Nordfriesland und Sylt als Modell-Region

Pendler-Initiative schlägt Alarm

Pendler-Initiative schlägt Alarm

Pendler-Initiative schlägt Alarm

Arndt Prenzel/shz.de
Niebüll/Weserland
Zuletzt aktualisiert um:
Bahnhof Klanxbüll
Viele offene Fragen gibt es bezüglich der Pendler, die täglich mit der Marschbahn vom Festland auf die Insel Sylt pendeln, um dort zu arbeiten, hier im Bild der Bahnhof Klanxbüll. Foto: Volkert Bandixen

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Pendler-Sprecher Achim Bonnichsen, der in Klanxbüll lebt und auf Sylt Unternehmer ist, sieht die Planungen kritisch.

Der Sprecher der Pendler-Initiative Achim Bonnichsen sieht die geplante Modellregion Nordfriesland/Sylt kritisch. Phase 0 soll auf Sylt schon am 19. April beginnen, in Nordfriesland am 1. Mai. „Ich rufe nicht Hurra und renne um die Insel“, sagt er ironisch. 

 

 

Achim Bonnichsen
Achim Bonnichsen nutzt oft die Fähre oder den Autozug. Foto: Arndt Prenzel

Den Unternehmer ärgert es, dass vieles an die Betriebe und deren Inhaber weiterdelegiert wurde. „Aufgrund der niedrigen Testkapazitäten auf der Insel und auf dem Festland müssen wohl die Firmenchefs aushelfen.“ Pendler sollen künftig wie die Touristen alle zwei Tage neue Testergebnisse vorlegen. Die 48-Stunden-Ergebnisse sollen entweder schriftlich oder digital per Luca-App festgehalten werden.

Firmenchefs als Testbeauftragte?

„Auf betrieblicher Ebene sind in Phase 0 verpflichtend einmal wöchentlich innerbetriebliche Mitarbeitertests –Antigen-Schnelltests – umzusetzen, die von geschulten, innerbetrieblichen Testbeauftragten durchgeführt und dokumentiert werden“, zitiert Achim Bonnichsen die Unterlagen.

 

„Ich werde also Testbeauftragter“, sagt der Nordfriese. „ Die notwendigen Schulungen werden als Web-Seminar in umfänglicher und regelmäßiger Weise durch das DRK Sylt angeboten. Als Schulungsnachweis gilt eine Teilnahmebescheinigung.“ 

 

Viele offene Fragen

Achim Bonnichsen rechnet vor. „Das kostet mich Zeit. Weitere Zeit kostet das Testen der Mitarbeiter. Was ist, wenn diese mich nicht als Fachkraft akzeptieren? Was ist, wenn ich jemanden verletze? Muss ich einen Extraraum vorhalten?“

Der Unternehmer macht sich Sorgen. „Wer beliefert mich mit Schnelltests und der Schutzkleidung? Muss ich die selbst einkaufen und bezahlen?“ Ein zweites Mal pro Woche sollen sich laut Konzept die Mitarbeiter in Phase 0 in den öffentlichen Testzentren testen lassen.

Innerbetriebliche Testung

„Auch hier stellt sich die Frage, wann das geschieht. Während der Arbeitszeit? Wer bezahlt das am Ende?“ In Phase 1 erfolgt die innerbetriebliche Testung zweimal wöchentlich, um die öffentlichen Testzentren zu entlasten, heißt es im Sylter Konzept.

Die Testbeauftragten sind zudem legitimiert, Negativ-Bescheinigungen/Zweitagestickets auszustellen. Achim Bonnichsen, der mit seinem Team als Fliesenleger unterwegs ist, muss auch beim Betreten einer Baustelle oder Wohnung das entsprechende Dokument dabei haben.

Weitere Probleme

Probleme sieht der Pendler-Aktivist auch beim täglichen Zugverkehr. Am Freitag habe es acht Zugausfälle und 12 Zugverkürzungen gegeben. „Wie soll das weitergehen? Wer kontrolliert alle Passagiere? Laut einer DB-Erklärung zum neuen Bundesseuchengesetz sollen Züge bei einer Inzidenz von 100 ihr Platzangebot halbieren“, sagt er.

„Heißt das denn, dass man plötzlich in Heide, Husum oder Niebüll nicht mehr zusteigen darf?“ Das „Vierte Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ muss allerdings noch den Bundesrat passieren. Achim Bonnichsen sieht weitere Probleme.

Schönfärberei?

„Wer hier positiv getestet wird, soll nach einem weiteren PCR-Test mit einem Extra-Taxi die Insel verlassen und sich daheim in Quarantäne begeben.“ Seiner Meinung nach wird diese Person zwar vom Gesundheitsamt, sonst aber nicht offiziell im Modellversuch erfasst.

„Das ist Schönfärberei!“ sagt er. „Diese Zählweise hält die Inzidenz künstlich niedrig!“ Die Zahl der Intensivbetten auf der Insel sei zudem klein. „Das war ein Grund im Vorjahr, die Insel dichtzumachen."

Kreis: Details noch offen

Aufgrund des Wochenendes ist die Pressestelle des Kreises derzeit nicht zu einer Stellungnahme zu erreichen. „Wir selbst überrascht worden von der vorzeitigen Entscheidung des Wirtschaftsministeriums zur Modellregion. Ich bitte daher um Verständnis, dass wir für die Beantwortung von Detailfragen noch ein wenig Zeit benötigen“, sagt dazu die Internetbeauftragte Dagmar Schulze.

 

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