Wohnungslosenhilfe

Corona verschärft die Not der Obdachlosen in SH

Corona verschärft die Not der Obdachlosen in SH

Corona verschärft die Not der Obdachlosen in SH

Kay Müller/shz.de
Kiel
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Die Corona-Krise trifft Obdachlose besonders hart. Foto: May Kovalenko via www.imago-images.de

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Die Zahl der Wohnungslosen in Schleswig-Holstein bleibt auf hohem Niveau. Die Diakonie schlägt Alarm.

Die Zahlen trügen. Sagt zumindest Landespastor Heiko Naß. Zwar hat die Wohnungslosenhilfe des Diakonischen Werks Schleswig-Holstein mit 7343 Menschen im abgelaufenen Jahr rund 700 Leute weniger betreut als noch 2019. „Wir gehen aber davon aus, dass wir nicht alle Betroffenen statistisch erfasst haben“, sagt der Chef der Diakonie. „Deswegen geben die Zahlen nach wie vor Anlass zur Sorge. Denn es ist zu befürchten, dass mit nachlassendem Pandemiegeschehen die Zahl der Betroffenen erheblich ansteigen wird.“ 

Die Wohnungslosenhilfe ist oft ein Auffangbecken für die Menschen, die nicht mehr wissen wohin.

Heiko Naß, Landespastor

Notfallfonds soll nach der Pandemie weiterlaufen

Deswegen fordert Naß, dass das Land seine Hilfe für die Wohnungslosen, die bei 1,5 Millionen Euro liege, mindestens beibehält. Dazu soll die Regierung nach seinem Willen den Notfallfonds in Höhe von drei Millionen Euro nach der Pandemie weiterlaufen lassen oder sogar ausbauen. „Die Wohnungslosenhilfe ist oft ein Auffangbecken für die Menschen, die nicht mehr wissen wohin“, sagt Naß. „Deshalb brauchen wir diese Mittel dringend, um den Betroffen zu helfen.“ Auch die Kommunen seien gefordert, ihre Projekte fortzusetzen.

Die Not der Menschen sei schon jetzt spürbar. In den Einrichtungen tauchten immer mehr Menschen mit psychischen Erkrankungen auf, auch zunehmend Familien oder Alleinerziehende mit Kindern. Zwar habe es in der Pandemie viele Spenden gegeben, von denen die Diakonie noch einmal rund eine Million Euro in soziale Projekte gesteckt habe, die auch zum Teil den Wohnungslosen zu Gute gekommen sind – aber das reiche nicht. So sei es schon aufgrund der Kontaktbeschränkungen und geschlossener Einrichtungen gerade für Obdachlose schwer, sich mit Essen zu versorgen, zu duschen oder ihre Kleidung zu waschen.

Wir gehen davon aus, dass die Dunkelziffer der Betroffenen gestiegen ist und zwar so hoch, wie wir es uns nicht vorstellen können.

Kathrin Kläschen, Wohnungslosenhilfe der Diakonie

Pandemie hält Probleme verdeckt

Viele Probleme würden durch die Pandemie verdeckt. „Wir gehen davon aus, dass die Dunkelziffer der Betroffenen gestiegen ist und zwar so hoch, wie wir es uns nicht vorstellen können“, sagt die Leiterin der Wohnungslosenhilfe der Diakonie, Kathrin Kläschen.

Viele hätten bestimmte Angebote der Wohnungslosenhilfe aufgrund der Abstands- und Hygieneregeln nur eingeschränkt wahrnehmen können. Andere Betroffene hätten aus Angst sich anzustecken, den Kontakt mieden. Zudem durften säumigen Zahlern in der Pandemie bis September 2019 vorübergehend keine Mietverträge gekündigt werden.

Kläschen geht aber davon aus, dass es schon jetzt eine steigende Zahl von so genannten Couch-Surfern gibt, also Menschen, die bei Bekannten oder Verwandten auf dem Sofa übernachten, weil sie keine eigene Wohnung mehr haben.

Für Naß sind das alles Alarmsignale. Er fordert deswegen mehr bezahlbaren Wohnraum, um die Zahl der Wohnungslosen zu senken. „Wir brauchen eine gesamtgesellschaftliche Kraftanstrengung, um das Problem in den Griff zu bekommen.“

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