Leitartikel

„Gefährliche Abhängigkeiten“

Gefährliche Abhängigkeiten

Gefährliche Abhängigkeiten

Kopenhagen
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Wie gefährlich es ist, bei der Energieversorgung von autokratischen Staaten abhängig zu sein, ist nach dem russischen Angriff auf die Ukraine deutlich geworden. Noch gefährlicher für die Energieversorgung der Zukunft ist unsere Abhängigkeit von China, meint Walter Turnowsky. Eine Lösung kann innerhalb der Grenzen des Königreichs Dänemark liegen.

Spätestens seit Russlands Angriff auf die Ukraine ist deutlich geworden: Energiepolitik ist auch Sicherheitspolitik. Wladimir Putin setzt sein Gas als Waffe ein.

Überraschend ist es nicht, und dennoch hat sich vor allem Deutschland immer tiefer in diese gefährliche Sackgasse hineinbegeben. Jetzt gilt es so schnell wie möglich vom russischen Gas loszukommen. Die Mittel dazu sind bekannt: Energiesparmaßnahmen und erneuerbare Energien.

Doch hier gilt es, die Dummheit mit dem Gas nicht zu wiederholen. Und wir sind ganz kurz davor, genau das zu tun. Denn für die grünen Technologien brauchen wir Seltene Erden, und die sind fast gänzlich unter chinesischer Kontrolle.

Fünf Kilogramm dieser Metalle befinden sich in jedem E-Auto; 200 Kilogramm werden für die Magneten eines einzigen Offshore-Windrades gebraucht. Da ist es mehr als nur etwas besorgniserregend, dass 90 Prozent der Produktion und Verarbeitung in China geschieht. Wer meint, dass das chinesische Regime die rapide steigende Nachfrage nicht für strategische Zwecke nutzen wird, hat aus der derzeitigen Energiekrise nichts gelernt.

Und diese Abhängigkeit ist noch deutlich gefährlicher. Denn so kritisch die Situation momentan auch sein mag, irgendwann werden wir das Erdgas nicht mehr brauchen. Dafür aber Sonne und Wind umso dringender.

Das Problem der Abhängigkeit wird nicht gerade dadurch kleiner, dass in jedem Computer und jedem Handy ebenfalls seltene Erden stecken.  

Eine Lösung kann in Grönland liegen, das bekanntlich (noch) Teil des dänischen Königreichs ist. Dort liegen mehrere der weltweit größten bekannten Vorkommen an Seltenen Erden. Ein zentrales Problem dabei ist jedoch, dass das Know-how über der Verarbeitung der Metalle in China liegt. Die Minenprojekte in Grönland kommen unter anderem deshalb nicht aus den Startblöcken, weil die Abnehmer fehlen.

Weder in der EU noch in den USA gibt es derzeit eine kommerzielle Verarbeitung der seltenen Erden. Laut „Weekendavisen“ zeigt erstmalig ein kanadisches Unternehmen Interesse, die grönländischen Erden nicht nur zu schürfen, sondern auch zu verarbeiten.

Doch ein einzelnes Unternehmen reicht selbstverständlich nicht aus, um die Versorgung zu gewährleisten. Es bedarf eines massiven Forschungs- und Entwicklungseinsatzes, um den technologischen Vorsprung Chinas einzuholen. Diese Aufgabe können wir nicht allein der Privatwirtschaft überlassen. Es bedarf einer Zusammenarbeit zwischen Forschungseinrichtungen, Staaten und der Wirtschaft. Und es notwendig, dass Europa und die USA die Kräfte bündeln und massiv investieren.

Es wird viel Kreativität brauchen, um diese Entwicklung schnell genug anzuschieben. Doch schließlich geht es um unsere zukünftige Sicherheit. Und übrigens: Auch moderne Kampfflugzeuge und U-Boote würden sich ohne Seltene Erden nicht von der Stelle rühren.

 

 


 

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