Kommunalwahl 2021

Naujeck: „Ich habe das perfekte Alter“

Naujeck: „Ich habe das perfekte Alter“

Naujeck: „Ich habe das perfekte Alter“

Dominik Dose/Kjeld Thomsen
Fröslee/Frøslev
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Laut Thore Naujeck kann der Sport auch in der deutschen Minderheit Gemeinschaftsgefühle und Identitätsbildung auf breitwirksame Weise stärken. Foto: Karin Riggelsen

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Der 31-jährige Thore Naujeck hat den Sprung in die Politik gewagt und will für die Schleswigsche Partei in den Apenrader Stadtrat. An politischen Schwerpunkten fehlt es dem Kandidaten nicht. Sein großes politisches Vorbild kommt aus der eigenen Familie.

Sein Opa war Politiker, sein Vater ist Politiker, und auch Thore Naujeck ist jetzt in der Politik. Bei der Kommunalwahl am 16. November tritt er als einer der Spitzenkandidaten für die Schleswigsche Partei (SP) in der Kommune Apenrade an.

Mit seinen 31 Jahren ist es aus seiner Sicht genau der richtige Zeitpunkt, in die Politik einzusteigen.

„Ich denke, ich habe das perfekte Alter. Ich bin zum einen noch jung und glaube, ich habe dadurch ein gutes Gefühl dafür, was junge Menschen beschäftigt und bewegt. Zum anderen habe ich durch mein abgeschlossenes Studium und durch die Zeit, die ich schon gearbeitet habe, auch schon einiges an Erfahrung sammeln können“, so Thore Naujeck, der als Koordinator beim Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN) arbeitet.

 

Thore Naujeck hat unter anderem als BDN-Konsulent berufliche Erfahrungen sammeln können (Archivfoto). Foto: DN

Aus seiner Sicht gibt es viel zu wenige junge Politiker, wodurch die Interessen der Jugend oft nicht immer repräsentativ abgebildet und vertreten werden.

„Das Durchschnittsalter im Stadtrat liegt bei 55 Jahren. Das ist meiner Ansicht nach nicht optimal. Ich glaube, es ist bei aller Erfahrung gestandener Politiker wichtig, dass auch junge Menschen vertreten sind. Sie haben oft einen anderen Blick auf die Herausforderung der heutigen Zeit“, sagt der SP-Kandidat.

Opa ist das Vorbild

Sein großes politisches Vorbild ist nichtsdestotrotz sein verstorbener Opa Ehrhardt Wittmann, der für die SP 16 Jahre im Apenrader Stadtrat saß.

„Er war ein sehr vertrauensvoller, aber auch respektvoller Politiker. Für ihn ging es immer darum, die Kommune weiter voranzubringen und nicht darum, sich selbst zu profilieren. Er war jemand, der oft aneckte und immer für seine Meinung und seine Überzeugung einstand. Genau das möchte ich auch tun“, sagt der 31-Jährige.

 Ehrhardt Wittmann in memoriam

An seiner Seite im SP-Spitzenkandidatenquartett um die Wählerstimmen in der Kommune Apenrade gehen neben dem erfahrenen Kommunalpolitiker Erwin Andresen auch noch dessen Schwester Käthe Nissen und Kurt Asmussen, die beide, genau wie Thore Naujeck, Neulinge in der Politik sind.

„Erwin ist natürlich die große Konstante, die wir haben, ansonsten ist es schwer abzuschätzen, wie viele Stimmen wir sammeln können. Das große Ziel ist es, drei Mandate zu bekommen. Dafür wollen wir versuchen, die Minderheit wieder hinter der SP zu sammeln“, sagt Naujeck.

Thore Naujeck und die drei anderen Spitzenkandidaten der Schleswigschen Partei: Erwin Andresen, Kurt Asmussen und Käthe Nissen (v. r.) Foto: Karin Riggelsen

Viele Minderheitenmitglieder halten die SP für nicht wählbar. Schwierig sei, als eine rein in der Kommunalpolitik vertretene Partei der breiten Mitte wie die SP, links und rechts orientierte Wähler hinter sich zu vereinen, so der Neu-Politiker, der zuversichtlich ist, dass dies gelingen kann.

Die Wahlkampfthemen

Sein Fokus im Wahlkampf liegt neben den bereits genannten Bestrebungen, mehr junge Leute in die Politik zu holen, unter anderem auf der Entwicklung des Kultur- und Freizeitlebens in der Kommune Apenrade.

„Ich möchte mich dort vor allem für die ländlichen Gegenden starkmachen. In den größeren Städten der Kommune, wie Apenrade, Tingleff oder auch Loit, gibt es bereits gute Angebote in den Bereichen Kultur und Freizeit. Aber in Ortschaften wie Saxburg oder Hellewatt wird dies immer weniger. Dort will ich mit anpacken. Es sollte für Sportvereine beispielsweise leichter werden, Fördergelder aus dem kommunalen Topf zu bekommen. Diese müssen sichtbarer werden. Viele wissen gar nicht, dass sie die Möglichkeit dazu haben, Geld für Projekte zu bekommen“, so der BDN-Koordinator.

Thore Naujeck mit Kandidatenkollege Kurt Asmussen beim Apfelsafttag der SP. Naujeck würde politisch auch gern für die Kommune Apenrade mit anpacken. Foto: Karin Riggelsen

Ein weiterer wichtiger Punkt auf seiner Wahlkampfagenda ist der verstärkte Fokus auf Nachhaltigkeit. Aus seiner Sicht landen unter anderem viel zu viele Abfälle in der Natur, und es herrscht ein Trend, dass immer alles neu sein muss, obwohl Dinge noch funktionieren.

„Es muss sich in den Köpfen der Menschen etwas ändern. Jeder weiß, dass Zigarettenstummel und anderer Müll nicht in die Natur gehören, trotzdem werfen viele ihn genau dorthin. Warum tun sie das? Das sind Fragen, über die diskutiert werden sollte und die auf die Tagesordnung auch in der Politik gehören. Nur dann kann sich auch wirklich etwas ändern“, sagt Naujeck.

Grenzüberschreitend viel mehr möglich

Thore Naujeck hat so manche politische Steckenpferde. Ein Schwerpunkt ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Die sehe er sowohl als BDN-Konsulent, als SP-Kandidat als auch als Frösleer in unmittelbarer Grenznähe gern intensiviert und verbessert.

„Bei Sitzungen und Veranstaltungen wird die Zusammenarbeit in der Region Sønderjylland-Schleswig immer wieder gelobt. In meinen Augen ist da aber noch viel mehr möglich und nötig“, so Naujeck.

Er hat sich mit treibenden Kräften der Ortsvereine Kollund und seines Wohnortes Fröslee ausgetauscht und auch Kontakt zur Nachbargemeinde Harrislee aufgenommen, um die Kooperation auf lokaler Ebene einmal unter die Lupe zu nehmen.

Ihm ist da ein ganz banales Beispiel in den Sinn gekommen. „Es gibt hier viele Pfade und Spazierwege, die über die Grenze führen und besser in Schuss gehalten werden könnten. Die Pflege dieser Pfade sollte doch ein Gemeinschaftsinteresse sein und besser koordiniert werden“, so der 31-Jährige.

Mit einfließen sollte dabei die Lokalhistorie. „Man sollte sich bewusst machen, dass die Region viele Geschichten zu erzählen hat.  Diese Geschichten erzählen wir aber nicht genug. Warum nicht?“, fragt Thore Naujeck.

Kooperation mit deutscher Seite wieder in Gang bringen 

Er hat sich kürzlich mit Harrislees Bürgervorsteher Heinz Petersen vom SSW getroffen (Südschleswigscher Wählerverein), um Möglichkeiten und Maßnahmen zu besprechen, wie man wieder enger zusammenrücken kann.

„Mir wurde gesagt, dass es vor der Kommunalreform (2005/2006, red. Anm.) noch einen engen Kontakt zwischen Harrislee und der damaligen Kommune Bau gab und dass sich das leider geändert hat. Das ist doch schade“, so Naujeck.

Eine gemischte Altersstruktur im Stadtrat hält Thore Naujeck (l.) für wichtig. Das Bild zeigt ihn mit „SP-Oldie" Hans Christian Bock und der jüngsten SP-Kandidatin in Apenrade, Katharina Kley. Foto: Karin Riggelsen

Er wolle mit Heinz Petersen und der Gemeinde Harrislee im Kontakt bleiben, um über gemeinsame Initiativen zu sprechen.

„Warum nicht einen grenzüberschreitenden Infobrief herausgeben oder Infomaterial mit Karten, die nicht an der Grenze enden?“, nennt Naujeck weitere Beispiele für einen Schulterschluss beidseits der Grenze.

Ob auf kleiner örtlicher Ebene oder im größeren Zusammenhang: Man müsse die Region viel mehr als Einheit sehen, als solche vermarkten und daraus die Vorteile ziehen, betont Naujeck.

Das betreffe nicht nur Kultur und Tourismus, sondern auch Wirtschaft, Beschäftigung und Infrastruktur.

„Das muss doch laufen“, stellt er fest mit der klaren Absicht, grenzüberschreitend am Ball zu bleiben, unabhängig von seinem Abschneiden bei der Wahl.

Die angedachten Projekte für den Raum Bau/Harrislee seien nur Beispiele für kleine Vorhaben. „Einfach, um etwas anzufangen und die Zusammenarbeit dann peu à peu  auszubauen“, so Naujeck.

Es müsse dabei ein enges Zusammenspiel zwischen Politik und Engagement der Bürger auf beiden Seiten der Grenze geben.

Fließende Kommunegrenzen 

Auch die Kooperation über die hiesigen Kommunegrenzen müsse mehr in den Fokus rücken, meint Thore Naujeck.

„Man denke da nur an die Wasserläufe. Die hören ja nicht an der Kommunegrenze und auch nicht an der Landesgrenze auf“, nennt Naujeck einen Bereich, bei dem man viel mehr und besser kooperieren müsse.

 

Bei der Infrastruktur und beim öffentlichen Nahverkehr sehe er ebenfalls Handlungsbedarf.

„Eine ungdomskort (Fahrausweis für Schüler und Auszubildende, red. Anm.) sollte kommuneübergreifend gelten. Man darf jemanden doch nicht dafür bestrafen, wenn er eine Ausbildung in einer anderen Kommune macht“, so Naujeck, der auch die Busverbindung nach Flensburg als verbesserungswürdig einstuft.

Dass wegen der Grenzkontrollen in Krusau aus praktischen Gründen ein Zwischenstopp mit Umsteigen eingeführt worden ist, „ist einfach ärgerlich und müsste so schnell wie möglich geändert werden“.

Jugend

Nicht nur die Beförderung junger Menschen hat Naujeck auf seiner politischen Agenda. Wie erwähnt, hat er die Jugend generell im Blick, ist er diesem Alter doch noch nicht lange entwachsen.

„Drogen bei Jugendlichen ist ein großes Problem, das verstärkt angegangen werden muss“, so Thore Naujeck.

Er hat sich selbst schlaugemacht und war sogar undercover unterwegs, um sich ein Bild zu machen.

Was ihm zu Ohren kam, sei alarmierend. „Nicht nur, dass Drogen verhältnismäßig viel konsumiert werden. Es scheint offenbar ein Leichtes für junge Menschen zu sein, an Drogen zu kommen. Das muss sich ändern“, sagt der SPer.

Das Problem gelte es mit vereinten Kräften zu lösen. Die Kommune müsse noch enger mit Einrichtungen, Organisationen und der Polizei zusammenarbeiten und zusätzliche Ressourcen freimachen, meint Thore Naujeck.

Umweltschutz und Wirtschaft

Die richtigen Ressourcen müssen auch beim Umwelt- und Klimaschutz eingesetzt werden. Das ist ein weiteres politisches Feld, das laut Naujeck auch in der Kommune Apenrade eine wichtige Rolle spielen muss.

Die Bürger und die Wirtschaft müssen dabei gleichermaßen mitmachen, damit eine „grüne Umstellung“ gelingt.

An Auflagen und Vorgaben vor allem für die Wirtschaft kommt man nicht herum.

„Umweltschutz und Wirtschaft müssen kein Gegensatz sein. Die Umstellung zu mehr Klimaschutz wird bei Projekten und bei der Weiterentwicklung in Unternehmen größtenteils schon mitgedacht“, so Naujeck.

Er sieht jeden einzelnen Bürger mindestens genauso in der Pflicht, wenn nicht sogar noch mehr: „Wenn wir Bürger unser Verhalten nicht ändern, dann bringt es nichts, wenn die Firmen es tun.“

„Zum Beispiel Medikamente, die nicht mehr benötigt werden oder abgelaufen sind. Viele Bürger spülen sie einfach im Klo hinunter. Davon abgesehen, dass Rückstände die Rohre des Abwassersystems angreifen, gelangen Rückstände in die Umwelt.“

Es ist nur ein kleines Beispiel für die Bemühungen, umweltfreundlicher zu leben. Dazu gehören natürlich auch Müllvermeidung, Mülltrennung, Recycling und regenerative Energiegewinnung.

Ländlicher Raum als Teil des Ganzen

Was liegt dem SP-Kandidaten Naujeck noch so auf dem Herzen?

„Ganz klar der ländliche Raum.“

Eine Vernachlässigung des ländlichen Raums und der dortigen Ortschaften schade letztendlich der gesamten Kommune, meint der SP-Politiker.  

„Es muss ein noch besseres Zusammenspiel zwischen Kommune und den Ortsgemeinschaften her. Die Leute vor Ort müssen auch selbst etwas für eine positive Entwicklung tun, müssen dafür aber angemessene Unterstützung bekommen – nicht nur finanzielle", so Naujeck.

„Bei Projekten und Vorhaben im ländlichen Raum dürfen administrative Dinge nicht im Weg stehen. Die Kommune muss Hilfestellung geben. Die Rahmenbedingungen müssen stimmen“, so Naujeck.

Diese Rahmenbedingungen zu schaffen bzw. weiter zu verbessern, sehe er als wichtige politische Aufgabe.

Das gelte letztlich nicht nur dem ländlichen Raum. „Man muss die Kommune als Ganzes denken“, unterstreicht der 30-Jährige.

Nachholbedarf

Es gebe dabei einiges aufzuholen, „denn vergleicht man die Entwicklung von Apenrade und Sonderburg, dann hat sich in den vergangenen 20 Jahren in Apenrade nicht so viel getan – vor allem im kulturellen Bereich nicht.“

Auch hier würde er gern ansetzen.

„Vieles geht natürlich nicht von heute auf morgen. Man muss aber Impulse setzen und Prozesse in Gang setzen.“

Er wolle das offen und ehrlich machen, ohne zu viel zu versprechen.

„Es darf nicht darum gehen, sich vorne hinzustellen und große Reden zu schwingen. Es geht auch nicht darum, andere Parteien schlechtzureden. Es muss darum gehen, die Kommune gemeinsam voranzubringen“, so die Marschroute von Naujeck mit gespanntem Blick auf die Wahl am 16. November.

Er ist dabei durchaus bereit, unpopuläre Dinge anzusprechen und anderen auch mal auf den Schlips zu treten – genau wie es sein Opa vor ihm viele Jahre im Apenrader Stadtrat getan hat.

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