Klimakrise

Was bringen „nachhaltige“ Flugtreibstoffe? Deutsches Team misst Luftqualität in Kopenhagen

Deutsches Team misst Luftqualität am Flughafen Kopenhagen

Deutsches Team misst Luftqualität am Flughafen Kopenhagen

Kopenhagen
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Ein Team des DLR aus Deutschland misst in Kopenhagen, was Flugzeuge der SAS emittieren. Foto: CPH

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Flugreisen: Fortschritt statt Verzicht? In Dänemark testet Europas Flugindustrie Treibstoff-Beimischungen darauf, ob sie weniger schädlich für Umwelt und Klima sind. Die Wirtschaft hofft auf positive Ergebnisse. Umweltschutz-Verbände kritisieren die Strategie als Augenwischerei.

Forscherinnen und Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) sind derzeit auf dem Kopenhagener Flughafen in Kastrup stationiert. Mit einem mobilen Labor ein einem Kastenwagen sollen sie dreimal täglich die Luftqualität messen, wenn ein SAS-Flugzeug mit beigemischstem sogenannten „nachhaltigen“ Flugtreibstoff aus Stockholm ankommt.

Drei Wochen lang soll das so gehen, schreibt der Kopenhagener Flughafen in einer Pressemitteilung. 35 Prozent sogenannter „SAF“-Treibstoffe (Sustainable Aviation Fuel) sind dem gewöhnlichen Kerosin beigemischt.

Beimischungen sollen das Kerosin weniger schädlich machen

Fliegen ist die mit Abstand klimaschädlichste gängige Reisemethode pro gereistem Personenkilometer. Mit den Kraftstoffzusätzen aus nicht fossilen Stoffen sollen der CO₂-Ausstoß verringert, Vorgaben eingehalten und das Image der Flugbranche aufpoliert werden.

„Wir wissen, dass SAF dazu beiträgt, den CO₂-Ausstoß zu reduzieren. Wir möchten aber auch gerne wissen, ob es gut für die örtliche Luftqualität ist“, sagt Christian Poulsen, Betriebschef beim Kopenhagener Flughafen.

Es ist das erste Mal, dass derartige Messungen an einem Flughafen vorgenommen werden, heißt es seitens des Airports. „Frühere Versuchsstudien haben gezeigt, dass das Nutzen von Mischungen mit nachhaltigen Treibstoffen den Ausstoß von Partikelemissionen ohne Nachteile für den Flugbetrieb reduziert“, sagt DLR-Forscher Tobias Schripp, der den Versuch leitet.

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Greenpeace Deutschland warnt auf seiner Internetseite unterdessen, wie andere Umwelt- und Klimaschutzorganisationen auch, davor, die positiven Auswirkungen der als „nachhaltig“ bezeichneten Treibstoffe zu überschätzen.

Unter anderem seien diese Treibstoffe nicht ausreichend vorhanden, um Kerosin aus fossilen Brennstoffen zu ersetzen. Auch im Jahr 2040 würden höchstens 19 Prozent der Treibstoffe nicht aus Erdöl hergestellt werden können, schätzt die Umweltschutzorganisation.

Zudem würde die Produktion der agrarisch hergestellten Treibstoffe häufig mit „der Abholzung von Wäldern und dem Verlust der Artenvielfalt“ einhergehen.

Die Luftfahrt, so die Kritik, sei nicht Teil der Lösung der Klimakrise – sondern Teil des Problems.

Flugindustrie hofft auf positive Resultate

Wenn die endgültigen Ergebnisse aus Kopenhagen in einigen Monaten vorliegen und die von der Industrie gewünschten Resultate zeigen, dürften diese für die internationale Luftfahrtindustrie dennoch von großem Wert sein.  Ihr geht es darum, belegen zu können, dass veränderte Treibstoffe weniger schädlich für Umwelt und Klima sind als reines erdölbasiertes Kerosin. Entsprechend erwartungsvoll äußert sich auch eine SAS-Sprecherin in der Pressemitteilung.

Die Untersuchung ist Teil des mit EU-Mitteln finanzierten Projektes Alight, bei dem der Kopenhagener Flughafen als Basis für Forschung rund um weniger schädliche Luftfahrt dient.

Der Kopenhagener Flughafen hat, wie die gesamte Luftfahrtindustrie, zum Ziel, bis 2050, also in 27 Jahren, inklusive Flugverkehr „Net Zero“ zu sein – das bedeutet, dass nicht mehr CO₂ durch den Betrieb entstehen soll, als aufgenommen wird.

 

 

 

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