des Nordschleswigschen Ruderverbandes (NRV) –  im ganzen Land verteilt in ihren Vereinshäusern, um gemeinsam an den Ergometermeisterschaften teilzunehmen, andere schalteten sich aus dem eigenen Wohnzimmer oder Fitnessraum dem Online-Wettbewerb zu. So kam es, dass die Jütische Meisterschaft 2022 auch Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Finnland, den Niederlanden oder gar Australien zählte.

NRV-Rudertrainer Marc-Oliver Klages hatte die Technik im Griff. Foto: Karin Riggelsen

Zentrale Lage und Internetanschluss

„Es bedarf außer eines Ergometers eigentlich nur eines Computers mit Google Chrome und eines Internetanschlusses“, erläutert der Rudertrainer des Nordschleswigschen Ruderverbandes (NRV), Marc-Oliver Klages, die notwendigen Voraussetzungen für eine Teilnahme.

„Der ARV ist der einzige Verein des NRV, der über einen eigenen Internetanschluss verfügt. Darüber hinaus ist Apenrade zentral gelegen. Nicht zuletzt deshalb haben wir uns entschieden, die Ergometermeisterschaften in Apenrade durchzuführen“, berichtet MOK, wie Rudertrainer Klages allgemein nur genannt wird.

Palle Adelhardt nahm die Anfahrt aus Ribe gerne auf sich, um sich gemeinsam mit anderen zu schinden. Das motiviere ihn, sagt er. Foto: Karin Riggelsen

Gemeinschaft als Motivation

Das ARV-Klubhaus stand jedoch auch für die Mitglieder der dänischen Nachbarvereine offen. Palle Adelhardt aus Ribe nutzte diese Möglichkeit. „In Ribe bin ich Einzelkämpfer. Ich trainiere schon tagein, tagaus allein, und deshalb genieße ich es, hier gemeinsam mit anderen zu sein. So hole ich mir die Motivation für meine nächsten Trainingsstunden“, sagt Adelhardt.

„In der Freiluftsaison rudere ich mit Gerd Larsen vom ARV und zwei anderen im Vierer“, erläutert der Ruderer, weshalb er sich für die Teilnahme in Apenrade entschied.

Die Tatsache, dass sich neben ihm im großen Vereinssaal des ARV auch andere an ihren Ergometergeräten abrackern, motiviert ihn natürlich auch, sich selbst noch ein wenig mehr zu schinden. Mit einer sehr guten Zeit von 3.40,20 Minuten wird er Zweiter in der Altersklasse 70+ der Leichtgewichtsruderer und ist zufrieden mit sich.

Frauke Candussi, hier zu sehen mit dem früheren Bürgermeister von Hadersleben, H. P. Geil, ist ein aktives Mitglied der deutschen Minderheit (Archivbild). Foto: Ute Levisen

Die richtige Taktik

Doch zurück zum Rennen der Seniorinnen. Frauke Candussi hatte sich schon im Vorfeld ihre Taktik zurechtgelegt. „Ich werde die erste Rennhälfte relativ ruhig angehen, dann 450 Meter gut powern, um dann in den letzten 50 Metern einen Endspurt einzulegen und vielleicht noch die eine oder andere der Jüngeren einzuholen“, so Frauke Candussi.

Neue Bestzeit

Und sie hat sich an ihre Taktik gehalten. Der Schlussspurt hat zwar nicht gereicht, um Jüngere einzuholen, aber einen Achtungserfolg konnte sie dennoch verbuchen. Während andere Teilnehmerinnen im letzten Viertel des Rennens deutlich langsamer wurden, machte die 83-jährige ARV-Ruderin auf den letzten Metern Boden gut. Sie wurde immer schneller, und ihre Zeit von 5 Minuten, 31 Sekunden und 9 Zehntel für die 1.000-Meter-Strecke ist durchaus beachtenswert.

Frauke Candussi (im Hintergrund stehend, rechts) feuerte ihre Vereinskameraden Fleming Mathiesen, Kim Schauer Boysen und Gerd Larsen bei deren Rennen kräftig an. NRV-Rudertrainer Klages (stehend links) gab zusätzliche Motivation. Foto: Karin Riggelsen

Nächstes Ziel im Visier

„Ich bin ganze fünf Sekunden unter meiner bisherigen Bestzeit“, freut sie sich. Das macht ihr Mut für den nächsten Wettbewerb; der steht schon am kommenden Wochenende an.

Es sind die norddeutschen Meisterschaften im Ergometerrudern. Auch hier sind die Mitglieder des NRV teilnahmeberechtigt. „Natürlich werde ich mitmachen. Ich werde jetzt auch die kommende Woche kräftig trainieren – mindestens jeden zweiten Tag. Vielleicht kann ich dann wieder meine Bestzeit um eine Sekunde verbessern. Das ist mein Ziel“, sagt sie.

Rudern hält fit

Frauke Candussi ist übrigens überzeugt, dass weder Alter noch Krankheit Grund sind, sich nicht körperlich zu bewegen. Sie selbst ist ein leuchtendes Beispiel. Sie hatte erst vor wenigen Jahren einen Herzinfarkt und seitdem eine fehlerhafte Herzklappe.

„Mit zunehmendem Alter wollen die Beine nicht mehr so ganz, und auch das Gleichgewichtsgefühl lässt ein wenig nach, aber hat man sich erst auf dem Sitz des Ergometers platziert, kann man eigentlich ganz bequem Sport treiben“, findet sie.

Die 1.000 Meter auf dem Ergometer waren hart. Das sieht man Kim Schauer Boysen kurz nach Erreichen der virtuellen Ziellinie an. Foto: Karin Riggelsen

Weitere Erfolge

NRV-Trainer Klages freut sich nicht nur über den Meistertitel seiner Nestorin, auch der zweite Platz der jüngsten NRV-Ruderin, der elfjährigen Signe Ohlsen vom Ruderverein Hoyer (Højer), macht ihn stolz. „Es war ihr erstes Rennen überhaupt. Sie hat ihr Bestes gegeben. Toll!“, lobt er. Eine zweite Vizemeisterschaft ging übrigens auch nach Hoyer. Eva Weitling belegte in der Altersklasse 60+ den zweiten Platz. Und über einen dritten Platz darf sich Fleming Mathiesen vom ARV in der Altersgruppe 70+ freuen.

„Ich weiß eigentlich gar nicht, ob es nur für die Gewinner Medaillen gibt, aber mir wird in den nächsten Tagen alles zugeschickt, und ich werde dann die Siegerehrungen vornehmen“, verspricht der Rudertrainer.

Die gesamte Ergebnisliste befindet sich hier.

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