Lokalpolitik

Zankapfel Loddenhoi: Hafen-Gegner legen Einsprüche ein

Zankapfel Loddenhoi: Hafen-Gegner legen Einsprüche ein

Zankapfel Loddenhoi: Hafen-Gegner legen Einsprüche ein

Paul Sehstedt
Apenrade/Aabenraa
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Der Jollenhafen von Loddenhoi bei Sturm (Archivfoto) Foto: Paul Sehstedt

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Die Schützer des Naturstrandes Loddenhoi sehen in den zwei erneuten Genehmigungen der Küstenbehörde wesentliche Verstöße gegen nationales Recht und EU-Bestimmungen. „Der Jollenhafen darf laut Gesetz nicht existieren“, stellt Hafen-Gegnerin Birte Schultz entschieden fest – und legte zusammen mit weiteren Weggenossinnen und -genossen Einspruch ein.

Niemand, der das fast zehnjährige Ringen um den Bau des Jollenhafens am Strand von Loddenhoi verfolgt hat, kann im Zweifel gewesen sein: Der Verein zum Erhalt des Naturstrandes Loddenhoi wird gegen die Anfang Dezember durch die Küstenbehörde (Kystdirektoratet, KDI) erneut erteilten Genehmigungen Klage bei der Umweltschiedsstelle in Viborg erheben. Dies geschah jetzt und Jacob Pedersen, Anwalt der Hafengegner stellt in den vier eigenständigen Einsprüchen fest, dass dem bereits gebauten Hafen die Rechtsgrundlage fehlt.

Keine Existenzberechtigung

„Dem Gesetz zufolge darf keine Hafenanlage bei Loddenhoi existieren“, unterstreicht Birte Schultz, Vorsitzende der Hafengegnerinnen und -gegner im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“. „Die Planungsbehörde hat dies bereits zweimal entschieden und zwei Bebauungspläne der Kommune Apenrade aufgehoben. Zusätzlich ist die vom KDI eigenständig erteilte Ausnahmegenehmigung von der Strandschutzlinie rechtswidrig. Das hat sogar Bürgermeister Jan Riber Jakobsen gesagt.“

Birte Schultz kämpft gemeinsam mit den rund 170 Mitgliedern des Vereins zum Erhalt des Naturstrandes Loddenhoi gegen den Bestand des umstrittenen Jollenhafens. Foto: Paul Sehstedt

Schlampige Sachbearbeitung

In den vier Einsprüchen lautet der Tenor, dass die Küstenbehörde eine schlampige Sachbearbeitung vorgenommen und wesentliche Rechtsgrundlagen nicht beachtet hat. Jacob Pedersen hebt unter anderem hervor, dass von einer Umweltverträglichkeitsanalyse abgesehen wird, obwohl dies ausdrücklich vom Gesetzgeber verlangt wird. Gleichzeitig verweist der Anwalt darauf, dass das KDI dazu verpflichtet ist, sich nach der Entscheidung der Planungsschiedsstelle zu richten. Diese Entscheidung ist nicht berücksichtigt worden.

Schließlich bemängelt Pedersen, dass wesentliche Teile des Einspruches, den der Verein in Verbindung mit der öffentlichen Anhörung zum erneuten Antrag auf die Baugenehmigung eingereicht hat, nicht in der Entscheidung des KDI wiedergegeben werden. Wichtige EU-Bestimmungen zum Artenschutz werden fahrlässig außer Acht gelassen, weil natürliche Lebensräume nicht in die Bewertung einbezogen wurden.

Eklatanter Fehler

Das Delikate an dem Fall liegt darin, dass ein führender dänischer Umweltjurist sowie ein ehemaliger Mitarbeiter, die beide anonym bleiben wollen, gegenüber dem „Nordschleswiger“ ebenfalls fehlende Rechtsgrundlagen in den Genehmigungen bemängeln. Der Jurist nennt dies einen „eklatanten Fehler“ und verweist auf die „Umweltbewertungsbekanntmachung“ (miljøvurderingsbekendtgørelse). In der Bekanntmachung wird unmissverständlich eine Bewertung verlangt, wie sehr ein Bauprojekt die Umwelt belastet. Das ist beim Loddenhoier Jollenhafen nicht geschehen.

KDI-Beschluss außer Kraft

Die Einsprüche wurden fristgerecht bei der Umweltschiedsstelle eingereicht. „Der Nordschleswiger“ fragte Thomas Larsen, Abteilungsleiter beim KDI, nach dem weiteren Verlauf.

In einer schriftlichen Antwort schreibt Larsen: „In Relation zur Schiedsstelle liegt unsere Aufgabe jetzt darin, die Klage zu begutachten und – falls sie keinen anderen Anlass ergibt – werden wir die relevanten Akten an die Schiedsstelle weiterleiten. Die Schiedsstelle kann dann ihre Entscheidung fällen. Das bedeutet, dass unser bisheriger Beschluss keine Gültigkeit besitzt, bevor die Schiedsstelle nicht ihr neues Urteil gesprochen hat. Der Fall liegt nicht mehr in unseren Händen.“ 

Ausdauernder Kampf

„Wir kämpfen dafür, dass der Naturstrand bei Loddenhoi wieder hergestellt wird“, erklärt Birte Schultz. „Der Jollenhafen hat den Strand völlig zerstört, und unsere Warnung wurde von den Behörden sowie der Jollengilde in den Wind geschlagen. Nach anderthalb Jahren können wir feststellen, dass wir leider recht gehabt haben. Unsere Anwaltskosten belaufen sich bisher auf rund 300.000 Kronen, die unsere 170 Vereinsmitglieder aufgebracht haben. Zusätzlich haben wir Spenden erhalten.“

Keine Rücksicht auf Wertverlust

„Von kommunalpolitischer Seite wurde bemerkt, dass ein Abriss des Hafens einen wesentlichen Wertverlust für die Jollengilde darstellt, doch dieser ist selbst verschuldet“, fügt die Vorsitzende hinzu. „Unser Anwalt machte den Vorsitzenden Carsten Lau Kjærgård einen Monat vor Baubeginn im Juni 2020 darauf aufmerksam, dass die Baugenehmigung durch den Wegfall einer Umweltbewertung ungültig geworden war. Trotzdem wurde gebaut, und daher kann von einem Wertverlust, der gedeckt werden muss, keine Rede sein.“

Loddenhoi – Chronik eines Bürgerzwistes

2012
Februar: Auf Betreiben von drei Sommerhausbesitzern in Loddenhoi wird die Idee eines Jollenhafens geboren. Die Jollengilde Loddenhoi wird am 29. Februar gegründet.

September: Die Küstenverwaltung erteilt der Gilde die Genehmigung, den Hafen zu bauen.
Der Verein beginnt mit der Beschaffung von Geldmitteln.

2015
August: Das Projekt Jollenhafen wird auf einer Bürgerversammlung vorgestellt und diskutiert. Ein Flächennutzungsplan (lokalplan) wird erstellt.

September: Die Kommune Apenrade reserviert in ihrem Haushaltsplan eine Million Kronen für bestimmte Maßnahmen u. a. einen erweiterten Sandstrand in Verbindung mit dem Hafenbau.

2016
Januar: Am Jollenhafen scheiden sich die Geister in Loddenhoi und auf der Halbinsel Loit. Die Hafengegner verweisen auf die Folgeschäden, die durch den Bau entstehen können, während die Befürworter eine bedeutende Touristenattraktion sehen.

Februar: Die kommunale Verwaltung schlägt Änderungen im Flächennutzungsplan vor. Der Finanzausschuss beschließt, den Flächennutzungsplan ruhen zu lassen, bis die Bevölkerung sich auf ein Projekt geeinigt hat.

März: Eine neu gegründete Bürgerinitiative schlägt ein vereinfachtes Projekt vor, das aus einer Rampe und einem Bootsanleger besteht.

Juni: Mit knapper Mehrheit verabschiedet der Stadtrat den Flächennutzungsplan 85; der Bau des Jollenhafens kann beginnen.

September: Die Hafengegner formieren sich im Verein Loddenhøj Bevar NaturStranden

Oktober: Der Technische Ausschuss gibt die eine Million Kronen an kommunalen Zuschussgeldern frei. Der Bürgermeister setzt die Freigabe später aus.

Dezember: Der Stadtrat bewilligt im Zuge eines begünstigenden Verwaltungsaktes dem Hafenprojekt einen zweckgebundenen Zuschuss in Höhe von einer Million Kronen.

2017

Mai: Eine Appellinstanz der Natur- und Umweltbehörde stellt fest, dass die Kommune in der Anhörung zum Flächennutzungsplan LP85 einen Formfehler begangen hat, und daher ist der Plan ungültig. Gildevorsitzender Carsten Lau Kjærgård erkennt, dass die Rechtsgrundlage für den Hafenbau verschwunden ist.

September: Die Kommune fordert die Bürger auf, Vorschläge für einen Flächennutzungsplan einzusenden. Vier verschiedene Modelle legen die kommunalen Planer selbst vor: 1. das Projekt der Jollengilde, 2. beim Barsøanleger, 3. eine Position in Höhe des Schullandheimes oder 4. eine Nulllösung.

Oktober: 111 Kommentare wurden eingegeben. Die Mitglieder des Entwicklungsausschusses erzielen keine Einigung, ob das Planverfahren eingeleitet werden soll, und daher landet der Fall im Stadtrat.

2018

März: Der Stadtrat ändert die Zweckbindung des kommunalen Zuschusses, ohne die Jollengilde davon zu informieren.

August: Bürgermeister Thomas Andresen (Venstre), Vizebürgermeister Ejler Schütt (Dänische Volkspartei) und Philip Tietje (Venstre) treffen sich mit dem Vorstand der Gilde, um sich über das Projekt informieren zu lassen. Der Bürgermeister schreibt kein Protokoll. Tietje erklärt Jahre später, dass „einige Politiker der Jollengilde mehr versprachen als vertretbar war“.

2019
März: Eine politische Mehrheit schickt den LP85 erneut in die öffentliche Anhörung.

Juni: Die Küstenverwaltung verlängert die Baugenehmigung bis April 2022, sonst wäre sie im September 2019 verfallen.

November: Die Partei Einheitsliste in Apenrade würdigt den Einsatz der Hafengegner mit dem Demokratiepreis 2019.

2020
April: Alle erforderlichen Genehmigungen für den Hafenbau liegen vor. Der kommunale Zuschuss wird ausgezahlt.

Juni: Die Bauarbeiten beginnen. Die Hafengegner zeigen laufend bei der Küstenverwaltung und der Kommune Verstöße seitens der Hafenbauer gegen die vorliegenden Genehmigungen an.

Oktober: Die Hafenanlage ist fertiggestellt.

2021

Februar: Die Schiedsstelle der Umweltbehörde hebt die 2019 von der Küstenbehörde erteilte Verlängerung auf und fordert eine wiederholte Sachbearbeitung. Die Hafengegner verlangen den sofortigen Abriss des Hafens.

Mai: Die Planungsschiedsstelle (Planankenævnet) hebt sowohl den Bebauungsplan LP 85 als auch den Flächennutzungsplan 122 mit dem Hinweis auf, dass auf einer freien Küstenstrecke wie Loddenhoi kein Hafen gebaut werden darf. Die Kosten für externen Fachbeistand für die Erstellung der beiden Bebauungspläne belaufen sich auf rund 210.000 Kronen.

August: Die Jollengilde reichte nach mehrfachen Anmahnungen im August eine Abrechnung über die Verwendung des vom Stadtrat 2016 bewilligten Zuschusses in Höhe von einer Million Kronen ein.

September bis November: Im Kommunalwahlkampf verpflichten die Sozialdemokraten sich für die Entfernung des Hafens, falls sie eine Stadtratsmehrheit finden können.

2022

Januar: Die Küstenbehörde schickt den erneuten Bauantrag der Jollengilde bis zum 10. Februar in die öffentliche Anhörung.

Februar: Nach Fristablauf liegen zehn Eingaben vor. Sowohl die Kommune Apenrade als auch die Umweltbehörde bitten um Fristverlängerung, der stattgegeben wird. Aufgrund des umfassenden Materials geht die Behörde von einer mehrmonatigen Sachbearbeitung aus.

Dezember: Der Jollenhafen wird vom Küstendirektorat als legal eingestuft.

Was wurde aus dem Zuschuss?

Der Betrag wurde vollends laut „Zweckbindung“ ausgegeben. Damals durfte das Geld u. a. für einen Parkplatz sowie eine Mole verwendet werden. Nach der Änderung von 2018 war nur noch der Parkplatz umfasst, und daher witterten einige Politiker, dass die Gilde rund 800.000 Kronen zurückzahlen muss.

Warum daraus nichts wurde, erläutert Bürgermeister Jan Riber Jakobsen gegenüber dem „Nordschleswiger“: „Der Zuschuss wurde dreimal von einem Haushaltsjahr ins darauffolgende übertragen, weil er nicht genutzt wurde.“

Dabei wurde übersehen, dass der Verwendungszweck falsch formuliert wurde. Erst nachdem der Zuschuss ausgezahlt worden war, entdeckte die Verwaltung den Fehler und schickte 14 Tage später ein berichtigtes Begleitschreiben.

Zu dem Zeitpunkt hatte die Jollengilde den Zuschuss bereits verbaut, und ein juristisches Gutachten sieht die Verantwortung bei der Kommune. Das hat der Stadtrat zur Kenntnis genommen und das Geld abgeschrieben.

2023

Januar: Der Verein „Loddenhøj – Bevar naturstranden“ klagt gegen die Entscheidung des Küstendirektorats. Die Umwelt- und Lebensmittelbehörde (miljø- og fødevarestyrelsen) muss jetzt Stellung zum Fall nehmen.

August: Die Umwelt- und Lebensmittelbehörde weist die Klage zurück. Der Fall scheint abgeschlossen.

Dezember: „Loddenhøj – Bevar naturstranden“ bekommt von der Zivilbehörde (civilstyrelsen) das Recht, einen freien Prozess zu führen.

https://www.nordschleswiger.dk/de/apenrade-tingleff/akte-jollenhafenzus…

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