Turn-EM

Outfits der Deutschen: KTV Pinneberg begrüßt Initiative

Outfits der Deutschen: KTV Pinneberg begrüßt Initiative

Outfits der Deutschen: KTV Pinneberg begrüßt Initiative

Johannes Speckner/shz.de
Pinneberg
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Wenig Haut zeigte Sarah Voss, die zu Deutschlands Turn-Nationalteam gehört, bei der Europameisterschaft in der Schweiz in ihrem Ganzkörperanzug. Foto: Imago-Images/Schreyer

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Angela Marquard, Mandy Maschmann und Bärbel Renner begrüßen die von Sarah Voss bei der Turn-EM angestoßene Initiative.

Vor rund 40 Jahren wurde es üblich, dass Turnerinnen in sehr knappen Anzügen ihre Wettkämpfe bestreiten. „Die Ausschnitte an den Beinen wurden mit dem Beginn der 80er-Jahre immer höher“, erinnert sich Herbert Renner, der lange Jahre im Kreis Pinneberg als Turn-Trainer aktiv war. Seine Frau Bärbel Renner, Vorsitzende des Kreisturnverbands Pinneberg, fügte hinzu: „Das ging mit der Entwicklung der Badeanzüge einher – aber beim Turnen fand und finde ich das nicht ästhetisch.“ 

 

Insofern verfolgte es das Ehepaar Renner „mit großem Interesse“, dass Sarah Voss und weitere Aktive der deutschen Turn-Nationalmannschaft Ende April bei der Europameisterschaft in Basel mit Ganzkörperanzügen antraten, da sie sich durch ihre Wettkampfkleidung oft sexualisiert fühlten. „Mich hat es seit Jahren geärgert, dass die Turnerinnen in den knappen Anzügen auftreten müssen – deshalb geht der Schritt von Voss in die absolut richtige Richtung“, urteilte Bärbel Renner. 

 

Marquard fand Fotos im Darknet 

Ähnliche Worte wählte Mandy Maschmann: „Ich finde es gut, dass sich einmal eine Turnerin hingestellt und gezeigt hat, dass die Übungen auch in langen Anzügen absolviert werden können.“ Die Moorregerin, die seit 2017 Kamprichterin sowie Trainerin und inzwischen auch Oberturnwartin des KTV Pinneberg ist, fügte hinzu: „Ich würde mir wünschen, dass auf Wettkämpfen jede Turnerin selbst entscheiden kann, was sie trägt.“ In ihrer aktiven Zeit hatte Maschmann, die lange Jahre Leistungsturnerin war, dem eigenen Bekunden nach „keine negativen Erfahrungen mit den knappen Anzügen gemacht“. 

Umso erschreckender ist das, was Angela Marquard berichten kann: „Ein normaler Mensch denkt sich nichts dabei, wenn Mädchen in knappen Anzügen turnen – aber leider gibt es auch Pädophile“, so die Turn-Trainerin von Blau-Weiß 96 Schenefeld, die einst im sogenannten Darknet auf Fotos einer Turnerin stieß. „Diese Bilder habe ich sperren und entfernen lassen“, so Marquard, die präzisierte: „Wenn die Turnerinnen vom unteren zum oberen Holm fliegen, können ihnen Fotografen von vorne voll in den Schritt fotografieren – und einige Fotografen provozieren das leider.“ 

Kurze Hosen als guter Mittelweg 

Einig sind sich alle Beteiligten, dass es für Turnerinnen in langen Anzügen keine Nachteile im Wettkampf geben darf. Neben Maschmann („Im Training tragen die meisten Sportlerinnen lange Leggins“) hat hier auch Bärbel Renner keine Bedenken: „Die Hosen sind so beweglich und elastisch, dass es keine Probleme geben dürfte.“ Dagegen warnte Marquard: „Es ist schon ein anderes Gefühl, in einer langen Hose zu turnen – und beim Salto, wenn die Turnerinnen ihre eigenen Beine anfassen, ist es etwas rutschiger.“ Alle drei Turn-Verantwortlichen würden sich wünschen, dass zukünftig jede Turnerin selbst entscheidet, ob sie mit einem langen oder knappen Anzug antritt. „Einzig im Team-Wettbewerb sollte es ein einheitliches Auftreten geben“, befand Maschmann. 

Neben den aktuell zugelassenen knappen Anzügen und langen Hosen auch das Turnen in kurzen Hosen zu erlauben, könnte ein guter Mittelweg sein. Aktuell ist dies lediglich auf Pflichtwettkämpfen, den so genannten „P-Stufen-Wettkämpfen“, gestattet – nicht aber bei Kür- und Leistungsklassen-Konkurrenzen. „Nach den Olympischen Spielen ändern sich immer die Wertungsvorschriften – vielleicht wird dann ja der Passus aufgenommen, dass kurze Hosen erlaubt sind“, lautet ein frommer Wunsch von Marquard. Erfüllt er sich, könnte dies nach 40 Jahren eine Ablösung der knappen Anzüge beschleunigen.

 

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