Schleswig-Holstein

Kieler Pathologe: Patienten in SH sterben an und nicht mit Corona

Kieler Pathologe: Patienten in SH sterben an und nicht mit Corona

Patienten in SH sterben an und nicht mit Corona

Kay Müller, shz.de
Kiel
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Viele Infektionen mit dem Coronavirus verlaufen mild, doch gibt es auch tödliche Verläufe. Die meisten Corona-Patienten, die in Schleswig-Holstein starben, sind nicht mit, sondern an dem Virus gestorben. Foto: Alexander Limbach Via Www.imago-Images.de/Imago/Ritzau Scanpix

88 Prozent der Obduzierten sind dem Kieler Pathologen Christoph Röcken zufolge unmittelbar an Covid-19 gestorben.

Die Zahlen sind deutlich. Bei über 80 Prozent aller Patienten, die in Schleswig-Holstein an oder mit dem Corona-Virus gestorben sind, war tatsächlich eine Covid-19-Erkrankung die Todesursache. Das geht aus der Antwort des Sozialministeriums in Kiel auf eine Kleine Anfrage der AfD hervor. Nach Angaben der Gesundheitsämter sind bis Mitte Januar 494 Menschen an Corona gestorben, 115 mit dem Virus.

Christoph Röcken, Direktor des Instituts für Pathologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, bestätigt das. Sein Team hat seit Ausbruch der Pandemie rund 50 der über 800 Toten obduziert, die einen positiven Corona-Test hatten. „Bei rund 88 Prozent war Covid-19 die Todesursache“, sagt der Professor. „Die allermeisten sind direkt an Covid-19 gestorben, bei einem kleineren Teil hat das Virus den Körper erheblich geschwächt.“ Darunter seien keinesfalls nur ältere Menschen. „Ich habe eine 50-jährige Frau klinisch begleitet, die ohne Corona mit Sicherheit nicht gestorben wäre“, sagt Röcken.

Corona-Lungen sind „düsterrot“

Für die Angehörigen sei es oft gut zu wissen, warum ihre Liebsten verstorben sind. Röcken obduziert nur, wenn die Angehörigen ihr Einverständnis erklären. Seine Untersuchungen seien sehr genau und feingeweblich. Meist könne er schon beim Anblick der Lungen einen Verdacht nennen, weil die oft sehr schwer und düsterrot seien. „Wir sind erschrocken, wenn wir die Lungen der Patienten sehen.“

Ziel der Obduktionen ist es auch, „langfristig die Behandlung Coronavirus-assoziierter Erkrankungen zu verbessern. Das braucht ein wenig Geduld, aber ich bin mir sicher, dass diese Pandemie nicht die letzte gewesen sein wird, die Coronaviren verursachen können“, sagt Röcken. „Insofern lernen wir heute für die Zukunft.“

Eines sei aber auch klar, heißt es aus dem Sozialministerium: „Die Durchführung einer inneren Leichenschau kann zwar wertvolle Erkenntnisse liefern, die zum Verständnis der Covid-19-Erkrankung beitragen. Sie kann aber auch nicht in allen Fällen abschließende Gewissheit geben.“

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