Klima

Zweiter Nordseegipfel: Staaten wollen doppelt so viel Windkraft wie geplant

Zweiter Nordseegipfel: Staaten wollen doppelt so viel Windkraft wie geplant

Zweiter Nordseegipfel: Doppelt so viel Windkraft wie geplant

dodo/Ritzau
Oostende
Zuletzt aktualisiert um:
Die dänische Staatsministerin Mette Frederiksen (Soz.) freut sich, dass sich der Kreis der Länder, die am Windkraftprojekt in der Nordsee mitarbeiten wollen, erhöht hat. Foto: Kenzo Tribouillard/AFP/Ritzau Scanpix

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Neun Staaten – darunter Dänemark und Deutschland – haben sich am Montag darauf verständigt, den Windkraft-Ausbau in der Nordsee massiv zu erweitern. Gegenüber dem ersten Treffen in kleinerer Runde im vergangenen Jahr wurden die Ambitionen deutlich erhöht.

In den kommenden Jahrzehnten soll in der Nordsee deutlich mehr Strom durch Offshore-Windkraft produziert werden. Das haben Dänemark, Deutschland, Belgien, die Niederlande, Frankreich, Norwegen, Irland, Luxemburg und Großbritannien beim zweiten „Nordseegipfel“ in der belgischen Küstenstadt Oostende beschlossen.

„Wir zeigen, dass die Klimakrise angegangen werden kann. Und wir sorgen für billigere Energie für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen“, sagt der belgische Premierminister Alexander De Croo.

Das Ziel ist es, dass die neun Länder insgesamt eine Kapazität von 130 Gigawatt Offshore-Windkraft bis 2030 erzeugen, bis 2050 sollen es 300 Gigawatt sein.

Frederiksen ist zuversichtlich

Das ist eine Verdoppelung im Vergleich zu dem Ziel, das vier Länder – Dänemark, Deutschland, die Niederlande und Belgien – auf dem ersten Nordseegipfel in Esbjerg im vergangenen Jahr aufgestellt haben.

Damals war Staatsministerin Mette Frederiksen (Soz.) Gastgeberin. Sie sieht großes Potenzial in der Erweiterung des Kreises der Länder um die Nordsee, die Offshore-Windräder errichten und die Energieproduktion verbinden wollen, damit der Strom an Verbraucherinnen und Verbraucher sowie an Unternehmen verteilt werden kann.

Sie glaubt fest daran, dass die Ambitionen nicht zu hoch sind: „Wir beschleunigen den grünen Wandel. Die dänische Regierung hat kürzlich die Fläche, die für Offshore-Windkraft vorgesehen ist, verdoppelt, um unser Ziel zu erreichen“, so Frederiksen.

Scholz will mehr Tempo

Auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz betonte gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“, dass noch einiges zu tun sei. „Wir müssen schneller werden. Bei der Identifikation von Flächen, bei Genehmigungen, beim Bau von Anlagen und Netzen dürfen wir keine Zeit mehr verlieren“, so der SPD-Politiker.

Der Branchenverband Dansk Industri (DI) kritisiert hingegen, dass seit dem Nordseegipfel in Esbjerg wenig umgesetzt wurde.

Kritik von DI

DI-Energy-Direktor Troels Ranis hat Kontakt zu mehreren Unternehmen aufgenommen, die Offshore-Windräder produzieren. Die Unternehmen berichten ihm zufolge von „Stagnation“ bei der Errichtung von Offshore-Windkraftanlagen.

„Wenn so viele wichtige europäische Entscheidungsträger zusammenkommen, um Lösungen für den Ausbau von Offshore-Windkraft in der Nordsee zu finden, sind die Erwartungen, dass bald etwas passieren wird, natürlich sehr hoch“, sagt Troels Ranis.

Bei der Identifikation von Flächen, bei Genehmigungen, beim Bau von Anlagen und Netzen dürfen wir keine Zeit mehr verlieren.

Olaf Scholz, Bundeskanzler

Vergangenes Jahr investierte Europa laut dem Branchenverband „WindEurope“ den niedrigsten Betrag in Windkraft seit mehr als zehn Jahren. Gleichzeitig wurden keine neuen Vereinbarungen über den Bau von Offshore-Windrädern in der Nordsee getroffen.

Laut Alexander De Croo ist der zweite Nordseegipfel jedoch mehr als nur schöne Erklärungen. Auf dem Treffen wurde der Fokus auch darauf gelegt, die Anforderungen an Offshore-Windparkanlagen zu standardisieren, damit sie schneller errichtet werden können, so der belgische Premier.

EU-Kommission zufrieden

Neben den neun Ländern war auch die EU-Kommission durch ihre Präsidentin Ursula von der Leyen auf dem Treffen vertreten. Sie betont, dass das Ziel große Auswirkungen auf die Gesamtmöglichkeit der EU hat, die Klimaziele zu erreichen.

„Die EU hat kürzlich das Ziel erhöht, den Anteil erneuerbarer Energien bis 2030 von 32 Prozent auf mehr als 42 Prozent zu steigern. Deshalb begrüße ich die Erklärung. Das wird uns helfen, unsere Klimaziele zu erreichen“, so von der Leyen.

WWF gibt grünes Licht, stellt aber auch Forderungen

Bo Øksnebjerg, Generalsekretär des Naturschutzverbandes WWF, schätzt, dass Offshore-Windkraftanlagen ohne Schädigung der Meeresumwelt gebaut werden können.

Es erfordert, dass 30 Prozent der verbleibenden Meeresflächen der wilden Natur gewidmet werden.

Bo Øksnebjerg, Generalsekretär des Naturschutzverbandes WWF

„Aber das erfordert, dass man einige Verbesserungen der Biodiversität an den Standorten der Anlagen vornimmt. Und es erfordert auch, dass 30 Prozent der verbleibenden Meeresflächen der wilden Natur gewidmet werden“, sagt Bo Øksnebjerg.

Die dänische Regierung habe noch keine Entscheidung getroffen, ob so viele Meeresschutzgebiete ausgewiesen werden soll, sagt Klima- und Energieminister Lars Aagaard (Moderate).

Stefan Seidler, Abgeordneter im Bundestag für den Südschleswigschen Wählerverband SSW sieht einen „riesigen Standortvorteil" für den Norden. Der Ausbau wird seiner Ansicht nach dazu führen, dass es im Norden erneuerbare Energie im Überfluss geben wird, was den Norden, so Seidler, für energieintensive Industrien attraktiv mache. Diese wirtschaftlichen Potenziale sollten in der Region klug genutzt werden, meint der Bundestagsabgeordnete.

Mehr lesen