Umwelt und Natur

Neuer Wassergebietsplan soll 10.400 Tonnen Stickstoff jährlich einsparen

Neuer Wassergebietsplan: Seen und Flüsse werden renaturiert

Neuer Wassergebietsplan: Seen und Flüsse werden renaturiert

Kopenhagen
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Gülle
Die Stickstoffbelastung in zahlreichen Gewässern ist nach wie vor zu hoch. Foto: Karin Riggelsen

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Die dänische Regierung hat einen neuen Wassergebietsplan veröffentlicht, der den Umweltzustand der Flüsse, Seen und Küstengewässer im Land verbessern soll. Dafür werden 5,7 Milliarden Kronen in die Hand genommen. Kritik kommt von der dänischen Gesellschaft für Naturschutz. Der Plan reiche bei Weitem nicht aus, so der Tenor.

Mit einem dritten Wassergebietsplan (vandområdeplan) will die dänische Regierung in den kommenden Jahren den Umweltzustand zahlreicher Flüsse, Seen und Küstengewässer im Land verbessern. Für Maßnahmen und Initiativen werden 5,7 Milliarden Kronen investiert, wie das Umweltministerium mitteilt. Kritik an dem Plan kommt von der dänischen Gesellschaft für Naturschutz (Danmarks Naturfredningsforening).

Wozu braucht es einen Wassergebietsplan?

Im Laufe der Jahre haben Menschen die Landschaft in Dänemark verändert, um möglichst viel aus dem knappen Land herauszuholen. Wasserläufe wurden begradigt oder kanalisiert, und an vielen Stellen wurden Wasserläufe verstopft. In Seen haben jahrzehntelange Abwasser- und Phosphoreinleitungen das Wasser getrübt und das Licht für Tiere und Unterwasserpflanzen blockiert. Abhilfe soll nun der dritte Wassergebietsplan schaffen.

Heute befinden sich nur 5 von 109 dänischen Küstengewässern in einem guten Zustand. Zu viel Stickstoff gelangt in das Wasser entlang der Küsten, und eine der wichtigsten Initiativen im Wassergebietsplan ist daher die Verringerung der Stickstoffmenge.

Stickstoff ist ein lebenswichtiger Nährstoff für Pflanzen, den sie aus dem Boden aufnehmen. Wenn er jedoch als Dünger in der Landwirtschaft ausgebracht wird, gelangt der Stickstoff, den die Pflanzen nicht aufnehmen können, mit dem Regenwasser in die Wasserläufe, die ihn in die Küstengewässer transportieren. Dort kann er zu Algenblüten und Sauerstoffmangel führen.

Insgesamt müssen die Stickstoffemissionen um rund 13.000 Tonnen jährlich reduziert werden, um eine gesunde aquatische Umwelt an den dänischen Küsten zu erreichen, so die Analyse des Umweltministeriums.

Die Maßnahmen sollten eigentlich ab 2021 gelten, aber erst jetzt hat das Umweltministerium den Plan auf den Weg gebracht, der sicherstellen soll, dass Dänemark die EU-Wasserrahmenrichtlinie einhält, mit der die aquatische Umwelt in dänischen Seen, Flüssen, Bächen und Küstengebieten bis 2027 in einen guten ökologischen Zustand gebracht werden soll.

So sollen unter anderem Initiativen zur Verringerung der Stickstoffemissionen um 10.400 Tonnen jährlich gefördert werden. Konkrete Vorhaben sind Umgestaltung von rund 450 Kilometern Fließgewässern – und insgesamt lokale Projekte, die für bessere Bedingungen für die Natur in 5.500 Kilometern Fließgewässer sorgen sollen. So sollen unter anderem 750 Barrieren entfernt werden, damit Fische wieder frei schwimmen können und bessere Möglichkeiten zum Laichen und Brüten haben. Außerdem ist die Renaturierung von 41 Seen vorgesehen.

Flüsse, Seen und Küstengewässer unter Druck

„Ich glaube, viele von uns waren besorgt, als wir kürzlich in den Medien Aufnahmen der Gemeinde Vejle sahen, bei denen in 70 Stunden Fotoaufnahmen vom Grund des Vejle Fjords nur eine einzige Flunder gefunden wurde. Es war nur ein einziger Fisch. Es ist beängstigend, wenn der Meeresboden wie eine Wüste aussieht und wir Jahr für Jahr von Sauerstoffmangel, Fischsterben und Arten hören, die ganz zu verschwinden drohen“, sagt Umweltminister Magnus Heunicke (Sozialdemokratie) laut Pressemitteilung. „Wir müssen dem unklaren Wasser ein Ende setzen. Wir müssen Bodenpflanzen, Kleintiere und Fische wieder in unsere Gewässer bringen, und wir starten jetzt einen Plan mit konkreten Initiativen in ganz Dänemark“, so der Minister. 

Der Plan bietet einfach keinen glaubwürdigen Vorschlag, wie die Probleme mit den Nährstoffeinträgen aus der Landwirtschaft gelöst und bessere Bedingungen in unseren Seen, Flüssen und Bächen geschaffen werden können.

Lars Midtiby, Direktor Danmarks Naturfredningsforening

Kritik von Naturschützenden

Doch dieser scheitert nach Ansicht der dänischen Gesellschaft für Naturschutz kläglich. „Es ist schwer zu erkennen, wie der stark verzögerte Plan der Regierung die dänische aquatische Umwelt in einen guten Zustand bringen soll, was ansonsten die Absicht der Wasserrahmenrichtlinie ist. Die Anstrengungen sind zu gering und die Ungewissheiten zu groß. Der Plan bietet einfach keinen glaubwürdigen Vorschlag, wie die Probleme mit den Nährstoffeinträgen aus der Landwirtschaft gelöst und bessere Bedingungen in unseren Seen, Flüssen und Bächen geschaffen werden können“, so Direktor Lars Midtiby laut Pressemitteilung.

Die Pläne seien der letzte Versuch, die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie bis 2027 zu erreichen. Die Herausforderungen seien groß.

Lokale Initiativen in ganz Dänemark

Einer der Orte, an denen die Wasserläufe verbessert werden, liegt in Nordjütland. Hier wird die Kommune Frederikshavn zusammen mit lokalen Interessengruppen und Landbesitzerinnen und -besitzern daran arbeiten, den Fluss Elling Å umzuleiten und Verstopfungen zu beseitigen. 

Einer der zu renaturierenden Seen ist der Skarresø in der Kommune Holbæk. 

Die aquatische Umwelt wird nicht über Nacht gerettet werden. Es braucht Zeit. Aber wir in der Regierung werden die notwendigen Schritte unternehmen, um sicherzustellen, dass auch zukünftige Generationen schwimmen, angeln und Dänemarks reiche Natur und Küsten genießen können.

Umweltminister Magnus Heunicke

Zu viel Stickstoff im Wasser

Wie im Agrarabkommen ab 2021 vereinbart, muss der dritte Wassergebietsplan dafür sorgen, dass die Emissionen um 10.400 Tonnen jährlich reduziert werden. Dies soll sich spürbar auf die aquatische Umwelt auswirken. Die Stickstoffemissionen können unter anderem durch die Umwandlung von landwirtschaftlichen Flächen in Wälder oder Feuchtgebiete verringert werden. Die Landbesitzerinnen und -besitzer werden für etwaige Verluste entschädigt.

„Die aquatische Umwelt wird nicht über Nacht gerettet werden. Es braucht Zeit. Aber wir in der Regierung werden die notwendigen Schritte unternehmen, um sicherzustellen, dass auch zukünftige Generationen schwimmen, angeln und Dänemarks reiche Natur und Küsten genießen können“, so Heunicke. Mit dem Plan habe man das Ziel in Bezug auf die Stickstoffemissionen zu 80 Prozent erreicht. Ein Plan für die letzten 20 Prozent werde erstellt.

Die dänische Gesellschaft für Naturschutz kritisierte schon damals die Anstrengungen als unzureichend – unter anderem, weil sie größtenteils auf freiwilligen Maßnahmen beruhen, die in der Vergangenheit nicht funktioniert haben, und weil nur Reduktionen von 10.800 Tonnen zugewiesen wurden – der Rest muss durch eine Überprüfung im Jahr 2023/24 gefunden werden.

„Es ist unseriös, wenn die Regierung einerseits damit prahlt, dass sie die Wasserrahmenrichtlinie einhalten wird, und andererseits einen Plan mit unsicheren und freiwilligen Maßnahmen auf den Weg bringt, der nicht einmal eine Reduzierung der 13.100 Tonnen Stickstoff vorsieht, die nach Einschätzung der dänischen Umweltschutzbehörde zur Einhaltung der Wasserrahmenrichtlinie erforderlich sind“, sagt Lars Midtiby.

Bewährte Initiativen

Mehrere der Initiativen, die im Rahmen des vorherigen Wassergebietsplans gestartet wurden, funktionieren laut Umweltministerium bereits. Eine davon ist die Einrichtung eines Feuchtgebiets am Velds Møllebæk in der Kommune Viborg. Hier wird die Stickstoffeinleitung in den Randers Fjord um 5,8 Tonnen pro Jahr reduziert, unter anderem durch die Umgestaltung von Abflüssen und Gräben und die Renaturierung des Flusses.

Ein weiteres Beispiel ist der Teglgårdssøen in Hillerød. Hier wurden Fischarten wie Muscheln und Brassen abgefischt, um bessere Bedingungen für Krebstiere wie Daphnien zu schaffen, die sich von den Algen des Sees ernähren. Dadurch wurde der See klarer, und heute ist er so sauber, dass man darin schwimmen kann.

Im Laufe der Jahre wurden die Ziele für den Schutz der aquatischen Umwelt immer weiter zurückgeschraubt, und es ist ein Armutszeugnis, dass wir jetzt nur noch bei einem Prozent der Seen angelangt sind. Es muss doch möglich sein, es besser zu machen.

Lars Midtiby, Direktor Danmarks Naturfredningsforening

Schockierende Zahlen

Der Zustand der aquatischen Umwelt in Dänemark ist insgesamt schockierend schlecht. Denn nach Angaben der dänischen Umweltschutzbehörde (Miljøstyrelsen) befinden sich nur 5 von 986 Seen und 5 von 109 Küstengewässern in einem guten ökologischen Zustand. Gleichzeitig sind die Stickstoffemissionen trotz jahrelanger politischer Absichten, sie zu reduzieren, nicht zurückgegangen.

Stickstoffemissionen, insbesondere aus der landwirtschaftlichen Nutzung von Gülle und Düngemitteln, sind einer der größten Belastungsfaktoren für die Ökosysteme in den dänischen Fjorden und Binnengewässern.

Laut dem jüngsten Jahresbericht von „Novana“ über die Wasserläufe wurden im Jahr 2021 etwas mehr als 54.600 Tonnen eingeleitet, bereinigt um die jährlichen Wetterschwankungen. Das ist weit entfernt von den 38.300 Tonnen, die nach Einschätzung der dänischen Umweltschutzbehörde reduziert werden müssen, um einen guten ökologischen Zustand in den Meeresküstengebieten zu erreichen.

Für Lars Midtiby ist klar: „Ein großer Teil der Übung mit diesen Wasserplänen scheint darin zu bestehen, die Bemühungen auf die geplante Überprüfung im Jahr 2023 oder 2024 zu verschieben – sowohl was die Bemühungen zur Stickstoffreduzierung als auch die Renaturierung unserer Seen, Flüsse und Bäche betrifft.“ Es sei einfach naiv zu glauben, dass die Probleme in letzter Minute gelöst werden können.

Längst nicht alle Seen und Wasserläufe sind geschützt

Obwohl die Wasserrahmenrichtlinie die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, die aquatische Umwelt im Allgemeinen zu schützen, sind große Teile der dänischen aquatischen Umwelt nicht in den Plänen enthalten. Nur für etwa ein Viertel der dänischen Wasserläufe und weniger als ein Prozent der dänischen Seen gibt es ein Umweltziel.

„Im Laufe der Jahre wurden die Ziele für den Schutz der aquatischen Umwelt immer weiter zurückgeschraubt, und es ist ein Armutszeugnis, dass wir jetzt nur noch bei einem Prozent der Seen angelangt sind. Es muss doch möglich sein, es besser zu machen“, so Midtiby.

Neue Zahlen der Universität Aarhus zeigen, dass sich die Umwelt in den dänischen Seen verschlechtert hat, was die Aufgabe noch vergrößert. 

Mangelnder Realismus in den Plänen

Die Dänische Gesellschaft für Naturschutz vermisst auch eine Einschätzung, ob die geplanten Anstrengungen tatsächlich funktionieren werden. So wurden im zweiten Wassergebietsplan 24 Seen für die Renaturierung ausgewiesen – aber nur 3 Vorhaben wurden realisiert. Ebenfalls seien für circa 3.600 Kilometer Fließgewässer Anstrengungen geplant, aber in der Realität wurden in der zweiten Planungsperiode nur Vorhaben für rund 1.700 Kilometer wirklich umgesetzt oder deren Renaturierung zugesagt. 

„Es ist nicht zu sehen, warum die neuen Pläne plötzlich besser funktionieren sollen. Es mangelt an Realismus, ob die Pläne tatsächlich besser funktionieren als die alten“, sagt Lars Midtiby.

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